Einzigartig in Bayern: Bis Ende 2015 soll das neue Experimentier-Brauhaus von Maisel & Friends fertig sein Maisel baut ein neues Brauhaus nur für Craft-Biere

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Aus dem Plan von vor einem Jahr ist Baustelle geworden. Großbaustelle. Die tief eingreift in die historische Substanz der Brauerei Gebrüder Maisel. Die Maisel & Friends Brauwerkstatt und die dazugehörige Gastronomie, die Liebesbier heißen wird, erwecken einen Teil der alten Brauerei unter der Alten Abfüllerei und dem Museum wieder zum Leben, der seit 30 Jahren ungenutzt war. Das Ziel ist sportlich: Bis Ende des Jahres soll alles fertig sein.

 
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Jeff Maisel will hier – mit einer Investition, deren Größe er nicht nennen will – mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Natürlich will er die Nase vorn haben beim Trend des Craft-Beer-Brauens. Starkbierbrauer in Belgien, in Italien, in den USA setzen darauf, Bier neu zu denken. Komplexe Biere zu brauen. Zu experimentieren mit Bier. In kleinen Chargen. Dazu wird es in der alten Brauerei, in der schon lange nicht mehr gebraut wurde, eine neue Brauerei geben. Klein, aber mit einem 75-Hektoliter-Sudwerk groß genug, um auch vernünftig brauen zu können.

Die Experimentier-Brauerei ist Herzstück – ein Herzstück – des Projekts, das alt und neu verbindet. Das Brücken schlägt zwischen der fränkischen Bierkultur, dem Handwerk, dem Bodenständigen. Und dem, was Bier in ein paar Jahren ausmachen kann. Alles auf dem Boden des Reinheitsgebots von 1516. Und das Projekt schlägt Brücken innerhalb des alten Gebäudes: Museum, Alte Abfüllerei und der neue Veranstaltungsraum für bis zu 300 Personen, der im ehemaligen Gärkeller eingerichtet wird, bekommen einen barrierefreien Zugang über einen Aufzug. Brauwerkstatt und Gastronomie, die eine Zufahrt von der Kulmbacher Straße aus bekommen, sind zugleich auch ab Ende des Jahres der Empfangsbereich der Brauerei Maisel.

Und schließlich soll über das Gelände der Zugang zum Stadtteil Kreuz einfacher werden. Hier setzt Maisel darauf, dass die Stadt eine Brücke über die Mistel baut. „Ein gewidmeter Rad- und Fußweg führt über das Gelände“, sagt Maisel. So steht es auch in dem Konzept für das neue Sanierungsgebiet, das der Stadtrat vor kurzem beschlossen hat. Um Platz zu schaffen für Parkplätze – für Autos und Fahrräder – wird in den kommenden Wochen das Haus Kulmbacher Straße 32 abgerissen. Hinter dem Goldenen Löwen, von dem sich das neue Projekt gastronomisch ebenso klar abgrenzt wie der Biergarten des Liebesbier vom Herzogkeller, wird ein Obstbaumgarten angelegt, sagt Maisel.

Jeff Maisel geht mit großen Schritten über die Baustelle, die in Teilen aussieht wie ein Bergbaustollen. Das alte Gebäude musste mit schweren Stahlträgern und Stützen unterfangen werden. Der Boden der alten Fassabfüllung der der Lagerkeller wurde zum Teil um mehr als einen halben Meter tiefergelegt. In die Außenmauern werden Stürze eingemauert – mit Ziegeln aus dem Abbruch. „Wir machen die Außenwände auf, da kommt viel Licht rein“, sagt Maisel. Minibagger rollen über den blanken Lehmboden, Stützen fangen die Last ab. Aber Maisel beschreibt die Details aus den Plänen so plastisch, dass man sich gut vorstellen kann, was da in einem knappen Dreivierteljahr zu sehen sein soll: „Ein langer Tresen mit 26 Sitzplätzen und 21 Zapfhähnen wird das Herzstück der Gastronomie. Weil hier ja das Bier im Mittelpunkt steht.“ 21 Biere, eigene Biere und Biere von befreundeten Brauereien aus der Region. „Über drei verglaste Öffnungen in der Wand hat der Gast direkten Blick auf die Flaschenbiere in der Kühlung, die wir anbieten“, sagt Maisel.

„Von jedem Platz aus wird man das Sudwerk sehen können“, sagt Maisel. „Und den großen, offenen Kamin.“ Der steht für die Verbindung von Feuer und Wasser, die jedes Bier eingeht, um Bier zu werden. „Das Holz dafür kommt aus den eigenen Forstbetrieben“, sagt Maisel. Das Wasser zum Brauen aus einem Brunnen mit altem Wasserrecht direkt im Gebäude. Und aus der Brauwasserzuführung, die Maisel ohnehin hat. Mit dem neuen Projekt knüpft Maisel an die alte Tradition an, dass jeder Brauer auch Bäcker war – die Beck’n-Brauer. Deshalb wird auf der rechten Seite des Neubaus – ein Kubus aus Sichtbeton, der sich als moderner Kontrast vor den Altbau legt – eine kleine Bäckerei für den Hausgebrauch entstehen. „Brot, Treberkekse, alles, was wir hier verbrauchen“, sagt Maisel.

Wie aus Hopfen, Malz und Wasser Bier wird, sollen die Besucher in der Schaubrauerei, die in dieser Form laut Maisel einzigartig in Bayern ist, nicht nur sehen und in allen Schritten verfolgen können. Sie sollen es riechen, schmecken. Und sich öffnen für Neues. „Jeder, der reinkommt, bekommt ein kleines Glas Bier. 0,1 Liter, um die fränkische Bescheidenheit zu überwinden, was Neues zu probieren, wie es Maisel formuliert. Anders ausgedrückt: Um die Mentalität – was der Bayreuther nicht kennt, trinkt er nicht – zu knacken.

Glas, Licht, Transparenz: Das soll auch für Liebesbier gelten, die Gastronomie, die Andrea Bauernfeind und Thomas Wenk machen werden. Das endgültige Konzept will Wenk im Gespräch mit unserer Zeitung nicht verraten. Aber man denkt nicht – wie es Maisel sagt – an das 40. fränkische Restaurant. Liebesbier soll anders sein. Orientiert an ähnlichen Projekten, die in großen Städten erste kleine Schritte machen. Wie das Alte Mädchen in Hamburg. Die Küche ist hinter Glas. Freier Blick auf die Köche und den amerikanischen Ofen, der 800 Grad bringt. Um aus Rindfleisch aus der Region Steaks zu machen, wie man sie aus den USA kennt.

Die Brauwerkstatt wird angebunden an die große Brauerei, „damit wir auch größere Chargen brauen können. Aber es wird etliche Biere geben, die wir nur hier ausschenken. Oder abfüllen und über das Internet vertreiben“, sagt Jeff Maisel. Doch es wird auch wesentlich kleiner gehen: In Bierseminaren und Braukursen sollen die Besucher hier ihr eigenes Bier brauen können.

Mit Blick auf die Backsteinwände, auf die alten Stützen aus Guss von Ende des 19. Jahrhunderts, sagt Maisel: „Eines will ich auf keinen Fall: das Gebäude totsanieren. Die Leute sollen sehen, dass das ein altes Gebäude ist, das wird hier nicht geleckt werden. Ehrlich, handwerklich, keine Kulisse.“ Der milde Winter, sagt Maisel, habe geholfen, dass der enge Zeitplan bis jetzt nicht ins Wanken geraten ist. Spannend sei die Zeit auf der Baustelle für ihn. Aber der richtige Schritt in Richtung Zukunft, denn: „Ein Brauer, der nicht baut, bald auch nicht mehr braut. Hat schon mein Großvater gesagt.“

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