Filmdreharbeiten über "Das Tagebuch der Anne Frank" im März Mainleuser Spinnerei wird zur Filmkulisse

Von Udo Fürst und
 Foto: red

"Dünne Frauen für Kinofilm gesucht“ heißt die Meldung, die die Redaktion vor wenigen Tagen erreichte. Geschickt hat sie Michael von Hohenberg, der Beauftragte für Film und Fernsehen der Filmregion Ostoberfranken. Dennoch ist es längst kein Geheimnis mehr. Es geht um den Kinofilm „Das Tagebuch der Anne Frank“. Auf dem Gelände der ehemaligen Spinnerei in Mainleus sollen Szenen gedreht werden, in denen die Ankunft von KZ-Häftlingen nachgestellt wird.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Michael von Hohenberg ist nicht nur Filmbeauftragter. Er ist auch Schauspieler, Regisseur und arbeitet als Location-Scout. Das heißt, er kennt in Oberfranken viele als Kulisse geeignete Örtlichkeiten und vermittelt diese an Film-Produzenten. Zuletzt war das Weidenberg, wo Regisseur Oliver Hirschbiegel Szenen aus dem Historienstreifen über den Hitler-Attentäter Elser drehte. „Da konnte man sehen, welch’ ein wichtiger Wirtschaftsfaktor eine Filmproduktion sein kann. Die Dreharbeiten in Weidenberg haben der Region mindestens 500 000 Euro gebracht“, weiß von Hohenberg.

Ganz so viel wird es wohl in Mainleus nicht sein, dennoch könne man die Werbewirksamkeit solcher Drehs nicht hoch genug einschätzen. Das haben die meisten Kommunalpolitiker aus der Filmregion, den Landkreisen Bayreuth, Hof, Kulmbach und Wunsiedel sowie der Stadt Hof, begriffen. Von Hohenberg schwärmt von der guten Zusammenarbeit mit Ferdinand Reb von der Tourismuszentrale Fichtelgebirge.

Ostoberfranken ist nicht Hollywood

„Ostoberfranken wird zwar nie Hollywood. Aber Ostoberfranken kann von Filmproduktionen partizipieren und Werbung in eigener Sache treiben.“ Hier macht sich die Arbeit der Filmregion Ostoberfranken, die es seit zwei Jahren gibt, deutlich bemerkbar. Von früher maximal einer Produktion im Jahr habe man sich auf vier Projekte gesteigert, berichtet von Hohenberg. „Im vergangenen Jahr hatte ich acht Anfragen.“

Der Filmbeauftragte stellt seit geraumer Zeit eine umfassende Motiv-, Requisiten-, Sethelfer- und Handwerkerkartei zusammen. Außerdem hat er eine große Darsteller- und Komparsenliste erarbeitet. „Die ist bayernweit einmalig“, freut sich von Hohenberg. Er hilft den Filmteams auch bei der Suche nach Unterkünften, unterstützt bei Behördenkontakten und betreut das Projekt während der Dreharbeiten. „Das ist schon recht anstrengend, macht aber großen Spaß.“

"Elser"-Drehbuchautor mit an Bord

Zurück zum „Tagebuch der Anne Frank“, dem ersten deutschen Kinofilm zu diesem Thema. Die Titelrolle übernimmt Lea van Ackeren, Martina Gedeck und Ulrich Noethen spielen die Eltern von Anne. Regie führt Hans Steinbichler, das Drehbuch hat Fred Breinerdorfer geschrieben, der das auch bei „Elser“ übernommen hatte. Die Dreharbeiten sollen Ende März abgeschlossen sein, im Winter 2015/16 soll der Film in die Kinos kommen.

Die Filmregion Ostoberfranken betreut das Projekt und hilft bei der Komparsensuche. Für den Dreh in Mainleus am 23. und 26. März sucht der Filmbeauftragte „sehr dünne und magere Frauen, möglichst nicht blond. Tattoos und Piercings sollten nicht sichtbar sein. Die Komparsen spielen KZ-Häftlinge. Gage nach Tarif.“

Obwohl der Dreh voraussichtlich bis zu zwei Tagen dauert, könne man als Komparse nicht reich werden. „Der Sparzwang geht auch an der Filmbranche nicht vorbei. Da ist schon der Mindestlohn eine ernste Herausforderung für viele Produktionsfirmen.“ Pro Tag verdiene ein Komparse etwa 60, 70 Euro. Er sei sehr froh und auch ein bisschen stolz, dass man diese wichtige Produktion in den Landkreis Kulmbach gebracht habe. Nicht zuletzt durch seinen Tipp, den er einem befreundeten weiblichen Location-Scout gab.

Geheimniskrämerei um den Dreh

Um die Dreharbeiten in Mainleus wird derzeit eine Menge Geheimniskrämerei gemacht. Beim – unangemeldeten – Besuch auf dem Gelände sind Umzugswägen zu sehen. Es sind die Kulissenbauer, die für die Produktionsfirmen Zeitsprung Pictures und Spektrum Pictures arbeiten. Gemeinsam mit Universal Pictures International produzieren sie den Kinofilm. Drehbeginn war am 26. Januar in Köln.

Doch die Mitarbeiter, die im und vor dem Gebäude der Alten Weberei mit dem Turm zugange sind, dürfen nichts sagen. Auch Philipp Graf von der Agentur Boxfish Films in Berlin hüllt sich in Schweigen. Obwohl Graf der Pressebeauftragte ist, darf er über die offiziellen Informationen hinaus keine Angaben zu den Dreharbeiten in Mainleus machen. Vorgestellt wurde das Filmvorhaben am 26. Februar in Köln.

Die Geschichte der Anne Frank, die sich während des Zweiten Weltkriegs mit ihrer Familie in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckte, ist bereits mehrfach verfilmt worden. Zuletzt war im Fernsehen das Dokudrama „Meine Tochter Anne Frank“ (HR) zu sehen. Trotzdem wagt sich Regisseur Hans Steinbichler gemeinsam mit Drehbuchautor Fred Breinersdorfer 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs erneut an eine Kinoverfilmung. Der deutschsprachige Kinofilm soll „die Geschichte für die heutige Jugend greifbar machen“.

Selbst noch ein junger Erwachsener ist der Eigentümer des ehemaligen Kulmbacher Spinnereigeländes, Sebastian Türk. Der Geschäftsführer der Mainleus Invest GmbH und Co. KG kaufte im Alter von 27 Jahren mit seinem Chef Arno Friedrichs das 145 000 Quadratmeter große Gelände.

Sebastian Türkei vermietet das Gelände

Türk hängt an der Kulmbacher Spinnerei, ein Traditionsunternehmen, das 1863 gegründet, aber 2013 endgültig schließen musste. Er war dort selbst Auszubildender, Vater und Großeltern arbeiteten ebenfalls in der Spinnerei. Die mittlerweile leerstehenden Hallen und Gebäude haben eine Fläche von 90 000 Quadratmetern. Sie stammen größtenteils aus der Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts, teilweise sind Luftschutzräume darunter.

 Auch Türk darf nichts Näheres über das Projekt sagen und verrät nicht, wer ihn wegen des Spinnereigeländes als Filmkulisse angesprochen hat. Türk freut sich, dass er das Gelände vorübergehend vermieten kann. „Wir haben zwar eine Planungsgesellschaft beauftragt, aber Ergebnisse haben wir noch nicht.“ Solange eine mögliche Nutzung ungeklärt ist, kann er die Kuspi wenigstens den Filmleuten anbieten. Vielleicht bleibt es ja nicht bei diesem einen Mal.

  • INFO: Bewerben können sich interessierte Komparsen mit aktuellem Foto (Ganzkörper) und Telefonnummer per E-Mail bei info@filmregion.tv

Autor