Lizenz: Aufregung in der Villa Kunterbunt

Von Ulrike Sommerer
Sibylla Peda ändert den Namen ihres Kostümverleihs in Bindlach. Lindgren-Erben wollen Lizenzgebühren geltend machen, wenn Pippi Langstrumpfs Zuhause als Name benutzt wird. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sibylla Peda weiß nicht, was sie zuerst tun soll. Die Flyer sind glücklicherweise schon fast weg. Ihre Seite auf Facebook hat sie umbenannt, die Homepage wird gerade geändert. Damit aus dem Kostümverleih Villa Kunterbunt der Kostümverleih Kunterbunt wird.  Oder der Kostümverleih Peda. Sibylla Peda weiß noch nicht genau, welchen Namen sie ihrem Geschäft geben soll. Auf jeden Fall ist sie ziemlich aufgeregt, seit sie auf einen Fernseh-Beitrag aufmerksam gemacht worden war: Die Erben der schwedischen Autorin Astrid Lindgren wollen Lizenzgebühren für den Namen Villa Kunterbunt.

 
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Astrid Lindgren hat Pippi Langstrumpf erfunden. Das anarchische Mädchen, das alleine in einem herrlich chaotischen Haus wohnt, der Villa Kunterbunt eben.Chaotisch ist es bei Sibylla Peda auch, nur Villa Kunterbunt darf sie das nun nicht nennen. Sie will nicht warten, bis ein Anwalt bei ihr auftaucht. Deshalb wird sie jetzt selbst tätig und ändert den Namen ihres kleinen Ladens, der seit 30 Jahren so heißt.

Wie es zu dem Namen kam

Sibylla Peda begann 1986 damit Kostüme zu verleihen. Damals hatte sie rote Haare, fast wie Pippi Langstrumpf, chaotisch sah es auch damals schon aus, der Name für den Kostümverleih war schnell gefunden: Villa Kunterbunt. "Vor 30 Jahren hat sich da kein Mensch 'nen Kopf gemacht", sagt Peda und meint damit das Markenrecht.

Den Zauber der Geschichten wahren

Das Markenrecht ist keine einfache Sache, gibt auch Rechtsanwalt Ralph Graef zu. Der Hamburger Medienanwalt vertritt das schwedische Unternehmen Saltkråkan AB. Dieses Unternehmen besitzt alle Rechte im Zusammenhang mit den Werken von Astrid Lindgren. Ziel sei, "das Werk von Astrid Lindgren zu schützen und zu fördern", sagt Ralph Graef. Der Zauber dieser Geschichten soll bewahrt, die Marke "vor Verwässerung" geschützt werden.

Grundsätzlich gilt: Die Bezeichnung Villa Kunterbunt ist markenrechtlich für das Unternehmen Saltkråkan AB geschützt. Das bedeute, dass die Marke nur verwendet werden darf, wenn Saltkråkan AB der Nutzung zustimmt, erklärt Anwalt Graef. "Viele Unternehmen möchten gerne kostenlos und ohne zu fragen, von den Figuren Astrid Lindgrens profitieren. Dies ist markenrechtlich und urheberrechtlich in der Regel nicht zulässig."

Selbst Kindergärten brauchen eine Erlaubnis

In der Regel. Denn Saltkråkan AB befasse sich mit jeder Anfrage im Einzelfall und würde dann entscheiden, ob ein Lizenzangebot unterbreitet werde. Wie diese Lizenz dann aussehe, sei zum Beispiel davon abhängig, in welchem Zusammenhang ein Name genutzt werde, ob es sich um gemeinnützige Organisationen handle oder um ein Wirtschaftsunternehmen. "Auch Kindergärten müssen eine Erlaubnis haben", sagt Graef, "aber Saltkråkan AB hat sich entschieden, in der Regel keine Lizenzgebühr zu verlangen".

Das Werk von Lindgren zu schützen bedeute auch, dass sich nicht jeder bei Namen oder Wortschöpfungen aus diesem Werk bedienen kann. Will man sich also Villa Kunterbunt nennen, braucht man eine solche  Lizenz. Rückwirkend, versichert Anwalt Ralph Graef, würden allerdings keine Lizenzgebühren geltend gemacht.

Ein Haus für Kinder ist nicht automatisch Villa Kunterbunt

Sibylla Peda hatte - bis zu jenem Fernsehbeitrag - überhaupt nicht daran gedacht, dass sie jemanden fragen müsste. Genauso wenig wie die evangelische Familienbildungsstätte Villa Kunterbunt in Pegnitz. Sandra Kunze leitet diese Einrichtung, die 1999 aus einer Elterninitiative entstand und anfangs Krabbelgruppen anbot. 2010 wurde das Konzept geändert, es gibt nun auch Kurse für Erwachsene, den Namen Villa Kunterbunt habe man allerdings übernommen, schließlich habe er sich schon gut etabliert.

Noch eine Villa Kunterbunt gibt es in der Region: In Oberwaiz heißt der Kindergarten, ein Netz für Kinder, nach Pippi Langstrumpfs Zuhause, Villa Kunterbunt eben. Die Einrichtung, die 15 Kinder besuchen, besteht seit 19 Jahren. Als es damals um die Namensfindung gab, standen "Villa Kunterbunt" und "Leit und Kinner" zur Abstimmung. Villa Kunterbunt gewann. Für Leiterin Karin Parchent auch verständlich: "Schließlich sind wir doch alle Lindgren-Fans und ein Haus für Kinder sind wir auch." Und bisher habe eben auch "nie ein Hahn danach gekräht." Karin Parchent hat auch von den Lizenzgebühren gehört, die die Lindgren-Erben fordern. Heute treffen sich die Mitarbeiter bei einem Seminartag, da wird das Thema besprochen. Und notfalls, sagt Karin Parchent, "sind wir halt die Kunterbuntis, sagt ja eh schon fast jeder".

Fälle aus der Vergangenheit

Das Markenrecht machte den Bayreuthern schon in der Vergangenheit zu schaffen. In den 1990er Jahren verklagten die Erben Charly Chaplins einen Bayreuther Gastronomiebetrieb, der Chaplin hieß und mit einer stilisierten Figur Charly Chaplins warb. Die Folge: Der Betrieb hieß künftig Dschäplins. Und auch die Sushi-Bar Mondial gegenüber des Bahnhofs musste sich umbenennen, firmiert jetzt unter lamondi. Den Namen Mondial hatte sich ein Münchner schützen lassen, was zu einer Namensänderung in Bayreuth führte.

 

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