Lehrer: Gleiches Studium, gleiches Gehalt?

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Bayerns Grüne setzen sich für eine Reform der Lehrerausbildung ein. Über ihren Gesetzentwurf diskutierten die Abgeordneten, Landtagsvizeprädisdentin Ulrike Gote und bildungspolitischer Sprecher Thomas Gehring (2./3. von rechts) mit Vertretern des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Bayreuth und Studenten. Foto: red

Mehr Geld, weniger Spezialausbildung. Wenn es nach den Grünen geht, soll die Ausbildung von Lehrern auf den Kopf gestellt werden. Damit sich das Studium in Zukunft mehr an der Unterrichtswirklichkeit orientiert.

 
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Der bildungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Thomas Gehring, diskutierte am Dienstag an der Universität Bayreuth mit Studenten und Vertretern des Zentrums für Lehrerbildung über eine Reform des Lehramtsstudiums. "Lehrerbildung ist ein Top-Thema", sagte Gehring. Inklusion, Migration, Rechenschwäche: Die Aufgaben von Lehrern würden immer vielfältiger und zwar über alle Schularten hinweg. Die Ausbildung in den Lehramtsstudiengängen ziele noch zu sehr auf die Unterschiede im dreigliedrigen Schulsystem ab. Doch eine Trennung in "anspruchsvolle" und "weniger anspruchsvolle" Lehrämter sei überholt.

Gemeinsamkeiten betonen

Übergreifende Kompetenzen und das pädagogisch-didaktische Wissen kämen viel zu kurz, kritisieren die Grünen in ihrem aktuellen Gesetzentwurf zur Reform der bayerischen Lehrerbildung. Zugleich sei der fachwissenschaftliche Anteil zu stärken. "Wir wollen die Gemeinsamkeiten zwischen den Schularten betonen", sagte Gehring, den die Bayreuther Grünen-Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote zu der Diskussion eingeladen hat.

Flexibler Einsatz: Schule oder Wirtschaft

Eine der Grundforderungen der Grünen lautet: Alle Studiengänge für Lehrer sollten die gleiche Länge haben - und zwar neun Semester. Daraus ließe sich zugleich eine spätere gleiche Bezahlung ableiten, so Gehring. Grundschullehrer würden dann genauso viel verdienen wie Gymnasiallehrer, weil sie über gleichwertige und vergleichbare Kompetenzen verfügten. Der Lehrerbedarf ließe sich damit besser steuern als in der heutigen Zeit, in der bereits ein Mangel an Grundschul- und Mittelschullehrern herrsche. "Wir müssen unserer Lehrer so ausbilden, dass sie nicht mehr von der Konjunktur abhängen und flexibel eingesetzt werden können."

Mehr Geld für Lehramtsstudiengänge

Noch hätten Studium und Praxis zu wenig miteinander zu tun, bemängeln die Grünen. Um die Lehrerausbildung stärker den realen Anforderungen in Schule und Berufswelt anzupassen, sollten die Mittel für die Lehramtsausbildung verdoppelt werden, fordern die Oppositions-Politiker. Konkret: 8000 Euro pro Studierendem oder 280 Millionen Euro bei zirka 35.000 Studierenden jährlich. Dies würde zu einem besseren Betreuungsverhältnis und einer moderneren Ausstattung führen.

Ihr Gesetzentwurf "Auf die Lehrkräfte kommt es an" sieht ein Basisstudium Lehramt (Bachelor) vor, an das sich ein Vertiefungsstudium (Master) nach der jeweiligen Schulart anschließt. Die Studenten hätten damit mehr Zeit, um sich zum Beispiel um Sprachbildung und das Lernen und Lehren im digitalen Zeitalter zu kümmern. Im Grundstudium sollen Pädagogik, Schulpädagogik, Sonderpädagogik und Psychologie vermittelt werden sowie fachwissenschaftliche und fachdidaktische Kenntnisse. Erst danach würde man ein oder zwei Unterrichtsfächer wählen und praktische Erfahrungen sammeln.

Abschluss ohne Staatsexamen?

Und was ist mit dem Staatsexamen? Die Grünen könnten sich vorstellen, das 1. Staatsexamen entfallen zu lassen und erst nach dem Referendariat eine Prüfung abnehmen zu lassen. Die Seminarlehrer sollten zudem professioneller arbeiten. Ein unabhängiges Bewertungssystem müsse gefunden werden. Damit die Studenten einem geringeren Druck im Referendariat ausgesetzt seien. Viele bräuchten erst Zeit, um "den Praxisschock" zu verdauen. Oftmals würden Referendare für ausgefallene Lehrkräfte eingesetzt und seien mit der Unterrichtsverpflichtung überfordert.

Der Leiter des Zentrums für Lehrerbildung, Prof. Volker Ulm, betrachtet einen Wegfall der Staatsprüfung skeptisch, da das Ministerium nach Noten einstelle. Er regte an, dass sich die Seminarschulen besser miteinander vernetzen sollten. Die Teilung in Bachelor und Master werde in Bayreuth beim Lehramt für Gymnasium bereits praktiziert. Die Fachdidaktik habe einen höheren Stellenwert als in der bayerischen Lehramtsprüfungsordnung vorgeschrieben. Schulpraktika würden in beiden Fächern gemacht und die Masterarbeit lasse sich mit der Hausarbeit nach dem Zweiten Staatsexamen kombinieren.

Vergleichbare Prüfungen

Dekanin Ingrid Bauer sagte zu den Reformvorschlägen: "Wir sollten versuchen, das Staatsexamen besser zu machen." Kerncurricula müssten bleiben, damit die Prüfungen in ganz Bayern vergleichbar seien. Und: "Ein bisschen Fachwissenschaft geht nicht." Akademischer Direktor Walter Wagner warnte davor, das zusammenhängende Lernen nicht zu vernachlässigen. Bereits jetzt seien die Vorgaben in manchen Fächern "schwammig". Das für angehende Lehrer vorgeschriebene, achtwöchige Betriebspraktikum ist in seinen Augen nur eines - "irre ineffektiv". Schulpädagoge Ludwig Haag kritisierte, dass "Wissen und Handeln" nicht eng genug miteinander verzahnt seien. Ein Tutoriensystem oder ein Lernen in Tandems nach dem Schüler-Meister-Prinzip wäre viel sinnvoller.

Die grundlegende Frage sei, so Gehring: "Wollen wir in erster Linie Lehrer und dann Fachwissenschaftler oder wollen wir das Umgekehrte?" Wie ein Fachwissenschaftler zu einer Lehrerpersönlichkeit werde, sei entscheidend. Prof. Bauer sagte, oftmals sei die Motivation, Lehrer zu werden, nicht die richtige. Hier könne womöglich ein Eignungstest vor dem Studium helfen. In Finnland würden nur die besten Absolventen Lehrer. Obwohl sie schon sehr lange in der Lehrerausbildung tätig sei, habe sie "das Ei des Kolumbus" noch nicht gefunden.

 

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