Leben als Landarzt: Zu viel Abschreckendes

Von Moritz Kircher
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml, hier bei einem Kurier-Redaktionsgespräch, diskutierte in Mistelbach mit Hausärzten aus der Region. Foto: Archiv / Ronald Wittek Foto: red

Im Kampf gegen den Hausärztemangel auf dem Land sehen Ärzte in der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml eine Verbündete. Schließlich ist sie selbst Medizinerin und kennt die Sorgen der Kollegen. Deren Fragen stellte sie sich kürzlich auf Einladung der Kreis-CSU. Es zeigte sich: Sie will etwas gegen den Hausärztemangel tun. Doch auch einer Ministerin sind oft die Hände gebunden.

 
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Gut zwei Dutzend Hausärzte waren in den Mistelbacher Gasthof Großmann gekommen, um Melanie Huml zu sagen, was ihnen Bauchschmerzen bereitet: Zu wenige Ärzte, die sich als Hausarzt auf dem Land niederlassen wollen, zu viele Patienten und zu allem Übel auch noch Streit mit der AOK über die Vergütung. Das seien nicht gerade die Signale, die es braucht, um jungen Kollegen den Beruf des Landarztes in Bayern schmackhaft zu machen.

Zoff mit der AOK

Die AOK ist die größte Krankenkasse in Bayern. Beim Treffen mit der Ministerin beklagten mehrere Ärzte, dass noch Restzahlungen der Kasse aus zurückliegenden Quartalen offen seien. Seit 2014 gibt es zwischen der Krankenkasse und dem Bayerischen Hausärzteverband eine Auseinandersetzung über den Vertrag, der die Vergütung der Hausärzte regelt. "Das ist natürlich ein schlechtes Signal, wenn die größte Krankenkasse in Bayern sich so gegen die Hausärzteschaft stellt", sagte der Mistelbacher Hausarzt Philipp Eder bei dem Treffen mit Huml.

Ein AOK-Sprecher teilt auf Kurier-Anfrage mit, dass es bei den strittigen Punkten bald eine Lösung geben könne. Doch selbst gegen den Kompromissvorschlag einer Schiedsperson hatte die Kasse vor dem Sozialgericht in München eine Klage eingelegt. Den Schwarzen Peter sieht die AOK dennoch bei der Hausärztevertretung. "Wenn bei Ärzten noch Restzahlungen aus dem Hausärztevertrag offen sind, müssen sich diese an den Hausärzteverband wenden, der die Auszahlung der Honorare vornimmt", sagt der Sprecher.

Melanie Huml hatte sich nach eigener Aussage bereits vor längerer Zeit in den Konflikt eingeschaltet. "Wir haben als Aufsichtsbehörde das gemacht, was rechtlich möglich ist", sagte sie. Dass es ausgerechnet mit der größten Krankenkasse in Bayern solche Probleme gebe, könne sie nicht nachvollziehen. Von anderen Kassen seien ihr solche Schwierigkeiten nicht bekannt.

Hausärzte aufs Land

Auf viel Zustimmung bei den Ärzten stieß die neue Einteilung der Hausarztbezirke durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB). Statt wie bisher einen Großraum Bayreuth, in dem Hausarztsitze frei hin und her wandern können, gibt es jetzt vier kleinere Bezirke. Damit ist das nicht mehr möglich, was jahrelang der Trend war: Das Abwandern der Hausärzte vom Land in die Stadt.

"Ein großes Lob für die KVB, aber leider kommt das ein paar Jahre zu spät", sagte der Hummeltaler Hausarzt Jörn Daiker in Mistelbach. Die bisherige Einteilung der Hausarztbezirke habe tatsächlich auch auf dem Land eine Überversorgung suggeriert, die es nur in den Städten gebe, sagte die Ministerin. Plötzlich werde sichtbar, dass in Bereichen wie Hollfeld oder Speichersdorf Arztsitze frei sind.

Eder befürchtet, dass die kleinere Einteilung der Bezirke zu spät kommt. Es schrecke junge Kollegen ab, sich in einer Region alleine niederzulassen, wo bereits mehrere Ärzte fehlen. Die ganze Arbeit, die dort warte, könne "ein junger Kollege gar nicht leisten", sagt er im Gespräch mit dem Kurier. Wie man mehr Ärzte aufs Land locken kann? "Da sehe ich kurzfristig keine Lösung." Dass dringender Bedarf besteht, merkt er bei seinen Bereitschaftsdiensten, die ihn auch in den Hollfelder Raum führen. Bei jedem Dienst fragten Patienten, ob sie in seine Praxis wechseln dürfen. "Da muss eine lokale Lösung gefunden werden", fordert er.

Für seinen Kollegen Daiker ist die neue Einteilung der Arztbezirke ebenfalls nur ein Anfang. Auch er kennt das Problem, dass aus unterversorgten Gemeinden im westlichen Landkreis Patienten in seine Praxis überschwappen. "Es ist schön, wenn in Hollfeld jetzt Arztsitze frei werden. Das Problem ist aber, dass sich dafür niemand findet", sagt er.

Melanie Huml muss also weiter nach Lösungen suchen, wie sie Mediziner dazu bewegen kann, Landarzt zu werden. Es sei wichtig, dass Ärzte bereits in der Ausbildung die Arbeit im ländlichen Raum kennenlernen. Deshalb erhalte ein Student ein Stipendium mit monatlich 300 Euro, wenn er sich verpflichtet, nach der Uni mehrere Jahre auf dem Land zu arbeiten. Zudem gebe es eine staatliche Anschubfinanzierung von bis zu 60000 Euro, wenn sich ein Arzt in einer ländlichen Gemeinde niederlässt.

Philipp Eder sieht in der täglichen Arbeit noch nicht, dass solche Maßnahmen einen Effekt haben. Der Mistelbacher Hausarzt wartet ab und hofft: "Das wird schon irgendwann greifen."

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