Langes Warten auf Hochwasserschutz

Von Andreas Gewinner

Vor zehn Jahren suchte ein verheerendes Hochwasser die Blumenau heim. Die Schäden gingen in die Millionen. Zehn Jahre später warten die Betroffenen noch immer auf den Beginn der Bauarbeiten zum Hochwasserschutz. Warum?

 
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Wenn Klaus Leuthold in diesen Tagen durch den gepflegten Garten hinter seinem Haus an der Kulmbacher Straße geht, dann richtet er öfter mal einen sorgenvollen Blick gen Himmel. Und denkt zurück an den Tag vor fast genau zehn Jahren. Als er am Gardasee war und seine Tochter anrief: "Kommt heim, ihr habt Hochwasser" - "Haben wir doch immer"  - "Nein, der Weiße Main fließt auf der Straße".

Als Klaus Leuthold heimkam, floss der Weiße Main nicht nur auf der Straße. Er stand in seinem gepflegten Garten. Und gut einen Meter hoch im Keller. Sein Schaden: rund 15.000 Euro. Der Gesamtschaden in Bad Berneck ging in die Millionen. Zehn Jahre später sagt Leuthold: "Nichts ist passiert." Stimmt das? Und wenn ja, warum? Der Kurier hakte nach.

Richtig ist: Zehn Jahre nach dem Hochwasser haben die Bauarbeiten für die Hochwasserschutzmaßnahmen - Mauern und ein Damm - immer noch nicht begonnen.

Federführung hat Wasserwirtschaftsamt

Der Bad Bernecker Bürgermeister Jürgen Zinnert sagte vor wenigen Monaten in einem Interview mit dem Kurier zum Thema: "Die Federführung hat das Wasserwirtschaftsamt, das entscheiden nicht wir." Es habe sich "ja ein bisschen hingezogen, seit die derzeitige Staatssekretärin Melanie Huml uns persönlich in Bad Berneck den Förderbescheid überreicht hat." Das war 2013. Das wasserrechtliche Verfahren mit Anhörung der Beteiligten findet im Frühjahr statt, sagte Zinnert im Januar. Inzwischen weiß man: Es wird Sommer. Zinnert im Januar: "Wenn sich keine großen Widerstände zeigen, kann Anfang 2017 mit der baulichen Umsetzung begonnen werden, und zwar zunächst entlang des Weißen Main ab der Brücke B 2 bis in die Blumenau." Nun heißt es seitens des Wasserwirtschaftsamtes: Baubeginn im Frühsommer 2017 "ist möglich".

Behörde wehrt sich

Die Behörde will sich den Schwarzen Peter wegen angeblicher Verzögerungen nicht zuschieben lassen. Amtsleiter Benno Strehler teilt auf schriftliche Nachfrage mit: "Die Projektentwicklung und die Planung des Hochwasserschutzes für die Stadt Bad Berneck erfordert verschiedene planerische wie rechtliche Schritte. Die Gründe, warum der Hochwasserschutz für Bad Berneck noch nicht fertig ist, liegen in verschiedenen Bereichen. Dass aber in den letzten zehn Jahren nichts passiert wäre, wollen wir so nicht stehen lassen! Die Planungsphase ist weit fortgeschritten und, wenn die naturschutzrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, wird noch in diesem Sommer das Wasserrechtsverfahren beim Landratsamt Bayreuth beginnen. Wenn dieses Rechtsverfahren ohne größere Schwierigkeiten abgewickelt werden kann, ist der Baubeginn im Frühsommer 2017 möglich."

Das Geld fehlt

Die Bemühungen um einen besseren Schutz begannen schon wenige Wochen nach der Katatsrophe von Ende Mai 2006. Kurzfristig sollten ein Frühwarnsystem und bereitliegende Sandsäcke her, Bürgermeister Albert favorisierte mittelfristig Pufferspeicher am oberen Weißen Main und an den Zuflüssen. Im März 2007 wurde ein Fachbüro mit der Erarbeitung eines Schutzkonzepts beauftragt. Schon damals warnte Jürgen Zinnert, seinerzeit noch SPD-Fraktionschef im Stadtrat: "Es könnten Maßnahmen dabei sein, die wir nicht bezahlen können." Damals war in Bad Berneck haushaltslose Zeit, die Stadt musste sich jede Ausgabe extra genehmigen lassen. In der Tat lag eine der Hürden für einen raschen Fortschritt auch bei der prekären Finanzlage der Stadt in den vergangenen Jahren.

Zuschussgeber fällt weg

Im September 2010 stellte das Wasserwirtschaftsamt eine Studie zur Verbesserung der Hochwassersituation in der Blumenau vor. 2011, inzwischen waren fünf Jahre vergangen, kochte das Thema auf der Bürgerversammlung hoch. Die Stadt wollte damals eine kleine Dammlösung, das Wasserwirtschaftsamt eine große - selbst bei 50 Prozent Zuschüssen von der Stadt nicht zu bezahlen, so der damalige Befund. 2012 werden erste Planungskosten im Haushalt der Stadt eingestellt. Dann der Rückschlag: Die Bezirke, bisher trugen sie 25 Prozent, zogen sich aus der Finanzierung von Hochwassermaßnahmen zurück. Die Förderrichtlinien stellen scheinbar das Prinzip des Hochwasserschutzes auf den Kopf: Berücksichtigt wird, wer seinen Eigenanteil schultern kann, nicht wo es besonders dringlich ist. 2013 platzt der Knoten: Aufgrund ihrer finanziellen Ausnahmesituation muss die Stadt statt 50 nur 35 Prozent der Kosten tragen. Bei einem Gesamtumfang von 1,8 Millionen Euro immer noch genug.

Klaus Leuthold hat derweil getan, was er tun konnte. Er hat die alten Metallfenster im Keller gegen dicht schließende neue Kunststofffenster ausgetauscht. Wenn er verreist, verschließt er die Fensterscharten zusätzlich mit einer Platte. Im Kanal ist ein Rückschlagventil eingebaut. "Das brauche ich nicht nochmal", sagt Klaus Leuthold, wenn er an den Tag vor zehn Jahren zurückdenkt.

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