Künstler trommeln für Modellprojekt

Von Harald Judas
Mit dem Traktor war die Künstlerkolonie Fichtelgebirge auf Werbetour für ein Coworking-Projekt im Fichtelgebirge. Beim Halt an der Talstation-Nord in
Bischofsgrün machte sich auch Bischofsgrüns Bürgermeister Stephan Unglaub (rechts) ein Bild von der Aktion. ⋌⋌Foto: Harald Judas Foto: red

Künstler aus dem Fichtelgebirge engagieren sich für eine neue Form der Zusammenarbeit. Coworking heißt das Projekt, das darin besteht, dass Freiberufler wie zum Beispiel Künstler in leerstehende Räume einziehen und dort gemeinsam die Infrastrukur nutzen. Mit einer Traktortour trommeln sie für ihr Ansinnen.

 
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Sie führen Transparente und Flyer mit auf ihrer Traktortour durch das Fichtelgebirge. Mitglieder der Künstlerkolonie Fichtelgebirge mit ihrer Vorsitzenden Sabine Gollner an der Spitze waren zu einer Werbeaktion unterwegs. Denn in einer der vier Kommunen Bad Alexandersbad, Bad Berneck, Bischofsgrün und Weißenstadt soll ein „Coworking-Space“ entstehen. Mit ihrer Werbetour wollten die Künstler die Idee bekannt machen.

Neue Arbeitsform

Coworking ist eine relativ neue Arbeitsform, die in vielen Städten schon verbreitet ist. Der Begriff, der übersetzt schlicht „zusammenarbeiten“ bedeutet, steht für eine Entwicklung im Bereich neuer Arbeitsformen. Freiberufler, Kleinunternehmer oder Start-Ups arbeiten in meist größeren, offenen Räumen gemeinsam und können auf diese Weise voneinander profitieren. Sie können unabhängig voneinander agieren und in Firmen und Projekten aktiv sein oder auch gemeinsame Projekte verwirklichen. Coworking Spaces stellen dabei Arbeitsplätze und Infrastruktur – Netzwerk, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Beamer, Besprechungsräume – zeitlich befristet zur Verfügung und ermöglichen die Bildung einer Gemeinschaft, welche mittels gemeinsamer Veranstaltungen, Workshops und weiterer Aktivitäten gestärkt werden kann. Dabei bleibt die Nutzung jedoch stets unverbindlich und zeitlich flexibel. Tische können stunden-, tage-, wochenweise oder auch längerfristig gemietet werden.

Mit der Idee lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Kleine Gewerbetreibende – oder wie speziell im Fichtelgebirge angedacht – Künstler können Räumlichkeiten gemeinsam nutzen. Gleichzeitig lassen sich so Leerstände bekämpfen.

Digitale Nomaden

Als Modellprojekt und unterstützt vom Amt für ländliche Entwicklung soll die Idee im Fichtelgebirge verwirklicht werden, angehängt an die beginnende Zusammenarbeit der Kurorte Bad Berneck, Bad Alexandersbad, Bischofsgrün und Weißenstadt. Das Amt für ländliche Entwicklung hat das Netzwerk Künstlerkolonie Fichtelgebirge beauftrag, das Modellprojekt zu initiieren. „Wir suchen Räumlichkeiten sowie potenzielle Nutzer und Betreiber“, begründete Vorsitzende Sabine Gollner die Aktion. Als Startschuss für das Projekt waren nun Künstler, die sich als „Digitale Nomaden“ bezeichneten, mit dem Traktor in Weißenstadt und Bischofsgrün unterwegs, verteilten Flyer und suchten das Gespräche mit der Bevölkerung.

„Die Idee, Leerstände durch spezielle Aktionen zu beleben, kann man nur begrüßen“, sagte Bischofsgrüns Bürgermeister Stephan Unglaub, der sich an der Tatstation-Nord in Bischofsgrün selbst ein Bild von der Aktion machte. „Wobei wir in Bischofsgrün nicht die großen Leerstände haben“, so Unglaub. Dennoch war er sich sicher, dass von der Aktion positive Impulse ausgehen.

Möglichkeiten nutzen

Die Künstlerin Lena Wenz (27) aus Bad Berneck erklärte, dass die Orte der Tour vorgegeben seien, da das Coworking-Projekt an die Zusammenarbeit der vier Kommunen angegliedert sei. Was bei der Werbeaktion nun herauskomme, verfolge sie selbst mit Spannung. „Weil ich selbst eine bin, die so einen Raum sucht. Ich habe viel in einer Gruppe gearbeitet, vermisse das, mit Leuten zu reden“, erzählt sie. „Man kann es gut mit den Kurorten verknüpfen. Arbeiten und gleichzeitig die Möglichkeiten, die die Orte bieten, nutzen“, sieht sie Vorteile in der Auswahl der Orte. Sie selbst pendelt als Grafikerin, Fotografin und „Kuhzeichnerin“, wie sie scherzhaft ergänzt, derzeit zwischen Gefrees, Bad Berneck und Gomera, weshalb eine derartige Wirkungsstätte auf Zeit ihr besonders entgegen käme.

„Die Aktion ist dazu da, dass die Leute anfangen zu reden“, so Bärbel Quehl vom Malkasten in Rehau, ebenfalls als Mitglied der Künstlerkolonie auf dem Traktor unterwegs, zur Strategie. Ob sie nicht sogar selbst Interesse hat, will sie daran festmachen, wie weit der gefundene Coworking Space von ihr entfernt sein wird.

Die Idee des Coworking soll bei zwei Infoveranstaltungen – am Mittwoch, 9. November, um 19 Uhr im Roten Salon im Evangelischen Bildungszentrum in Bad Alexandersbad und am Donnerstag, 17. November, um 19 Uhr in der Bürgerwerkstatt in Bad Berneck – näher erklärt werden. Im Anschluss sollen dann Arbeitsgruppen in den vier teilnehmenden Kommunen Bad Alexandersbad, Bad Berneck, Bischofsgrün und Weißenstadt gegründet werden, die nach geeigneten Objekten suchen sollen.

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