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Tod von zwei jungen Männern schockiert alle Kulmbach: Fahnen im Freibad auf Halbmast

Von Sonny Adam

Kerzen und Blumen, Fotos und Zettel: Am zweiten Tag nach dem Unglück im Kulmbacher Freibad, bei dem zwei Männer starben, soll langsam wieder Normalität einkehren. Doch so einfach ist das gar nicht.

 
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Das Freibad ist offen und die Frühschimmer ziehen ihre Bahnen. Die Mitarbeiter haben die Blumen und die Zettel, die Freunde und Hinterbliebene an die Drehtür des Bades geklemmt haben, entfernt und zur Seite gelegt. Doch immer dann, wenn das Freibad seine Pforten schließt, kommen neue Dinge dazu. „Nein, es kommen nicht viele Leute“, sagt eine Angestellte, doch mehr will sie gar nicht sagen. Denn auch am Tag zwei möchte niemand über den Unfall reden – schon gar nicht mit der Presse.

In der Nacht zum Montag haben einige Freunde der beiden Verunglückten jungen Männer einen Blumenstock vor den Eingang des Freibades gestellt. Er ist wie ein Zopf geflochten, trägt eine Schleife mit der Aufschrift „Aufrichtige Anteilnahme“.

Sehr persönliche Zeilen

Eine handgeschriebene Karte von der Schwester des Opfers liegt vor dem Freibad. Eine Karte mit sehr persönlichen Zeilen. Die Schwester bedauert, dass sie „keine gute Schwester“ gewesen sei. Es sind Zeilen, die jeden anrühren – auch wenn die privaten Details sicherlich nur die Schwester und das Opfer kennen. Doch jeder, der die Zeilen liest, kann mitfühlen, was die Schwester jetzt fühlen muss. Eine Versöhnung ist nicht mehr möglich.

Es gibt ein Foto, das zwei Kinder vor einem Strauch mit Ostereiern zeigt. Lachend und ausgelassen. Doch dieses Lachen gibt es jetzt nicht mehr.

Thomas und Benjamin

Mehrere Trauerkerzen stehen am Eingang. Aus Teelichtern hat jemand e das Todesdatum geformt: 26. 7. – und dann prangen dann noch die Initialen T und B. Sie stehen für Thomas und Benjamin. Längst haben die Namen die Runde gemacht. Eines der Opfer hat eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger in Himmelkron gemacht, das andere Opfer war Industriekaufmann. Jetzt sind beide tot. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen.

Der Unfall, zu dem es in der Nacht zum Sonntag kam, berührt die Menschen. Fast alle bleiben vor den Blumen, vor den Zetteln, vor den Kerzen stehen. Manche nehmen sich Zeit für ein kurzes Gebet.

Bei den Angestellten des Freibades herrscht noch immer Betroffenheit. „Wir dürfen nichts sagen“, sagt der neue Bademeister, der erst seit wenigen Wochen im Amt ist. Das Sprungbecken und der Turm waren gesperrt, weil eine Sanierung ansteht.

Keine Presse

Freunde und Angehörige dürfen inzwischen ins Bad, dürfen auch vor dem Sprungturm Blumen oder Erinnerungsstücke niederlegen. Sie dürfen auch Fotos von den Erinnerungsstücken posten. Aber nein, die Presse darf nicht hinein – es sei denn mit Badetasche oder inkognito, sagt Stadtwerkechef Stephan Pröschold. „Wir haben uns entschlossen, dass wir keinen Pressetourismus wollen“, sagt der Stadtwerkechef – vor allem mit Blick auf das überregionale Medieninteresse, der der Unfall ausgelöst hat. Doch verhindern kann auch der Stadtwerkechef Gerüchte und Spekulationen natürlich nicht. Was sich am Sprungbecken zugetragen, ist unglaublich und wird noch lange für Gespräche sorgen. Als der Turm gesperrt wurde, hat ihn kaum jemand vermisst

Aus ihrer Sicht haben die Stadtwerke alles Menschenmögliche getan, um solch ein Unglück zu verhindern. Mit externen Beratern wurde das Sicherungskonzept für den außer Betrieb gestellten Springerbereich erarbeitet. „Der einzige Zugang zur Treppe ist mit einer Tür und mit einer Kette und eine Plane gesichert. Da kommt keiner rauf“, sagt Pröschold. Zusätzlich wurde dann noch die unterste Leiter, die auf den Sprungturm führt, abmontiert. Und trotzdem ist das Unfassbare passiert. Vorstellen konnte sich das niemand.

Zwei Freunde außer Rand und Band

Dann äußert sich ein Freund der beiden Toten: „Die beiden waren außer Rand und Band“, sagt er. „Keiner konnte sie aufhalten. Aber es waren gute Leute.“ Der Freund spricht gegenüber dem Fernsehsender Sat 1 von deren unbändigem „Drang, mal auszubrechen“ und dem „Drang nach Freiheit“.

Getrieben von dem Willen, etwas Außergewöhnliches zu erleben, sind sie wohl vom Bierfest in Kulmbach auf- und ins geschlossene Schwimmbad eingebrochen. Sie sollen Erfahrung mit dem Sprung vom Zehner gehabt haben. Nachtbaden ist ein beliebter, aber gefährlicher Spaß. Der Freund spricht davon, dass die beiden während ihrer Aktion stark betrunken gewesen sein müssen. Auch andere Drogen sind laut seiner Darstellung im Spiel gewesen sein.

Total geschockt

Noch kurz vor dem Unglück hat er die beiden gesehen. Sie wollten eigentlich mit ihm aufs Bierfest gehen, aber er fühlte sich nicht wohl und sagte die Sause ab. Dann erfährt er von Bekannten und aus der Zeitung, welches Drama sich im Kulmbacher Schwimmbad abgespielt hat. „Wir waren total geschockt.“

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