Kulmbach bricht der Nachwuchs weg

Von Stefan Linß
Die Kulmbacher werden immer älter. Bis zum Jahr 2036 könnte der Anteil der 65-Jährigen oder Älteren um 28,9 Prozent steigen, sagt das Landesamt für Statistik. Foto: Stefan Linß Foto: red

Dass die Bevölkerung immer älter wird, dürfte kein Geheimnis mehr sein. Die Region ist heute schon stark vom demografischen Wandel betroffen. Wie es im Jahr 2036 aussehen kann, hat nun das bayerische Landesamt für Statistik ausgerechnet. Die Zahlen verheißen nichts Gutes. Demnach gehört Kulmbach im Freistaat zu den wenigen Landkreisen mit stark abnehmender Bevölkerung. Nur in Kronach, Stadt und Landkreis Hof, Wunsiedel und Tirschenreuth soll es zu ähnlich massiven Veränderungen kommen.

 
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Erst wenige Monate ist es her, als Kulmbach den jüngsten Tiefschlag verkraften musste. Anfang des Jahres hatte das statistische Landesamt die aktuelle Bevölkerungszahl mitgeteilt. Sie ist im Landkreis auf 71.993 und damit auf einen historischen Niedrigstwert gefallen. Vom Jahr 2000 an hat der Raum Kulmbach demnach fast 8,7 Prozent seiner Einwohner verloren. Im Vergleich zu 1950 lag der Rückgang bei 16,1 Prozent.

Uni ist wichtig

Rüdiger Köhler, der Geschäftsleitende Beamte im Landratsamt, hat die Abwanderung junger Menschen als eines der Hauptprobleme für den Bevölkerungsrückgang genannt. Bislang verlassen rund drei Viertel eines Abiturjahrgangs ihre Heimat und ziehen meist in die Ballungsräume. Genau deshalb sei es so wichtig, dass in Kulmbach der geplante Universitäts-Campus eröffnet, betont Köhler.

Ob der Zuzug von Studenten die erhoffte Trendumkehr bringen wird, lässt sich nicht sagen. Das aktuelle Modell der statistischen Vorausberechnung zeigt für den Kreis Kulmbach weiterhin stark sinkende Bevölkerungszahlen. Von den zum Stichtag am 31. Dezember 2016 gemessenen 71.993 Einwohnern bleiben im Jahr 2026 noch 67.800 und im Jahr 2036 nur 64.000 übrig. Das ist ein Verlust von mehr als elf Prozent.

Wunsiedel blutet am meisten

Bayernweit den stärksten Bevölkerungsschwund mit 15,3 Prozent erwarten die Statistiker in Wunsiedel. In Oberfranken halten nur Bamberg und Forchheim ihre Bevölkerungszahl bis 2036 stabil.

Derzeit sind im Raum Kulmbach die 40- bis unter 60-Jährigen mit Abstand am stärksten vertreten. 22.900 Einwohner sind dieser Alterskohorte zuzuordnen. Bis zum Jahr 2036 werden die meisten davon im Ruhestand sein und dazu beitragen, dass der Anteil der Senioren stark zunimmt.

Auf der anderen Skala der Bevölkerungspyramide kommt keiner nach. Die ohnehin schon geburtenschwachen Jahrgänge haben viel zu wenig Nachkommen, um die Gesamtzahl stabil zu halten. Auch die Zuwanderung könne den Verlust nicht ausgleichen, sagen die Statistiker.

Mehr Alte, wenig Junge

In Prozent ausgedrückt sieht die Bevölkerungsveränderung im Landkreis Kulmbach bis 2036 folgendermaßen aus: Der Anteil der unter 18-Jährigen sinkt um 18,2 Prozent, der Anteil der 18- bis unter 40-Jährigen sinkt um 18,9 Prozent, der Anteil der 40- bis unter 65-Jährigen sinkt um 27,9 Prozent. Dafür steigt der Anteil der 65-Jährigen oder Älteren um 28,9 Prozent.

Besonders die Hochbetagten werden im Raum Kulmbach mehr werden. Der Anteil der Menschen im Alter ab 75 Jahren nimmt im selben Zeitraum um 22,2 Prozent zu. Das wirkt sich entsprechend auf das Durchschnittsalter aus. Es wird von derzeit 46,6 Jahren bis 2036 auf 50,2 Jahre ansteigen.

Die vorgelegten Bevölkerungsvorausberechnungen seien als Modellrechnungen zu verstehen, schränkt das Landesamt für Statistik ein. Die demografische Entwicklung werde dabei unter bestimmten Annahmen zu den Geburten, Sterbefällen und Wanderungen in die Zukunft fortgeschrieben.

Keine exakte Vorhersage

"Die Annahmen beruhen überwiegend auf einer Analyse der bisherigen Verläufe dieser Parameter. Vorausberechnungen dürfen also nicht als exakte Vorhersagen missverstanden werden", sagen die Statistiker. Dennoch zeigen die Ergebnisse, wie sich eine Bevölkerung unter bestimmten, aus heutiger Sicht plausiblen Annahmen entwickeln würde.

Demnach wird die Bevölkerungszunahme in Gesamtbayern vor allem vom südbayerischen Raum und der Region Nürnberg getragen. Hingegen verliert der Norden und Osten des Freistaates von 2016 bis zum Jahr 2036 weiterhin an Einwohnern.

Die stärksten Bevölkerungszuwächse erzielen bis zu dem berechneten Datum die oberbayerischen Landkreise Dachau mit plus 15,5 Prozent, Ebersberg (+14,4 Prozent), Erding (+13,3 Prozent) und München (+13,0 Prozent). Die Landeshauptstadt München kommt auf plus 11,9 Prozent.

"Ebenfalls hohe Steigerungen ihrer Einwohnerzahl können unter den kreisfreien Städten Landshut (+13,5 Prozent), Regensburg (+8,8 Prozent), Fürth (+8,3 Prozent), und Augsburg (+8,1 Prozent) erzielen", heißt es in der Vorausberechnung. Die Gesamteinwohnerzahl in Bayern soll im Jahr 2036 bei 13,47 Millionen und damit um knapp 539 000 höher liegen als Ende des Jahres 2016.

Der Trend bis 2036

Die regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung bis 2036 zeigt auf, dass der demografische Wandel das Bevölkerungsbild aller Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern grundlegend verändern wird. Das teilt das Landesamt für Statistik mit. Demnach habe der Freistaat als Ganzes zwar über den gesamten Vorausberechnungszeitraum keinen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. "Dennoch wird es insbesondere im Norden und Osten Bayerns weiterhin schrumpfende Räume mit stark alternder Bevölkerung geben."

"Und auch in Stadt- und Landkreisen, die Einwohnerzuwächse zu erwarten haben, wird die demografische Alterung und die damit einhergehende Reduzierung der potenziell erwerbsaktiven Bevölkerung zu beobachten sein", heißt es in der Mitteilung. Selbst die Rekordmigration nach Bayern in den letzten Jahren, die in dem Vorausberechnungsmodell berücksichtigt wurde, werde dies nicht verhindern können.

Denn dazu müsste sie groß und nachhaltig genug sein, um nicht nur den jährlichen Sterbefallüberschuss Bayerns auszugleichen, sondern auch um das kontinuierliche Ausscheiden der knapp 3,1 Millionen Babyboomer aus der erwerbsaktiven Bevölkerung Bayerns ab 2020 aufzuwiegen. Dieses Potenzial ist aus den vorliegenden Daten jedoch (noch) nicht ableitbar, sagt das Landesamt.

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