Kritik am verkaufsoffenen Sonntag

Von Renate Allwicher
Jede Menge Menschen kamen zum verkaufsoffenen Sonntag Anfang April 2016. Foto: Archiv/ Andreas Harbach Foto: red

Verdi wollte den verkaufsoffenen Sonntag in Bayreuth am 2. April verhindern. Die Klage dagegen hat die Dienstleistungsgewerkschaft nun doch nicht eingereicht – wegen der zuvor und zu lange geführten Verhandlungen sei die Zeit dafür zu knapp geworden, sagt Verdi-Sekretär Paul Lehmann. Es darf am Sonntag geshoppt werden – vielleicht aber zum letzten Mal.

 
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Aufgeben möchte Verdi nicht. „Keine Klage, die wir geführt haben, hatte keinen Erfolg“, sagt Lehmann. In Bayreuth, wo der verkaufsoffene Sonntag zeitgleich mit dem Autofrühling stattfinden soll, sei nun schlicht die Zeit zu knapp. Noch vor dem Herbst müsse mit einer Klage gerechnet werden.

Ziel der Klage sei, dass die Stadt sich an geltendes Recht halte. Durch die verkaufsoffenen Sonntage würden die Ladenschlussregelungen schleichend aufgeweicht. Es gebe aber Auflagen dafür, unter welchen Bedingungen Geschäfte am Sonntag öffnen dürfen. Dazu gehöre, dass die Kommunen vorher belegen müssen, mit wie vielen Besuchern bei einer Veranstaltung zu rechnen ist. „Ein Automarkt gibt das als Anlass bestimmt nicht her. Uns liegt vor allem keine Prognose vor, wie viele Menschen zur Veranstaltung kommen könnten“, sagt Lehmann.

„Das zu erwartende Besucheraufkommen wurde seitens der Bayreuth Marketing- und Tourismus-Gesellschaft (BMTG) auf deutlich mehr als 20 000 Personen beziffert“, sagt hingegen Kerstin Dettlaff-Mayer, Pressesprecherin der Stadt. Dies sei der Gewerkschaft Verdi mitgeteilt worden. Darüber hinaus habe die BMTG im Rahmen des im letzten Jahr stattgefundenen Autoherbstes Besucherbefragungen durchgeführt, die zu dem Ergebnis kamen, dass die überwiegende Mehrheit der Besucher gerade wegen des Autoherbstes in die Stadt kam. Einen Teilerfolg sieht Verdi nach den Verhandlungsrunden dennoch: „In dem Sinne, dass die Stadt eine Begrenzung eingeführt hat, nur noch der direkte Innenstadtbereich beteiligt sein wird“, so Lehmann. Dettlaff sagt dazu: „Die Beschränkung auf die Innenstadt ist eine zwingende Reaktion auf gerichtliche Entscheidungen, insbesondere eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts.“

Evangelische Kirche lehnt verkaufsoffene Sonntage ab

Die Stadt warte das weitere Vorgehen von Verdi nun ab. Der nächste verkaufsoffene Sonntag sei für den Sonntag des Martinimarktes am 5. November dieses Jahres geplant.

Die evangelische Regionalbischöfin Dorothea Greiner steht verkaufsoffenen Sonntagen kritisch gegenüber. „Die evangelisch-lutherische Landeskirche lehnt verkaufsoffene Sonntage ab - auch wenn wir respektieren, dass die Städte hier einen Regelungsfreiraum haben, der ihnen gesetzlich zugebilligt wurde. Weil wir dies respektieren, werden wir nicht Klage gegen den verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Autofrühlings erheben.“

Wenn Verdi jedoch Klage erheben würde, wäre das ein Signal, das „unsere Gesellschaft mit offenen Ohren hören sollte“, betont die Regionalbischöfin. Schließlich seien der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Ergebung“ gesetzlich geschützt. Ökonomische Interessen dürften nicht gegen den Sonntagsschutz ausgespielt werden, betont Greiner. „Ich bezweifle, dass ein verkaufsoffener Sonntag auch nur einen einzigen Arbeitsplatz erhalten kann. Und manche Umsatzsteigerung ist eigentlich nur eine Umsatzverschiebung. Für diejenigen aber, die arbeiten müssen, hat das negative Folgen für ihr Familienleben.“

Der Schutz von Sonn- und Feiertagen und von Ehe, Familie und auch Alleinerziehenden sei jedenfalls wichtiger als eine „gewisse Umsatzsteigerung“ durch einen verkaufsoffenen Sonntag. Außerdem „brauchen wir geschützten Raum für öffentliche Religion.“ Abschließend betont Greiner: „Wenn mehr und mehr wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, verlieren wir mehr als nur einen geklärten arbeitsfreien Tag. Unser Leben verliert Rhythmus, Ruhe und Religion.“

Katholische Kirche respektiert Wunsch der Mensch

Der katholische Stadtpfarrer Christian Steger bedauert, dass mit den verkaufsoffenen Sonntagen nicht nur ein Stück Kultur, sondern auch ein „großes Stück Menschlichkeit verloren geht“. Der siebte Tag sei eigentlich dafür da, dass Arbeitende eine Verschnaufpause einlegen können, dass man den Gottesdienst besucht und sich der Familie widmen kann. Stattdessen werde auch dieser Tag funktionalisiert, nämlich zum Einkaufen genutzt.

Gänzlich ablehnen will Steger den verkaufsoffenen Sonntag jedoch nicht. „Wenn damit dem Wunsch der Menschen entsprochen wird und wenn dieser Tag in festen Maßen angeboten wird, kann ich das noch nachvollziehen.“ Begeistert ist Steger jedoch nicht: „Ich sehe das Ganze mit Bedauern.“

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