Der CSU-Fraktionsvorsitzende über Vollverschleierung und die oberbayerische Nonne Kreuzer: "Habe nichts gegen Kopftücher"

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CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer auf der Kreuzer Kerwa. Foto: Roman Kocholl Foto: red

Beim Politischen Frühschoppen am Sonntag im zur Hälfte gefüllten Festzelt der Kreuzer Kerwa hielt er die Gastrede. Danach sprach der CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Kreuzer im Kurier-Interview über ein mögliches Burkaverbot, die Sicherung der europäischen Außengrenzen sowie Angela Merkels berühmten Satz.

 
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Herr Kreuzer, ich bin überrascht, dass Sie Ihre Rede im Festzelt der Kreuzer Kerwa mit dem Satz beschlossen haben: „Wir können die Herausforderung meistern.“

Thomas Kreuzer: Der Satz war nicht speziell auf die Ausländerpolitik gemünzt, sondern darauf, dass wir, wenn wir alle gemeinsam in Bayern im Sinne eines gesellschaftlichen Zusammenhalts an einem Strang ziehen, eine gute Zukunft beschreiten werden und das gemeinsam schaffen können.

Erinnern Sie sich noch an den Moment, in dem Sie Angela Merkels vieldiskutierten Satz „Wir schaffen das“ zum ersten Mal gehört haben?

Kreuzer: Ich habe ihn das erste Mal im Autoradio gehört, als ich unterwegs war.

Was war Ihr erster Gedanke?

Kreuzer: Diesen Satz würde ich so nicht unterschreiben. Wir haben eine Entwicklung, in der man den Menschen genau sagen muss, wie wir das schaffen. Dieser Satz verharmlost die Dinge eher. Wir stehen vor einer anspruchsvollen Herausforderung.

Vermutlich fühlt sich die CSU ein wenig gedemütigt, dadurch, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem Jahr die Entscheidung zur Grenzöffnung für die in Budapest festsitzenden Flüchtlinge eigenmächtig getroffen hat. Nun wird in Talkshows kolportiert: Ministerpräsident Horst Seehofer hätte zu jenem Zeitpunkt sein Handy ausgeschaltet gehabt und sei nicht erreichbar gewesen. Stimmt das?

Kreuzer: Das weiß ich nicht. Er hat nie darüber gesprochen. Soweit ich weiß, ist nie versucht worden, ihn zu erreichen. Ich kann nur sagen, dass ich den Ministerpräsidenten immer erreiche, wenn ich ihn brauche. Aber solche Randaspekte sind nicht der Kern unserer Position: Ich glaube, dass die Entscheidung nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch mit den europäischen Nachbarn nicht abgesprochen war. Das war zu wenig vorbereitet – in Deutschland und in Europa. Das ist ja auch einer der Gründe, warum es in Europa so uneinheitliche Meinungen zu diesem Thema gibt.

Nur mal angenommen, Horst Seehofer wäre damals Bundeskanzler gewesen: Hätte er den Freistaat komplett abgeriegelt?

Kreuzer: Wenn man Ungarn hätte helfen wollen, hätte man das vorbereiten müssen und mit den anderen europäischen Staaten sprechen. Um das Problem mit den in Budapest festsitzenden Menschen zu lösen, hätte man klarmachen müssen, dass das auf keinen Fall ein Freifahrschein für alle ist, die nach Deutschland wollen. Diese Kettenreaktion hätte man verhindern müssen. Es ist der Eindruck entstanden, dass jeder, der von der Türkei übersetzt, ungehindert nach Mitteleuropa durchkommt. Das ist ja auch passiert.

Nehmen wir mal an, Deutschland wird in den nächsten Jahren nicht im Chaos versinken. Wird man dann eines Tages nicht sagen, dass Angela Merkel eine Entscheidung von historischer Tragweite geprägt von großer Humanität getroffen hat?

Kreuzer: Die Entscheidung hat nicht das humanitäre Problem gelöst. Es sind ja noch Millionen Menschen in Lagern oder auf der Flucht. Selbst wenn wir jedes Jahr eine Million Menschen aufnehmen würden, wären trotzdem noch rund 60 Millionen auf der Flucht. Die Lösung des Problems muss ganz woanders ansetzen: in den Ursprungsländern. Wir können die Bevölkerungsexplosion und die dortige wirtschaftliche und politische Lage in Afrika nicht dadurch lösen, indem wird Teile der Afrikaner nach Europa übersiedeln. Wir müssen die Verhältnisse in Afrika so gestalten, dass die Menschen dort leben können. Das werden wir nicht ohne Sicherung der Außengrenzen schaffen. Unser Kontinent muss es in der Hand haben, dass nur Derjenige Europa betritt, den wir selber wollen.

Peter Gauweiler sprach jüngst von der „Operation Mare Nostrum“. Demnach sollen im östlichen Mittelmeerraum neue Städte für die Flüchtlinge gegründet werden.

Kreuzer: Ich habe schon vor einem Jahr gefordert: Wir brauchen Asyleinrichtungen unter europäischer Leitung an der nordafrikanischen Küste, wo über das Verfahren entschieden wird. Diejenigen, bei denen positiv entschieden wird, werden wir sicher nach Europa bringen, und die anderen zurück.

Würden Sie sich auf eine jährliche Obergrenze für Deutschland festlegen?

Kreuzer: Wir müssen eine Obergrenze festlegen. 200 000 sind zu den 1,2 Millionen, die im vergangenen Jahr gekommen sind, eine anspruchsvolle Herausforderung. Mehr ist nicht gut für die Menschen, die hier sind, aber auch nicht für die, die kommen. Wenn mehr Menschen zu uns kommen, als wir integrieren können, ist niemandem geholfen.

Von den 1,2 Millionen Menschen, die im vergangenen Jahr gekommen sind, habe einige wieder das Land verlassen. Vermutlich wurden auch einige mehrfach registriert. Wissen Sie, wieviele Flüchtlinge tatsächlich im Land sind?

Kreuzer: Das zeigt ja das ganze Dilemma auf – dass nicht einmal die Registrierung und die Identitätsfeststellung geklappt haben. Das ist ja wohl die Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt weiß, wieviele gekommen sind. Es ist sehr schwer zu überblicken. Wir haben eine Situation, die so nicht tragbar ist.

Sie haben sich soeben in ihrer Rede für die Überprüfung eines möglichen Burkaverbots ausgesprochen...

Kreuzer: Im öffentlichen Raum auf jeden Fall. Auch Tunesien als arabischer Staat denkt derzeit über ein Burkaverbot der Vollverschleierung nach. Es gehört zu unserer Gesellschaft, dass man einem Menschen sein Gesicht zeigt, wenn man ihm gegenübertritt. Es wäre eine Fehlentwicklung, wenn dies in größerem Stil nicht mehr der Fall wäre. Abgesehen davon, dass die Vollverschleierung die betroffenen Frauen diskriminiert und es der Abschottung und nicht der Integration dient.

Die Nonne aus einem bayerischen Kloster wird aber auch weiterhin in ihrem traditionellen Habit unterwegs sein dürfen ...

Kreuzer: Sie hat ja nicht ihr Gesicht verschleiert. Ich habe nichts gegen Kopftücher, aber gegen die totale Gesichtsverschleierung.

Wie lautet Ihre Replik zum Jahrestag auf Angela Merkels berühmt gewordenen Satz?

Kreuzer: Wir müssen unserer humanitären Verpflichtung nachkommen. Wir müssen aber auch die Zuwanderung so begrenzen, dass unser Land nicht überfordert wird.

Info: Kreuzer(s) Kerwa

Thomas Kreuzer auf der Kreuzer Kerwa: Diese Namensgleichheit nutzte der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag gerne für einen kleinen Kalauer, der dem Festredner auch postwendend freundlichen Beifall einbrachte. Auch wenn die Kerwa im Bayreuther Stadtteil Kreuz dann doch nicht nach ihm benannt ist, gab es etwas zu feiern: 70 Jahre CSU-Kreisverbände Bayreuth-Stadt und Bayreuth-Land. Integration habe sich an der Leitkultur zu orientieren, sagte Kreuzer mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte. Er forderte die Rückführung nicht integrationswilliger Flüchtlinge, eine Verstärkung der Video-Überwachung sowie die Überprüfung des Burka-Verbots und der Doppelten Staatsbürgerschaft. Mit Blick auf die Sanierung der Bayreuther Stadthalle versicherte der CSU-Fraktionsvorsitzende, dass die Staatsregierung darauf achten werde, dass Bayreuth angesichts der Entlassungen bei BAT Steuerausfälle verkraften müsse und daher eine ganz besondere Unterstützung benötige.

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