Heiliger Nepomuk leidet unter Naziherrschaft Kopf wurde abgehauen

Von Reinhard Löwisch
Die Inschrift auf der Statue des Heiligen Nepomuk. Foto: Reinhard Löwisch Foto: red

Waischenfeld könnte heuer – neben den Feierlichkeiten zur 700-jährigen Stadterhebung – auch 300 Jahre Nepomukstatue an der Stadtbrücke feiern. Das wäre ein guter Grund, die Statue mit einer Restauration zu würdigen.

 
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Im Sockel der Nepomukfigur ist als Erbauungsjahr 1745 zu lesen. Die Jahreszahl stimmt aber nicht. 1715 müsste dort stehen. Davon spricht Heinrich Mayer in seinem Standardwerk „Die Kunst des Bamberger Umlandes“ bereits 1955, als dieses Werk entstand. Johann Michael Schwesner, der Vater von Wenzel Schwesner, nennt er als den Schöpfer dieser Arbeit.

400 Jahre nach der Erhebung Waischenfelds zur Stadt entstand also die Figur. Heinrich Mayer schreibt in seinem Werk, dass damals noch Reste eines Stadtwappens zu sehen sind. Das lässt die Vermutung keimen, dass die Figur vielleicht sogar im Auftrag der Stadt Waischenfeld errichtet wurde. Möglicherweise als Schutz vor den Folgen eines Hochwassers oder auch zum 400-jährigen Stadtjubiläum. Leider ist heute von dem Wappen nichts mehr zu erkennen. Der Standort neben einer viel befahrenen Straße in die Vorstadt hat der Sandsteinfigur stark zugesetzt. Von den beschriebenen Blumen ist noch einiges zu erkennen und auch, dass etwas Rundes direkt unterhalb der Figur im Sockel eingemeißelt ist. Was es aber genau war, ist nicht mehr zu sehen. Dass aus der Erbauungszeit 1715 nun 1745 geworden ist, ist also Umwelteinflüssen geschuldet, die nach und nach den Sandstein zerfressen. Der Unterschied zwischen beiden Jahreszahlen ist zudem nur ein simpler Querstrich, der aus der 1 (nach der Zahl sieben), ein 4 macht.

Gegend um Tachau

Nach Waischenfeld kam der Nepomuk, von ihm gibt es noch drei weitere Figuren im Ort, durch den Maurermeister Johann Michael Schwesner aus Weiden. Dessen Vorfahren stammen laut Familienchronist Ludwig Helldörfer aus einer Gegend um Tachau im deutsch-böhmischen Grenzgebiet. Johann Michael Schwesner lernte den damals bekannten Barockbaumeister Leonhard Dientzenhofer kennen. Er verschaffte ihm Arbeit und so kamen die Schwesners um 1700 nach Waischenfeld; um hier als erste Baustelle, einen Fassadenumbau an der Stadtkapelle vorzunehmen. Die Beziehungen zu Dientzenhofer brachten ihm weitere Bauaufträge ein.

So wurde Johann Michael Schwesner der Bau des schon genannten Kapuzinerklosters in Gößweinstein zusammen mit einem anderen Maurermeister übertragen. Bald verlegte er sein Hauptgewicht auf das Steinhauergewerbe, meint Helldörfer. Veranlassung dazu gab der Bau der neuen Wallfahrtskirche in Gößweinstein unter der Leitung und nach den Plänen Balthasar Neumanns. Dem „Mauer Meister und Hartensteinhauer Michael Schweßner“ oblag in den Jahren 1730 bis 36 verantwortlich die Lieferung aller Steinsorten für den Neubau, schreibt sein Chronist Helldörfer weiter.

Eine manngroße Figur

Die 170 Zentimeter große Heiligenfigur des „Nepomuk an der Bruck“ steht auf einem 145 cm hohen Sandsteinsockel. „Der Sockel ist mit Krone, Stadtwappen und Ornamenten verziert“, heißt es bei Meyer, „die man auch in Nankendorf an der Pfarrkirche findet“. Ein Hinweis auf den Spender, beziehungsweise sogar Hersteller des „Brückenheiligen“ ist der Nepomuk selber. Er gilt als Nationalheiliger Böhmens und von dort kam die Familie Schwesner ursprünglich. Brückenheiliger deshalb, weil er der Legende nach als Bewahrer des Beichtgeheimnisses von König Wenzel in Prag von der Brücke in die Moldau geworfen und ertränkt worden war.

Die Kartusche zeigt folgende Inschrift eingemeißelt: „Johannes Nepomuk, Verteidiger der Ehre, bitte für uns und unsere Stadt“. Die Sandsteinfigur zeigt Nepomuk mit einem Birett auf dem Haupt über einem langen Gewand ein Chorhemd, darüber ein Schulterumhang. In der rechten Armbeuge liegt das Kruzifix, gehalten von beiden Händen, die rechte Hand hält außerdem einen Palmzweig fest. Im Sockel ganz unten steht die Jahreszahl 1745 ausgemalt.

Beherzte Bürger greifen ein

Eine Geschichte rankt sich um die Figur, die früher auch den „Johannes-Brunnen“ an gleicher Stelle bewachte. Der Kopf des Wiesent Nepomuks wurde während der Naziherrschaft von randalierenden SA-Leuten abgehauen, beherzte Bürger holten ihn jedoch aus dem Wasser und setzten ihn wieder auf.

Der Wiesentbote vom November 1935 schreibt darüber: „Drei junge Leute, gebürtige Österreicher waren Anfang dieses Jahres in Waischenfeld in einem Lager. In der Nacht zum 8. Juni zechten die Burschen und waren dann ziemlich angeheitert. Als sie an die kleine Brücke in Waischenfeld (Zeubachbrücke) kamen, schlug einer der dort stehenden steinernen Statue des hl. Nepomuk den Kopf ab. Dann gingen sie zur Wiesentbrücke, wo ebenfalls eine Nepomukstatue steht. Auch dieser schlug er den Kopf ab und warf ihn in den Fluss. Als der Lagerführer die Schuld der drei Insassen am nächsten Tag festgestellt hatte, wurden sie sofort nach Dachau gebracht. Seit Anfang Oktober sind sie in Untersuchungshaft, haben also bereits für ihre Freveltat 5 Monate büßen müssen. Gestern standen sie vor dem Schöffengericht. G. war geständig und versuchte jede Schuld von den anderen beiden auf sich zu nehmen. Das Urteil lautete auf 6 Monate Gefängnis für G. und auf drei Monate Gefängnis für die anderen beiden.“