Kontowechsel: Mehr Macht für Bankkunden

Von Jörn Bender,
Wie dicht ist das Netz der Geldautomaten, an denen ich kostenlos abheben kann? Eine wichtige Frage vor dem Kontowechsel.⋌Foto: Tobias Kleinschmidt/dpa Foto: red

Viele Verbraucher scheuen sich, ihre Hauptbankverbindung zu wechseln, obwohl das Girokonto bei einem anderen Anbieter womöglich günstiger ist. Künftig sind Banken verpflichtet, Kunden beim Umzug des Kontos zu unterstützen. Damit soll ein Wechsel deutlich einfacher werden.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Fast elf Euro Gebühr fürs Girokonto? Und das pro Monat. Manche Bank lässt sich ein Standardprodukt schon jetzt üppig bezahlen, wie eine Auflistung der unabhängigen FMH Finanzberatung belegt. Und Kunden müssen sich auf weiter steigende Preise für Bankdienstleistungen einstellen, denn Banken und Sparkassen brechen wegen des Zinstiefs die Erträge weg. Sie müssen versuchen, neue Einnahmen zu generieren. Immerhin stärkt der Gesetzgeber nun die Rechte der Verbraucher: Von diesem Sonntag an wird es einfacher, mit dem Konto zu einer anderen Bank zu wechseln.

Neue Bank muss alles übernehmen

Das neue Institut muss ein- und ausgehende Überweisungen und Lastschriften des alten Kontos übernehmen. Die bisherige Bank hat dazu dem neuen Institut und dem Kunden eine Liste der bestehenden Aufträge der vorangegangenen 13 Monate zu übermitteln. Das gilt auch bei Kontoeröffnungen im europäischen Ausland.

Die Regelungen sind Teil des Zahlungskontengesetzes, mit dem eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird. Andere Bestimmungen wie das sogenannte Basiskonto greifen bereits. So hat zum Beispiel seit dem 19. Juni jeder Bürger in Deutschland das Recht auf ein Girokonto („Basiskonto“). Bei den Neuerungen zum Kontowechsel hatten die Bankenverbände eine längere Übergangsfrist gefordert.

Verbraucherschützer angetan

begrüßen die neue Bestimmung. „Das ist eine wichtige Regelung, weil der Kontowechsel vielen Verbrauchern bisher viel Kopfschmerzen verursacht hat“, sagt Frank-Christian Pauli vom Bundesverband Verbraucherzentrale. Einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom aus dem Juni 2016 zufolge hat nur jeder vierte (23 Prozent) Deutsche schon einmal sein Girokonto gewechselt. Drei Viertel der Deutschen haben demnach ihre Hauptbankverbindung noch nie gewechselt. „Die vereinfachten Möglichkeiten zum Kontowechsel sind gerade jetzt, wo viele Banken ihre Gebühren erhöhen, eine Chance für Verbraucher, den Banken Paroli bieten zu können und zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln“, sagt Pauli.

Viele Institute drehen an der Gebührenschraube

Denn viele Institute erhöhen wegen des Zinstiefs und steigender Regulierungskosten die Gebühren für ihre Kunden. Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon ist überzeugt, dass es in absehbarer Zeit überall in Deutschland Gebühren für die Kontoführung gibt: „Ich erwarte, dass es in einigen Jahren praktisch nirgendwo mehr kostenlose Girokonten geben wird.“ Der Finanzaufsicht Bafin ist die Gratis-Mentalität schon lange ein Dorn im Auge. „Über Girokonten, Depots oder Kreditkarten zum Nulltarif mögen sich Kunden freuen. Mangels alternativer Ertragsquellen lässt sich dieses Angebot aber nicht auf Dauer aufrechterhalten“, sagte Bafin-Präsident Felix Hufeld kürzlich. „Trotz des harten Wettbewerbs mit Gratisangeboten wird es hier zu einem Umdenken kommen müssen.“

Bleibt für Verbraucher die Möglichkeit, sich einen Anbieter mit vergleichsweise geringen Gebühren zu suchen. Die alternative Triodos Bank sieht die Wechselbereitschaft von Bankkunden durch die neue Regelung beflügelt. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Instituts gab jeder vierte (25 Prozent) von 1013 Befragten an, er könne sich angesichts der vereinfachten Bedingungen vorstellen, sein Girokonto zu einer anderen Bank zu übertragen. 43 Prozent erklärten, bislang sei ihnen der Aufwand für einen Wechsel zu groß gewesen.

Branche unter Druck

Die Branche setzt das neue Gesetz erheblich unter Druck: Hat ein Kunde bei der neuen Bank den Kontowechsel beantragt, muss diese innerhalb von zwei Geschäftstagen Kontakt zum bisherigen Geldinstitut aufnehmen. Dieses wiederum hat fünf Geschäftstage Zeit, um eine Liste aller Daueraufträge, Lastschriften und eingehenden Überweisungen an den Verbraucher und die neue Bank zu übermitteln. Weitere fünf Geschäftstage später soll das neue Konto fertig eingerichtet sein.

Zwölf-Tage-Frist

„Für die Banken kann es schwer sein, das innerhalb von zwölf Tagen hinzukriegen, aber darum kommen sie nicht herum, weil es gesetzlich so festgelegt ist“, sagte Josefine Lietzau vom Verbraucherportal Finanztip kürzlich dem Sender NDR Info. „Wenn es nicht klappt, müssen sie tatsächlich haften.“

Abkommen der Branche

Die Branche sieht sich gut vorbereitet. „Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Fristen für einen Kontenwechsel sind ambitioniert“, räumen die fünf großen Bankenverbände zwar ein, die in der Deutschen Kreditwirtschaft organisiert sind. Sie erklären aber zugleich: „Um einen Kontenwechsel dennoch just in time zu gewährleisten, haben Banken und Sparkassen ein Abkommen zur Umsetzung der Kontenwechselhilfe abgeschlossen, das die praktische Umsetzung eines Wechsels durch die beteiligten Institute unterstützt.“

Die wichtigsten Fragen und Antworten vor dem Kontowechsel

Was kostet die Kontoführung?
Das kostenlose Girokonto gibt es nicht überall. Viele Institute verlangen Gebühren. Und hier gibt es Unterschiede: Manche erheben eine monatliche Grundgebühr, andere Institute stellen eher Kosten für einzelne Buchungen oder für Daueraufträge in Rechnung. Hier lohnt ein Vergleich, raten die Verbraucherschützer aus NRW.

Welche Bezahlkarten gibt es?
Ohne Karte wird heute kaum mehr ein Konto geführt. Neben den Kundenkarten, die nur an den bankeigenen Geldautomaten eingesetzt werden können, gibt es Giro- und Kreditkarten. Hier spielen nicht nur die Kosten eine Rolle. Wichtig ist auch die Frage, wie viele Geldautomaten in der näheren Umgebung kostenfrei genutzt werden können, erklärt die Verbraucherzentrale.

Ist das Konto an Bedingungen geknüpft?
Bei günstigen Konten stellen Geldinstitute oft Bedingungen, zum Beispiel einen regelmäßigen Geldeingang in einer bestimmten Höhe. Manche Unternehmen verlangen auch, dass auf dem Konto regelmäßig das Gehalt gutgeschrieben werden muss. Auf solche möglichen Fallstricke sollten Kunden achten.

Wie hoch sind die Zinsen?
Ein wichtiger Punkt bei Girokonten ist die Höhe der Dispozinsen. Diese sind oft happig und unterscheiden sich von Institut zu Institut stark. Wer ab und zu ins Minus rutscht, zahlt dann bei teuren Instituten drauf. Manche Institute verzinsen auch Guthaben auf Girokonten. Allerdings sind die Zinsen dann meist sehr mager.

Autor