Likör heißt „Justiz-Irrtum“: Auch JVA Bayreuth bietet ihre Produkte im Internet an Knast-Schnaps aus dem Internet

Von Susanne Will
Hinter diesem Zaun der JVA - im Hintergrund das Festspielhaus - arbeiten viele Häftlinge. Eines ihrer Produkte, ein Hocker, wird jetzt im Netz unter haftsache.de verkauft. Foto: Ritter Foto: red

Konsum aus dem Kittchen: Gefängnisse verkaufen ab Donnerstag um 12 Uhr im Knast produzierte Waren im Internet über eine Website namens haftsache.de. Mit dabei ist auch die JVA Bayreuth. Für 55 Euro gibt es von hier einen stabilen Hocker aus Vollholz – ganz ohne Schnörkel, wie man sich das Knast-Mobiliar vorstellt. Auch im Angebot bei haftsache.de: Roben für Richter und Filzschuhe mit Namen „Niedertreter“.

 
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Die allerdings stammen aus der JVA Kaisheim, der Sanddorn-Likör der Marke „Justiz-Irrtum“ aus Vechta in Niedersachsen ist so beliebt, dass er derzeit ausverkauft ist. Mit Konsumartikeln aus dem Knast lässt sich schon länger Geld machen, das der Staatskasse zugutekommt. Deshalb will nun auch das bayerische Justizministerium die Produkte zu Geld machen. Ab heute ist die Plattform online.

Büromöbel, Torten und Knödelbrot

„Berufliche Aus- und Weiterbildung sowie geregelte Arbeit der Gefangenen während der Haft sind zentrale Bausteine für eine erfolgreiche Resozialisierung“, heißt es in der Pressemitteilung des Justizministeriums. Nicht viele wissen, was zum Beispiel alles in der JVA Bayreuth hergestellt und verkauft werden Büromöbel, Torten, Gemüse, Gartenmöbel, Knödelbrot und vieles mehr. Daneben wird im Großauftrag gebügelt, gemangelt, oder Häftlinge säubern verdreckte Autos. Für mit Hundehaaren überzogene Autositze muss der Besitzer um die 75 Euro zahlen und erhält es dafür fellfrei zurück.

Umsatz von fast fünf Millionen Euro

Alles in allem hat die JVA im Jahr 2015 so einen Umsatz in Höhe von 4,9 Millionen Euro erreicht. Das Geld fließt in die Staatskasse. Die Häftlinge erhalten einen Tagessatz zwischen 9,64 und 16,07 Euro – abhängig von der Art der Arbeit und der Vorbildung der Menschen.

840 sitzen derzeit hinter Gittern

Daneben werden Lehrlinge ausgebildet, wie beispielsweise in der Konditorei, dort lernen im Schnitt zwischen drei und fünf Gefangenen, wie man Torten backt oder Marzipanrosen formt. Momentan sitzen 840 Menschen in Bayreuth hinter Gittern, 463 davon arbeiten, machen eine Lehre oder einen Schulabschluss.

Hocker ohne Kinkerlitzchen

Das erzählt Harald Bauer, er ist Regierungsamtsrat und in der JVA für die Arbeitenden zuständig. Den Hocker, der ab sofort auf haftsache.de zu kaufen ist, findet er selbst spitze: „Das Besondere an ihm ist, dass er nichts Besonderes ist.“ Ein Möbelstück ohne Kinkerlitzchen also. „Ich habe mehrere zu Hause, die kann man als Beistelltisch verwenden, natürlich als Hocker selbst, und auch für Kinder sind sie toll.“

Auch Schweine in der JVA

Auf der Homepage der JVA Bayreuth sind auch noch die klassischen Arbeitsgruppen zu finden, wie die für „Klebearbeiten“. „Doch Tütenkleben gibt es bei uns nicht mehr. Höchstens, dass wir Postsendungen für Firmen bearbeiten.“ Auch eine Landwirtschaft hat die JVA, dort werden Schweine gezüchtet. Und nicht irgendwelche Schweine: „Bei uns gibt es die Schwäbisch-Hällischen Schweine – die sind vom Aussterben bedroht“, sagt Harald Bauer.

"Alaarm!"

Auf haftsache.de werden ab Donnerstag, 12 Uhr, über 70 von Gefangenen hergestellte Produkte zum Verkauf angeboten. Die Palette reicht vom Möbelstück über Wohnaccessoires zu Leder- und Metallwaren sowie Holzspielzeug. Und auch ein Brettspiel gibt es. Es heißt „Alaarm!“ und thematisiert Gefängnisausbrüche.

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