Klinikum: Zoff um angebliche Lüge der OB

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Der Zoff am Klinikum geht in eine neue Runde. Foto: Nils Katzenstein Foto: red

Die Angriffsbatterie in Sachen Klinikum rattert weiter: Thomas Bauske, SPD-Fraktions-Chef im Stadtrat, und Oliver Gerhards, Anwalt zweier entlassener Neurologen, unterstellen Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe eine Lüge. Die „schmunzelt“ darüber, die Klinik wirft Gerhards falsche Angaben vor.

 
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Auslöser der jüngsten Angriffe auf Klinik-Chef Joachim Haun und die Vorsitzende des Aufsichtsrates, Oberbürgermeisterin Merk-Erbe, ist die Entlassung zweier Neurologen. Sie gingen im vergangenen Jahr mit Behauptungen von falschen Diagnosen, schlecht arbeitenden Kollegen und Patienten in möglicher Lebensgefahr an die Öffentlichkeit, ohne Beweise dafür zu liefern. Im Raum standen also mögliche Vorwürfe gegen die Neurologen selbst: Verletzung des Arzt-Geheimnisses, rufschädigendes Verhalten, Beleidigung oder sogar Nötigung. Ein Fall für einen Strafverteidiger. Klinik-Chef Haun wählte den Bayreuther Stadtrat und politischen Weggefährten von Merk-Erbe, Karsten Schieseck. Er lässt ausrichten, das könne er beweisen. Dem Kurier sagte er, dass er für die Auswahl des Anwaltes zuständig sei.

Dem Kurier aber liegt ein Schreiben vom 17. Januar dieses Jahres vor, ein Mandat an Schieseck, unterzeichnet von Merk-Erbe. „Lüge!“, sagen SPD-Mann Bauske und Gerhards, der Anwalt der beiden entlassenen Neurologen. Denn sie habe im Stadtrat gesagt, der Anwalt sei Sache des Geschäftsführers.

"Sie weiß sehr wohl, was sie unterschreibt"

„Damit hat die Oberbürgermeisterin die (Bayreuther) Öffentlichkeit belogen“, schreibt Anwalt Gerhards und zieht als Beweis das von ihr unterschriebene Mandat an Schieseck hervor. Der wiederum sagt: Merk-Erbe „weiß selbstverständlich, was sie unterschreibt.“ Und das war kein Mandat für die Klinik, um gegen die beiden Neurologen vorzugehen. Sondern nur, um einen Brief von Günther Jonitz zu beantworten. Der Präsident der Ärztekammer Berlin hatte Merk-Erbe einen Brief geschrieben und die Vorwürfe der Neurologen im Großen und Ganzen wiederholt – auch ohne jegliche Beweise. Das Schreiben liegt der Redaktion vor.

Tatsächlich steht als „Grund“ auf dem Mandat, das Merk-Erbe unterschrieben hat und das dem Kurier vorliegt: „Schreiben Dr. Jonitz – Präsident Ärztekammer Berlin – vom 9.1 2018.“ Schieseck: „Ich habe Jonitz im Auftrag von Merk-Erbe angeschrieben, in ihrer Stellung als Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums.“ Sie habe sich darüber gewundert, dass sich die „nicht zuständige“ Ärztekammer Berlin an sie wende. Es sei ein Akt der Höflichkeit zurückzuschreiben. Und er, Schieseck, habe den Auftrag gehabt, „darum zu bitten, dass es aufgeklärt wird, warum Jonitz falsche Behauptungen aufstellt“. Der übrigens soll bis heute nicht geantwortet haben.

"Selbstverständlich habe ich das"

Für die Sache der beiden Neurologen habe er ein anderes Mandat, sagt Schieseck. „Ich bin von Dr. Haun beauftragt.“ Liegt das von Haun unterschriebene Mandat in der Schublade? „Selbstverständlich.“ Das sei üblich, wenn sein Auftrag über eine bloße Beratung hinausgehe. Warum er es nicht längst rausgeschickt hat? „Solange ich nicht nach außen trete, gehen die Vollmachten nicht raus.“ Und ja, er könne es beweisen. Dass die Vollmacht noch nicht „rausgegangen“ ist, ist also ein Zeichen dafür, dass die Klinik die beiden Neurologen noch nicht angezeigt hat. Dazu schweigt Schieseck.

Gerhards bemängelte in seiner Presse-Erklärung, dass in der Aufsichtsrats-Sitzung vom Donnerstag den beiden Rechtsanwälten des Klinikums „gestattet“ war, ihre Sicht der Neurologen-Entlassung darzulegen. Erst dadurch, also erst durch die andere Seite der Medaille, sei Klinik-Chef Haun bestätigt worden. „Mit nur einer Stimme Mehrheit“, wie Gerhards schreibt. Nach Informationen des Kuriers war die Mehrheit bei der nicht öffentlichen Sitzung um einiges deutlicher.

Das bestätigt die Klinik indirekt in einer Mitteilung: „Die Angaben, die Gerhards macht, sind unrichtig.“ Und sie schießt zurück: „Mit seiner Pressemitteilung verlässt Gerhards endgültig den Boden eines rationalen, zielführenden und auf ein Ergebnis abzielenden Austausches.“ Er diskreditiere sich damit selbst. „Statt solche Anschuldigungen zu formulieren, wäre ihm zu wünschen, dass er seine vermeintlich zuverlässigen Quellen prüft.“

Merk-Erbe muss über den neuerlichen Angriff auf sie „schmunzeln“. Bewerten möchte sie es nicht. Beim ihrem Gang über die Leipziger Buchmesse sagt sie am Telefon: „Wir haben viele große Aufgaben, es wäre sinnvoll, dass wir alle gemeinsam an den großen Aufgaben arbeiten.“

Die Erklärung von Rechtsanwalt Oliver Gerhards im Wortlaut:

Namens und im Auftrag der von mir vertretenen Frau Dr. V. und Herrn Dr. S. gebe ich aus aktuellem Anlass folgende weitere Erklärung ab;

Aus zuverlässiger Quelle war zu hören, dass in der am 15.03.2018 einberufenen Aufsichtsratssitzung kontrovers diskutiert wurde. Dabei gab es sogar eine Mehrheit dafür, die vom Unterzeichner vertretene Frau Dr. V.wieder zu beschäftigen. Nachdem dies allerdings aufgrund der einschlägigen Bestimmungen eine Entscheidung ist, die allein der Geschäftsführung obliegt, konnte ein entsprechender Beschluss nicht gefasst werden. Die Oberbürgermeisterin, Frau Brigitte Merk-Erbe, trug Sorge dafür, dass eine entsprechende Beschlussfassung aus den genannten Gründen verhindert wurde. Dies überrascht zumindest insofern, als ihr sonst die Einhaltung der Vorschriften nicht besonders wichtig ist. So kommt dem Aufsichtsrat und ihr als derzeitiger Aufsichtsratsvorsitzender in erster Linie eine Kontrollfunktion zu.

Die täglichen Geschäfte sind hingegen Aufgabe der Geschäftsführung und stehen in deren alleiniger Verantwortung. Dies hinderte Frau Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe aber nicht daran, ihrem Parteifreund, Karsten Schieseck, namens der Klinikum Bayreuth GmbH ein lukratives Mandat zu erteilen. Vermutlich da die Oberbürgermeisterin natürlich selbst weiß, dass Mandatserteilungen nicht in die Zuständigkeit der Aufsichtsratsvorsitzenden, sondern der Geschäftsführung, fallen, gab sie auf offizielle Nachfrage des SPD-Fraktionschefs Thomas Bauske wahrheitswidrig an, die Geschäftsführung habe das Mandat erteilt. Damit hat die Oberbürgermeisterin die (Bayreuther) Öffentlichkeit belogen und sieht sich vielleicht auch deshalb gezwungen, in Nibelungentreue an Herm Dr. Haun festzuhalten.

Denn dass dem Unterzeichner der anliegende Beweis vorliegt, konnte sie nicht ahnen.

Tatsache ist, dass der Aufsichtsrat mit nur einer Stimme Mehrheit für einen Verbleib von Herm Dr. Haun in seiner jetzigen Funktion votierte. Hierzu wäre es möglicherweise nicht gekommen, wenn nicht dem von Frau Oberbürgermeisterin Merk-Erbe namens der Klinikum Bayreuth GmbH beauftragten Rechtsanwalt und Parteifreund, Herrn Karsten Schieseck, sowie dem weiteren von der Klinikum Bayreuth GmbH beauftragten Rechtsanwalt, Herm Dr. Henker, gestattet worden wäre, dem Aufsichtsrat ihre Sicht der Dinge zu schildern. Gleiches gilt für Prof. Oschmann, der dem Aufsichtsrat ebbenfalls nicht angehört.

Ein befremdliches Vorgehen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sowohl den betroffenen Ärzten, den betroffenen Eltern, wie auch dem Unterzeichner verwehrt worden war, ebenfalls Stellung zu nehmen. Dies ist offenbar auch von Aufsichtsratsmitgliedern moniert worden.

Dass über die vorstehenden Umstände in der Erklärung der Klinikum Bayreuth GmbH bzw. der Stellungnahme der Oberbürgermeisterin kein Wort verloren wurde und bis heute mit den rund 20 Kinder- und Jugendärzten, die ein Gesprächsangebot zur Lösung der bestehenden Problem unterbreitet hatten, nicht gesprochen wurde, ist symptomatisch. Dem unbefangenen Außenstehenden drängt sich vor diesem Hintergrund der Eindruck auf, dass die Verantwortlichen nicht mehr damit beschäftigt sind, ein Krankenhaus zu führen, sondern ein Lügengebäude zu errichten.

Die Erklärung des Klinikums Bayreuth dazu im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zu der heute veröffentlichten Pressemitteilung von Rechtsanwalt Gerhards nimmt die Klinikum Bayreuth GmbH wie folgt Stellung:

 

Mit seiner Pressemitteilung vom 16. März 2018 verlässt Herr Rechtsanwalt Oliver Gerhards endgültig den Boden eines rationalen, zielführenden und auf ein Ergebnis abzielenden Austausches. Herr Gerhards unterstellt den Verantwortlichen der Klinikum Bayreuth GmbH Lügen. Es erübrigt sich, diesen Vorwurf zurückzuweisen, er diskreditiert sich damit selbst. Statt solche Anschuldigungen zu formulieren, wäre ihm zu wünschen, dass er seine vermeintlich zuverlässigen Quellen prüft.

Der Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH tagt nichtöffentlich, über die Inhalte kann nur in engem Maß berichtet werden. Allerdings kann problemlos festgestellt werden, über was im Aufsichtsrat nicht entschieden wurde. So gab es zwar einen Gedankenaustausch zu dem Für und Wider einer erneuten Beschäftigung der gekündigten Oberärztin – indes keine Abstimmung, da der Aufsichtsrat für eine solche Entscheidung nicht zuständig ist. Insofern kann es auch keine Mehrheit geben, wie sie Herr Gerhards zu sehen glaubt.

Bei dem „Beweis“, den Herr Gerhards vorlegt, um eine für Rechtsanwalt Karsten Schieseck vorteilhafte Mandatierung durch die  Vorsitzenden des Aufsichtsrates zu suggerieren, lohnt sich das Lesen. Die Vollmacht bezieht sich ausschließlich auf die Beantwortung eines Schreibens des Präsidenten der Ärztekammer Berlin an die Vorsitzende des Aufsichtsrates. Ob Herr Gerhards es glauben mag, oder nicht: Die Klinikleitung hat Herrn Rechtsanwalt Schieseck als juristischen Berater in dem Konflikt mit den beiden Oberärzten hinzugezogen. Herr Schieseck war in der Vergangenheit bereits mehrfach für die Klinikum Bayreuth GmbH tätig.

Über Abstimmungsergebnisse im Aufsichtsrat ist Stillschweigen zu wahren. Die Angaben, die Herr Gerhards dazu macht, sind unrichtig.

Herr Gerhards wird als Anwalt für Arbeitsrecht wohl wissen, dass eine Kündigung ein juristischer Vorgang ist. Insofern ist es sinnvoll, Juristen auch an der Information des Aufsichtsrates zu beteiligen, um alle Aspekte voll umfänglich darstellen zu können.

 

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