Zum Hintergrund: In den Jahren zwischen 2008 und 2011 sollen vier Neugeborene durch falsche Behandlungen auf der Station für Geburtshilfe des Klinikums schwere Schäden davongetragen haben. In einem fünften Fall sei ein Kind gestorben. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth ermittelt. Eine Expertenkommission unter Vorsitz des Bayreuther Gynäkologen, Dr. Ulrich Megerle, durchleuchtete in den vergangenen Wochen die Vorgänge, die noch weiter in die Vergangenheit zurückreichen. Schon seit 2007 sollen Mängel in der Geburtshilfe bekannt gewesen sein.
16 Geburtsschäden in zehn Jahren
Aber sind durch den Dauerstreit in der Abteilung tatsächlich Neugeborene oder Mütter zu Schaden gekommen? „Derzeit sieht es nicht danach aus“, sagt der Vorsitzende des Klinikum-Aufsichtsrates, Landrat Hermann Hübner, bei der Vorstellung des Berichts. Komplikationen und Probleme gab es aber sehr wohl. In den Jahren zwischen 2004 und 2014 hatte das Klinikum insgesamt 16 Fälle sogenannter Geburtsschäden an seine Versicherung weitergegeben. In vier Fällen hat die Versicherung gezahlt, eine Gesamtsumme von 1,2 Millionen Euro.
„So schlimm jeder Einzelfall sein mag, in der Summe sind es im Vergleich zu anderen Krankenhäusern unserer Größe relativ wenige“, sagte der Ärztliche Direktor des Klinikums, Prof. Klaus Henneking, bei der Vorstellung des Kommissionsberichtes. Nicht eingerechnet sind allerdings die vier Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft Bayreuth derzeit noch ermittelt. In einem dieser Fälle ist ein Baby bei der Geburt gestorben. In den anderen Fällen haben die Kinder schwere Schäden davongetragen.
Diese Fälle zu prüfen, sei nicht möglich gewesen, sagte Dr. Ulrich Megerle. Weil die Staatsanwaltschaft die Krankenakten beschlagnahmt hatte, so der Vorsitzende der Kommission Geburtshilfe und Vorsitzende des Ärztlichen Bezirksverbandes Oberfranken. Von der Staatsanwaltschaft hieß es bisher, man warte auf den Bericht der Kommission.
Das Klinikum war "schadensauffällig"
Der liegt nun vor – und zeigt: Gerade vor dem Jahr 2011 steckte das Klinikum in der Klemme. „Wir waren schadensauffällig“, sagt Henneking. Die Versicherung des Krankenhauses der maximalen Versorgungsstufe hob ihre Prämie für das Klinikum um 500.000 Euro pro Jahr an. In der Folge holten sich die Klinikverantwortlichen Rat bei der Münchner Gesellschaft für Risikoberatung.
Manches hat sich verbessert, eines aber nicht: „Zwischen den beiden Fachabteilungen Geburtshilfe und Kinderklinik gab es ein eklatantes Spannungsverhältnis“, sagt Landrat Hübner. Vor allem zwischen zwei Oberärzten soll es immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen sein.
Was damals des öfteren unterblieb, soll jetzt nachgeholt werden: Kinderärzte sollen bei Risikoschwangerschaften schon vor der Entbindung einbezogen werden. Sie sollen bei Problemen bei der Geburt klarer informiert und schneller hinzugezogen werden. Und. Die Kommission drängt darauf, dass sich Ärzte in der Geburtshilfe künftig stärker an die geltenden Leitlinien in der Behandlung halten, als dies in der Vergangenheit halten.
Offen, ob es weietre personelle Veränderungen geben wird
Personelle Konsequenzen über die bereits im August erfolgte Freistellung von Geschäftsführer Roland Ranftl und den Ausschluss eines Oberarztes aus dem Kreißsaal hat das Klinikum bis dato nicht gezogen. „Wir sprechen mit leitenden Ärzten und einer externen Unternehmensberatung über organisatorische Veränderungen“, sagte Klinikum-Interimsgeschäftsführer Joachim Haun. „Über personelle Veränderungen können wir noch nichts sagen.“
Auf den Kommissionsbericht warten betroffene Eltern und Angehörige seit Wochen. Landrat Hübner hatte bei der Ablösung des umstrittenen Geschäftsführers Roland Ranftl im August zur Eile gemahnt. Er wolle binnen Wochen Ergebnisse sehen. Jetzt hat es doch Monate gedauert.
Die Arbeit der beiden weiteren Kommissionen dauert an. Dem Klinikum wird vorgeworfen, dass Patienten künstliche Herzklappen in gut bezahlten Schlüssellochoperation eingesetzt wurden, obwohl dies medizinisch nicht nötig gewesen sein soll. Und: Auf einer der beiden Intensivstationen seien Patienten länger als notwendig künstlich beatmet worden. Auch dies aus finanziellen Gründen – und zu deren Schaden.
Fehler im Klinikum? Ein Video-Erklärstück: