Aufsichtsrat genehmigt Umstrukturierung von Küche und Bringdienst Klinikum Bayreuth: Gewerkschaft gegen Fremdvergaben

Von Frank Schmälzle und
Dicke Luft am Klinikum: Gewerkschaft und Mitarbeiter sind mit den Umstrukturierungsplänen von Geschäftsführer Roland Ranftl nicht einverstanden. Foto: Türk Foto: red

Ist es ein Fortschritt, der Arbeitsplätze sichert? Oder ein Rückschritt zu einer erneut ungleichen Bezahlung für gleiche Arbeit an der Klinikum Bayreuth GmbH? Ein Entscheidung, die sich Klinikum-Geschäftsführer Roland Ranftl jetzt im Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH absegnen ließ, sorgt für Diskussionen.

 
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Der Streit, der gerade am Bayreuther Krankenhaus entbrennt, geht auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt aus dem Juli 2013 zurück: Das Gericht hatte entschieden, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Arbeitgebern nur einen vorübergehenden Einsatz von Leiharbeitnehmern erlaubt. Um Vertretungen zu überbrücken oder Arbeitsspitzen zu bewältigen. Nicht aber für eine längerfristige Bindung.

45 Leiharbeiter im Klinikum

Im Klinikum arbeiten insgesamt 2300 Mitarbeiter. In den Bereichen Küche sowie Hol- und Bringdienst sind neben 74 eigenen Mitarbeitern auch längerfristig etwa 45 Leiharbeitnehmer beschäftigt. „Es galt nun, unter Beachtung der Rechtsprechung eine rechtssichere und zugleich wirtschaftliche Lösung für die personelle Besetzung dieser Bereiche zu finden“, schreibt die Klinik-Geschäftsführung in einer Pressemitteilung. Und die soll so aussehen: Küche und Hol- und Bringdienst werden neu organisiert, so dass diese Bereiche entweder vollständig von eigenen Mitarbeitern erbracht werden oder über Dienstleistungsverträge von Fremdfirmen eingekauft werden.

Damit, so wird Klinik-Geschäftsführer Ranftl in der Mitteilung zitiert, sind die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten. Und damit behalten die Beschäftigten des Klinikums unverändert ihren Arbeitsplatz. Eine Ausgliederung der Küche und des Hol- und Bringdienstes wäre für sie mit einem Wechsel zu anderen Arbeitgebern verbunden gewesen.

„Die Klinikum Bayreuth GmbH wird ihrer Rolle als verantwortungsbewusster Arbeitgeber gerecht und verzichtet im Interesse ihrer Beschäftigten auf weitergehende Schritte, die zwar wirtschaftliche Vorteile brächten, aber einschneidende Auswirkungen auf die bestehenden Arbeitsverhältnisse hätten“, schreibt Ranftl in der Mitteilung. Dem Aufsichtsrat legte er Zahlen vor, nach denen ein komplettes Ausgliedern dem Klinikum etwa eine Million Euro im Jahr gespart hätte.

Küche im Haupthaus soll an Fremdfirma vergeben werden

So positiv wie Ranftl die Sache darstellt, können Mitarbeiter des Klinikums und die Gewerkschaft Verdi die Umstrukturierung nicht sehen. Was hinter Ranftls Plan steckt: Die Klinikum-Mitarbeiter, die bislang in der Küche des Haupthauses beschäftigt sind, werden an die Hohe Warte versetzt. Danach soll die Küche im Haupthaus an eine Fremdfirma vergeben werden. Beim Hol- und Bringdienst wird es genau anders herum laufen: Die fest angestellten Mitarbeiter aus der Hohen Warte wechseln ins Klinikum. Und danach wird der Hol- und Bringdienst an der Hohen Warte fremdvergeben.

„Stinksauer – und traurig, dass man jetzt diesen Schritt gegangen ist“, ist Christine Kelpin, die für das Fachgebiet Gesundheit und Soziales zuständige Gewerkschaftssekretärin von Verdi Oberfranken-Ost. Nicht nur „der Zeitpunkt kurz vor Ostern“ sei unglücklich gewählt. Kelpin sieht in der Fremdvergabe von Teilen der Küche und des Hol- und Bringdienstes den erneuten Versuch, den Tarifvertrag zu unterlaufen. „Ich bezweifle auch, dass der Aufsichtsrat von der Geschäftsführung ordentliches Zahlenmaterial vorgelegt bekommen hat, um sich ein Bild machen zu können, was es kostet, wenn man das alles mit eigenem Personal machen würde“, sagt Kelpin im Gespräch mit unserer Zeitung. Und: „Ich vermute, dass der Aufsichtsrat da auch nicht weiter nachgehakt hat.“

Gewerkschaft fürchtet Zwei-Klassen-Gesellschaft

Gerade die Küche gehört für die Gewerkschaftssekretärin zum Kernbereich der Medizin und Pflege – wie auch die Reinigung des Hauses. „Das sollte alles in einer Hand bleiben. Und von Menschen gemacht werden, die sich mit dem Haus identifizieren“ Wenn das Essen nicht passe, wirke sich das auch auf den Genesungsprozess der Patienten aus. Und es liege auf der Hand: „Wenn ich gutes Essen haben will, wo spare ich dann? Beim Personal.“ Der Einsatz von Mitarbeitern von Fremdfirmen führe zudem wieder zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft am Klinikum mit unterschiedliche langen Arbeitszeiten und unterschiedlicher Bezahlung. Zudem lasse sie das Argument nicht gelten, dass „das nur ein paar Mann sind. Das ist der Anfang der Zerstückelung“. Kritik übt Kelpin in diesem Zusammenhang an den beiden Aufsichtsratsvorsitzenden, Landrat Hermann Hübner und Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe: „Die sollten sich für die Menschen einsetzen, die hier leben und arbeiten.“

Auch Mitarbeiter im Klinikum fühlen sich mit Ranftls Umstrukturierung an die Zeiten der Servicegesellschaft erinnert. Über Jahre hinweg waren sie bei unterschiedlichen Arbeitgebern beschäftigt. Die am Klinikum angestellten Beschäftigten verdienten mehr als jene, die einen Vertrag mit der Servicegesellschaft unterschrieben hatten. Obwohl sie die gleiche Arbeit leisteten. Nachdem diese Ungleichbehandlung endlich ad acta gelegt worden sei, lebe sie jetzt in anderen Unternehmensbereichen des Klinikums wieder auf.

Zweifel an Ranftls Rechnung

Im Aufsichtsrat hatte Ranftl nach Kurier-Informationen vorgerechnet, dass die Kosten für die beiden umstrittenen Bereiche nach der von ihm angestrebten Teilausgliederung bei 3,65 Millionen Euro im Jahr liegen sollen. Das sind etwa 50 000 Euro mehr als derzeit. Im Klinikum fragt man sich, wie Ranftl zu diesem Ergebnis kommt und ob die von ihm forcierte Teilausgliederung grundsätzlich Sinn macht. Die Stundensätze, die für Leiharbeiter fällig werden, lägen über dem, was fest angestellte Mitarbeiter in Küche und Hol- und Bringdienst verdienen.

Über Küche und Hol- und Bringdienst hinaus arbeitet Ranftl offenbar an weiteren organisatorischen Veränderungen. Im Internet findet man eine europaweite Ausschreibung des Klinikums Bayreuth für die Lager- und Logistikdienstleistung. Dort sind bislang 14 Mitarbeiter beschäftigt. Einen Aufsichtsratsbeschluss für diese Ausgliederung hatte Ranftl nicht.

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