In einem umgebauten Silo können Menschen mit Behinderung an jedem ersten Samstag im Monat unter fachkundiger Hilfe klettern Kletterturm für Behinderte in Gubitzmoos eröffnet

Von Sarah Bernhard
Christine Holzinger hat aus ihrem alten Silo in Gubitzmoos einen Kletterturm für Behinderte gemacht. Jeden ersten Samstag im Monat können ist er geöffnet. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Für rund 50 000 Euro hat Christine Holzinger ihr altes Silo in einen Kletterturm für Menschen mit Behinderung verwandelt. Sie können dort ohne Leistungsdruck klettern, ein Übungsleiter des Deutschen Alpenvereins (DAV) und Holzinger helfen dabei. Für die Krankengymnastin geht damit ein Traum in Erfüllung.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Im Kletterturm von Christine Holzinger (56) hört man die Vögel zwitschern. Es ist kühl, denn Innen- und Außentemperatur unterscheiden sich kaum. „Macht doch nichts, es gibt doch auch Eisklettern“, sagt Holzinger. „Das ist halt der Mount Everest von Gubitzmoos.“

Anders als den Mount Everest erklimmt man den Mount Gubitzmoos aber von innen: Bunte Klettergriffe sind an den Betonwänden verteilt, Seile hängen von der Decke. Mit ihnen werden die Kletterer gesichert, zudem helfen ehrenamtliche Übungsleiter des DAV mit, Füße richtig aufzustellen oder den geeigneten Griff zu finden. „Wir unterstützen das Projekt, weil es wichtig ist, dass Behinderte sportlich aktiv werden und so Erfolgserlebnisse haben“, sagt Joachim Fend, Vorsitzender des DAV Bayreuth. Eine Konkurrenz zum Kletterzentrum sei der Turm deshalb nicht: „Das ist ein ganz anderes Klientel.“

Auch Holzinger hat bemerkt, dass sich Menschen mit Behinderung in Kletterhallen oft nicht wohlfühlten, weil sie langsamer seien als die anderen Besucher. Vier Jahre ist es her, dass die gelernte Krankengymnastin deshalb den Entschluss fasste, das alte Silo auf ihrem Pferdehof umzubauen. „Es ist schwierig, körperlich oder geistig Behinderten mit dem üblichen Therapiematerial nicht die Lust zu verderben. Andererseits sieht man, was in diesen Menschen steckt, was man wahrmachen könnte.“

Also beschloss sie, zusätzlich zum therapeutischen Reiten auch therapeutisches Klettern anzubieten. „Hier können Menschen mit Behinderung in aller Ruhe ihren Spaß haben und ausprobieren, was sie leisten können.“ Motorisch. Und sozial. „Sie müssen immerzu mit dem Helfer kommunizieren, um ihr Ziel zu erreichen. Wenn man gegeneinander arbeitet, klappt es nicht.“

„Behinderte sind glücklich, wenn sie so etwas schaffen. Das ist für die Psyche total gut“, sagt auch Sandra Vetter. Sie hat multiple Sklerose und wird eine der ersten sein, die heute ab 14.30 Uhr auf dem Hof der Familie Holzinger stehen. „Mir tut das gut, weil ich so die Kraft in meinen Händen und Beinen erhalten kann“, sagt sie.

Im Kletterturm könnten sogar Schwerstbehinderte Spaß haben, sagt Holzinger: „Die werden einfach hochgezogen. Das ist wichtig für Menschen, die den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen und von unten hochschauen müssen.“ Für Rollstuhlfahrer hat sie extra eine Bodenklappe einbauen lassen: Mit dem Rollstuhl kann man durch die Stallgasse unters Silo fahren, von dort wird man hochgezogen.

50 000 Euro hat der Umbau gekostet, zum größten Teil wurde er durch Spenden finanziert. Aber Christine Holzinger will noch mehr. „Mein Traum sind zwei Kletter-Außenrouten, die auf eine Dachterrasse führen. Von da oben hat man eine herrliche Aussicht.“ Und könnte die Vögel sehen, die man drinnen nur zwitschern hört. 4500 Euro würden die Außenanlagen kosten, sagt Holzinger. „Aber die werden wir auch noch irgendwann zusammenbringen.“

Öffnungszeiten

Der Kletterturm ist jeden ersten Samstag im Monat von 14.30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Am Eröffnungssamstag ist der Eintritt frei, danach bezahlen Mitglieder des Vereins Hippoteam fünf Euro, Nicht-Mitglieder sieben Euro. Spenden für die Außenrouten können auf das Konto 2060167, BLZ 77069746 überwiesen werden.