Kleinstparteien: Auf Ochsentour

Von Thorsten Gütling
Suchen Unterstützer, damit die Satire-Partei Die Partei bei der Landes- und Bezirkstagswahl im Herbst antreten darf (von links): Kerstin Schott, Andreas Roensch und Frank Schern. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Die Parteien sammeln. 850 Unterschriften müssen in Oberfranken zusammen kommen, damit zur Land- und Bezirkstagswahl zugelassen wird, wer bei der vergangenen Wahl weniger als 1,25 Prozent der Stimmen bekam. In Bayern sind die Hürden damit höher, als in allen anderen Bundesländern und auch als auf Bundesebene. Sie betreffen aber auch weniger Parteien.

 
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Die Satire-Partei Die Partei sammelt nicht nur, sie schimpft auch. Auf die CSU, die die Hürden aus Angst vor Machtverlust in Bayern höher gelegt habe, als anderswo. Um es als kleine Partei auf den Stimmzettel zur Landtagswahl zu schaffen, sind mehr Unterstützer nötig, als bei der Bundestagswahl vor einem Jahr. Dafür mussten Kleinstparteien im vergangenen Jahr in Bayern 2000 Unterstützer nachweisen. 8277 sind für die Landtagswahl nötig. Zum Vergleich: In Hessen und Nordrhein-Westfalen sind es nur 1000. Die Partei nennt das undemokratisch.

Entscheidend darüber, wieviele Unterstützer eine Partei im Vorfeld der Landtagswahl braucht, ist die Wahlbeteiligung in dem jeweiligen Wahlkreis bei der vergangenen Landtagswahl. Die Parteien brauchen ein Tausendstel der Stimmen, die sich an der vorherigen Wahl beteiligt haben, höchstens aber 2000. In Oberfranken sind 850 Unterschriften nötig, in Oberbayern 2000 und um in ganz Bayern im Oktober auf dem Wahlzettel zu stehen, werden 8277 gebraucht.

Bis Anfang Juli haben die Parteien Zeit

Seit Januar sammelt Kerstin Schott, Mitglied von Die Partei, und hat mittlerweile etwa die Hälfte der Unterstützer zusammen. Weil es mühsam sei, die Bürger vereinzelt anzusprechen, das Prozedere zu erläutern und den Satire-Charakter der Partei zu erklären, sammeln Schott und ihre Mitstreiter vor Kneipen und auf Veranstaltungen. Bei Demonstrationen gegen Rechts zum Beispiel, am Rande von Konzerten und Kabarett-Veranstaltungen. An Orten also, an denen man der Satire-Partei grundsätzlich wohlgesinnt sei.

So macht das auch die V-Partei, die sich für „Veränderung, Vegetarier und Veganer“ einsetzt. Bettina Granegger Schriftführerin im Bezirksvorstand, erzählt von Aktionstagen vor dem Schlachthof, an dem Unterschriften gesammelt worden seien. Dass das mühsam ist, zeigt die Ausbeute. Etwa 40 Unterschriften kämen an einem solchen Tag zusammen, 20 solcher Tage wären also nötig.

Helmut Wolff ist der Landesvorsitzende der Tierschutzpartei. Er spricht von einer „Ochsentour“. Die Partei, die sich eigentlich Partei für Mensch, Umwelt, Tierschutz nennt, gehe in diesem Jahr zum ersten Mal in ihre 25 Jahre alten Geschichte auf Unterstützerfang für die Landtagswahl in Bayern. Zuvor habe es immer geheißen, man schaffe es sowieso nicht auf die Liste. Die Begründung, wonach zunächst Unterstützung aus der Bevölkerung nachgewiesen werden müsse, könne er nicht nachvollziehen. Die Tierschützer seien bereits für Bundestags- und Europa-Wahlen angetreten und hätten vergangenes Jahr 0,9 Prozent der Stimmen in Bayern geholt. Am schwierigsten sei es, über Wochenenden hinweg die Unterschriftensammler bei der Stange zu halten, sagt Wolff. Zur Belohnung, hoffe er, dass es der ein oder andere in den Bezirkstag schaffe, wo es keine Prozenthürde gebe.

Landeswahlleiter widerspricht

Der stellvertretende Landeswahlleiter, Werner Kreuzholz, nimmt das bayerische Wahlrecht in Schutz. Das Wahlrecht sei 2003 geändert worden und bei der Landtagswahl 2008 zum ersten Mal zur Anwendung gekommen. Zuvor hätten in Oberbayern 1000 und in allen anderen Bezirken 500 Unterstützer ausgereicht. Mit der Änderung werde der Größe der Wahlkreise besser Rechnung getragen. Die Zahl sei „maßvoll erhöht“ worden um „die Ernsthaftigkeit der Vorschläge zu gewährleisten“. Splittergruppen, ohne Aussicht auf Erfolg, sollten damit von vornherein ausgeschlossen werden. Kreuzholz sagt, in anderen Bundesländern würden zwar weniger Unterstützer benötigt, dem Prozedere müssten sich dafür aber mehr Parteien unterziehen. Nämlich all jene, die noch nicht in Land- und Bundestag säßen und somit die Fünf-Prozent-Hürde noch nicht geknackt hätten. In Bayern liege die Hürde mit 1,25 Prozent vergleichsweise niedrig.

Im Kulmbacher und Bayreuther Rathaus heißt es, die Prüfung der Unterschriften sei für die Stadt mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Die persönlichen Angaben aller Unterstützer müssten geprüft und dokumentiert werden. Die Stadt dürfe aber nur festhalten, für welche Wahl die Personen eine Unterstützung unterschrieben haben, nicht aber für welche Partei. Sechs Monate nach der Wahl müssten die Daten wieder gelöscht werden.

Unterstützer und das Strafrecht

Die Stadt weiß darauf hin, dass Parteien und Gruppierungen für das Sammeln von Unterschriften im Stadtgebiet grundsätzlich einen angemeldeten Infostand benötigen. Dieser koste 5,11 Euro pro Tag, einmalig fielen zudem 20 Euro Verwaltungsgebühr an. Für die bei Wahlen zugelassenen Parteien seien die ersten 20 Infostandtermine frei. Die Gebührenbefreiung gelte jedoch nur ab sechs Wochen vor der Wahl, ansonsten fielen ebenfalls Gebühren an. Wird ein Infostand beantragt um Unterschriften zu sammeln, müsse der Stadt zuvor mitgeteilt werden, zu welchem Zweck diese Sammlung erfolgt. Auf den Formblättern, die die Parteien zur Sammlung von Unterschriften verwenden, müsse ein Stempel der Regierung von Oberfranken sein. Jede Person darf nur eine Partei unterstützen und mache sich andernfalls der Wahlfälschung strafbar. Für die Landtagswahl am 14. Oktober sind aufgrund des Stimmenergebnisses bei der vergangenen Wahl ohne Unterstützerlisten zur Wahl zugelassen: CSU, SPD, Freie Wähler, Grüne, FDP, Linke, Bayernpartei, ÖDP, Piratenpartei und AfD.

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