Eichenprozessionsspinner am Rehberg

Von Sonny Adam
Stefan Nicklas ist bei seiner Arbeit komplett vermummt – denn nur so ist er von den Brennhaaren geschützt. Foto: Sonny Adam Foto: red

Eichenprozessionsspinner-Alarm in Kulmbach: Ausgerechnet auf den großen schönen Eichen am Naturlehrpfad – gleich beim Rehbergpavillon – haben sich die Raupen niedergelassen. In den nächsten Tagen wird Baumkletterer Stefan Nicklas die Eichenprozessionsspinnernetze aufsammeln.

 
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Von der Ferne sieht man das netzartige Gebilde am Stamm der uralten Eiche am Rehberg fast gar nicht. Und doch ist es da: ein Nest des Eichenprozessionsspinners, das aussieht wie ein Gewirr aus Spinnenfäden. Erst auf dem zweiten Blick lassen sich die behaarten Raupen erkennen. Sie haben weiße Haare. „Das sind aber nicht die Brennhaare, die weißen Haare sind harmlos. Zwischen den weißen Haaren sitzen die braunen Brennhaare“, erklärt Försterin Carmen Hombach.

Die Försterin hat bei einem Rundgang durch die Kulmbacher Wälder das feine weiße Gespinst entdeckt. „Die Raupen befinden sich ungefähr im fünften Larvenstadium und sind schon gefährlich“, erklärt die Förstern. Wenn man die Eichenprozessionsspinnerlarven vor dem dritten Larvenstadium erwischt, könnten sie mit dem „Bacillus thuringiensis“ behandelt werden. Ein natürliches Präparat, das die Larven absterben lässt. Doch die Eichenprozessionsspinner sind bereits weiter entwickelt. Ab dem dritten Larvenstadium haben die Raupen bereits die Brennhaare, die so unangenehm sind. „Wenn man mit den Brennhaaren in Kontakt kommt, kann es Haut- und Schleimhautreaktionen bis zur Atemnot geben“, warnt die Försterin. Sogar das Berühren von verlassenen Gespinsten hat noch Auswirkungen.

Am Rehberg sind mindestens 18 Bäume befallen. Auch die Eichen direkt neben dem Pavillon. Einige Nester sind in Bodennähe, einige in großer Höhe. „Ich habe sofort das gesamte Areal absperren lassen. Das ist eine nötige Vorsichtsmaßnahme. Man kann nicht warten, bis jemand mit den Raupen in Berührung kommt“, mahnt Hombach und weiß, dass auch Hunde Probleme bekommen können.

„Vorsicht – Allergiegefahr durch Eichenprozessionsspinner“ steht auf den Schildern, die die Försterin angebracht hat. Immer wieder erklärt sie Spaziergängern, dass die Eichenprozessionsspinner keine „normalen“ Raupen, sondern sehr gefährlich sind.

Die Nester werden jetzt fachgerecht von Baumkletterer Stefan Nicklas entfernt. „Ich bin seit 2003 Baumpfleger. In den ersten Jahren gab es die Eichenprozessionsspinner noch nicht, aber jetzt nehmen sie überhand. Letztes Jahr war ganz schlimm.“ Hunderte Nester hat Nicklas schon entfernt. Er klettert auf die Bäume und holt die Nester und die Raupen herunter. Natürlich in Schutzkleidung mit Handschuhen, langen Hosen, Atemschutzmaske und Schutzbrille. Trotzdem bekomme er immer wieder einige Brennhaare ab. „Man bekommt einen furchtbaren Ausschlag. Das dauert Wochen.“ Die Brennhaare enthalten den Wirkstoff Thaumetopoein, der die allergischen Reaktionen auslöst. Die Raupenhaare behalten ihre unangenehme Wirkung zehn Jahre lang, erklärt Hombach. die Försterin warnt auch Waldarbeiter. „Auf keinen Fall darf man die Nester abflammen oder mit einem Wasserstrahl abspritzen.“

Wenn der Baumkletterer zu Werke geht, lässt er größte Vorsicht walten. Um die Brennhaare zu binden, verwendet er richtig stark klebendes Haarspray. Bei seinem Einsatz assistieren ihm Maximilian Wagner von den Stadtwerken Kulmbach und Rüdiger Haberstumpf, ein Anwohner. Dann pflückt der Baumpfleger mit seinen Einmalhandschuhen die Nester und Raupen ab und verpackt sie in Plastikbeutel. „Der Eichenprozessionsspinner hat so gut wie keine Feinde. Nicht einmal Vögel holen die Raupen“, sagt die Försterin. „Die Fraßschäden beeinträchtigen die Eichen selbst nicht. Das Problem liege nur darin, dass Menschen mit den Brennhaaren oder mit den Nestern in Verbindung kommen könnten.

Hintergrund: Darum sind Eichenprozessionsspinner gefährlich

(kfe). Der Eichenprozessionsspinner ist ein unauffälliger Nachtschmetterling. Gefährlich sind bei dem Insekt die Haare. Denn die Raupenhaare sind hochallergen und können beim Menschen zu akuten gesundheitlichen Gefährdungen führen. Besonders die Nester der Raupen sind mit giftigen Haaren verseucht und dürfen keinesfalls berührt werden. Wenn die Nester beseitigt werden, müssen auch die Arbeiter dabei Ganzkörperschutzanzüge und Atemschutzmasken tragen.

Als Forstschädling war die Art in Bayern bis Anfang der 90er-Jahre relativ unbedeutend, da sich das wärmeliebende Insekt hier am Rand seines Verbreitungsgebietes befand. Doch die warme und trockene Witterung hat in den letzten Jahren zu einer Ausweitung des Vorkommens geführt. In Unterfranken rund um Schweinfurt gibt es den Eichenprozessionsspinner schon länger, hier laufen seit Jahren Bekämpfungsmaßnahmen.

Sollte ein Spaziergänger an anderer Stelle ein Nest entdecken, sollte er unbedingt Abstand halten. Und den Fund dem Forstbetrieb melden. Auch halten sich die feinen Härchen relativ lange an Stämmen und im Waldboden.

 

Mehr dazu:

Bayreuth: Eichenprozessionsspinner an der Hohen Warte

 

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