Kirchentausch in Bayreuth

Von Norbert Heimbeck
Kuriose Bayreuther Kirchengeschichte: Die Stadtkirche war einst katholisch und ist heute evangelisch, die Schlosskirche (rechts) wurde von den protestantischen Markgrafen erbaut und ist heute katholische Pfarrkirche. Foto: Karlheinz Lammel/Archiv Foto: red

Es ist ein Kuriosum: Die Bayreuther Stadtkirche, Ende des zwölften Jahrhunderts als St. Maria Magdalena von den Katholiken erbaut, ist heute evangelisch. Und die Schlosskirche, 1665 unter dem protestantischen Markgrafen Christian Ernst erbaut, ist heute Pfarrkirche für die Bayreuther Katholiken. „Es hat der Ökumene nie geschadet, dass Markgräfin Wilhelmine in der Schlosskirche beigesetzt ist“, sagt Hans-Helmut Bayer.

 
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In Bayers Amtszeit als Pfarrer der Stadtkirche fiel die Generalsanierung des maroden Gotteshauses von 2006 bis 2014: „Ich bin 2001 nach Bayreuth gekommen. Zuvor hatte ich zwölf Jahre lang als Krankenhausseelsorger in der Psychiatrie in Günzburg gearbeitet. Ich wollte mich in Bayreuth wieder verstärkt um die Seelsorge kümmern, als mir buchstäblich die Trümmer vom Dach der Stadtkirche vor die Füße fielen.“ Während der Sanierungsjahre gewann Hans-Helmut Bayer Einblicke in die Historie der Stadtkirche, wie sie wohl nur wenige Menschen haben.

Freiheit geschnuppert

„Es gab immer wieder Versuche, die Reformation zurückzudrehen“, sagt Bayer, „aber die Bayreuther hatten Freiheit geschnuppert.“ Eine Höllenangst habe das Leben der Menschen bestimmt. Die katholische Kirche habe daraus ein Geschäftsmodell gemacht und den Ablasshandel entwickelt: „Aus dieser Situation heraus ist die Reformation entstanden“. Es ging darum, die Menschen aus ihrer geistigen Enge in die Freiheit zu führen. Endgültig festigte Markgraf Georg Friedrich 1556 das evangelische Kirchenwesen in Bayreuth, indem er die Dekanate einführte.

Katastrophe für die Stadt

1603 verlegte Markgraf Christian, ein Vetter Georg Friedrichs, die Residenz von Kulmbach nach Bayreuth. Die Stadtkirche wird zur Hauptkirche der Markgrafschaft. „Schon 1605 ereilt Bayreuth die Katastrophe“, sagt Hans-Helmut Bayer: „Beim Stadtbrand wird die Kirche völlig zerstört.“ Christian schickte daraufhin „Bettelbriefe bis in die entlegensten Teil seines Landes und rief zum Wiederaufbau der Stadtkirche auf,“ sagt Bayer. Der erfolgte von 1611 bis 1614. „Man entschied sich damals für eine Gewölbedecke“, sagt Bayer, „die auch im Falle eines Brandes nicht einstürzen, sondern sich selbst tragen würde.“ Beim nächsten großen Stadtbrand im Jahr 1621 funktionierte das wie geplant, allerdings schlug der einstürzende Nordturm ein Loch ins Dach.

Endgültig überregionale Bedeutung gewann die Stadtkirche, als sie zur Grablege der Markgrafen bestimmt wurde. Bis 1733 wurden 26 Mitglieder der Adelsfamilie hier bestattet. Bei der Sanierung wurden die Sarkophage freigelegt und können jetzt besichtigt werden.

Vom Marstall zur Pfarrkirche

Das alte Schloss in Bayreuth wurde im 16. und 17. Jahrhundert im Renaissancestil erbaut. Unter Markgraf Christian Ernst wurde 1665 im Ostflügel eine Kirche errichtet. Nach einem Brand im Jahr 1753, bei dem Schloss großteils zerstört wurde, wurde beschlossen, eine neue Residenz zu bauen und die Hofkirche an alter Stelle zu errichten. An Ostern 1758 wurde die Schlosskirche eingeweiht; im Herbst desselben Jahres starb Wilhelmine und wurde in der Kirche beigesetzt. Friedrich III. folgte Wilhelmine im Jahr 1763, ihre Tochter Elisabeth Friederike starb 1780.In der Franzosenzeit wurde die Schlosskirche als Marstall genutzt, sagt Hans-Helmut Bayer: „Die Sarkophage haben die Franzosen nicht gestört.“ Als Bayreuth dann dem Königreich Bayern zugeschlagen wurde, durfte sie wieder als Kirche genutzt werden. Seit 1812 dient der Markgrafenbau nun als katholische Pfarrkirche.

So kam das Kreuz auf den Turm

Der Turm war übrigens von Anfang an ein Glocken- aber kein Kirchturm. Das Kreuz auf seiner Spitze trägt er erst seit 1964. Am 25. Mai hatte die Kirchengemeinde einen Bauantrag auf Anbringung des Kreuzes gestellt. Allerdings fiel die Sitzung des Bauausschusses aus, der die Genehmigung hätte erteilen müssen. Irgendwie kam das Kreuz dennoch auf die Turmspitze. Angeblich soll der damalige Stadtpfarrer Schley mit Oberbürgermeister Hans-Walter Wild einen entsprechenden Plan ausgeheckt haben. Obwohl der Stadtrat kontrovers diskutierte, blieb das Kreuz oben.

Kirchentausch ist nur Legende

Hartnäckig hält sich die Legende, dass im Austausch gegen die Schlosskirche die Bamberger Protestanten eine katholische Kirche erhalten hätten. „Das stimmt so nicht,“ sagt Bayer. St. Stephan, um diese Kirche handelt es sich, war von Kaiserin Kunigunde gestiftet worden und fiel im Zuge der Säkularisation 1803 den bayerischen Kurfürsten anheim. Wegen der kuriosen Entwicklung, dass im katholischen Erzbistum immer mehr evangelische Beamte tätig waren, wurde diesen im Jahr 1807 schließlich die Kirche St. Stephan zugebilligt.

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