Kirche wirft Mesner raus

Von Thorsten Gütling
Sieben Jahre lang war Wolfgang Hofmann der Mesner der Kirche St. Ägidius in Eckersdorf. Warum er gehen muss, darüber gibt es zwei verschiedene Geschichten. Archivfoto: Ronald Wittek Foto: red

Hat der Kirchendiener der Pfarrgemeinde Eckersdorf sich über Jahre hinweg bereichert? Am Geld, das Trauernde für Chor, Sarg- und Kreuzträger gegeben haben? Ein anonymes Schreiben behauptet das. Und tatsächlich ist der Mesner seit Oktober beurlaubt. Etwas falsch gemacht haben will er aber nicht.

 
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Ein Brief erreicht die Redaktion. Anonym, unterzeichnet: „eine Eckersdorferin“. Darin ist die Rede davon, dass das Pfarramt in Eckersdorf „ein Verbrechen vertuscht“. Zur Trauer käme bei Beerdigungen in Eckersdorf noch das Gefühl hinzu, betrogen worden zu sein. Weil der Mesner seit Jahren in die Trinkgeldkasse greife und das Pfarramt dazu schweige.

"Ich habe es nicht nötig, in irgendeine Kasse zu greifen"

Wolfgang Hofmann ist der Mesner der Pfarrgemeinde Eckersdorf. Ein Mesner ist soetwas wie der Hausmeister der Kirche. Seit sieben Jahren macht Hofmann das schon, „ohne einen Fehltag“, wie er sagt. Der 59-Jährige hat früher auf dem Bau gearbeitet, ist mit seinem Mesnergehalt von rund 1400 Euro Netto zufrieden, bezeichnet sich selbst als „ehrlichen, deutschen Bürger“ und sagt: „Ich habe es nicht nötig, in irgendeine Kasse zu greifen.“

Im Gemeindeblatt steht plötzlich kein Mesner mehr

Ist der Vorwurf also unbegründet? Warum stehen in jeder Ausgabe des Gemeindebriefs der vergangenen Jahre Name und Rufnummer des Mesners, nur in der aktuellen nicht? Warum ist dort von einem Wechsel auf der Mesnerstelle zum 1. Januar die Rede, aber ohne Begründung?

Man hat beschlossen, keine Auskunft zu geben

Pfarrer Reinhard Schübel will sich dazu eigentlich nicht äußern. Man habe beschlossen, keine Auskunft zu geben. Er und der Kirchenvorstand. Das Arbeitsverhältnis des Mesners sei in beiderseitigem Einverständnis beendet worden. Auf Nachfrage gibt Schübel dann aber doch zu, dass es ein Problem gibt und das schon seit dem Sommer. Und dass niemand so genau weiß, wieviel Geld der Mesner genommen hat. So genau wolle man das aber auch gar nicht wissen. Sonst hätte man ja Anzeige erstattet.

Eine Art "freiwilliges Muss"

Dass er etwas genommen hat, das will der Mesner nicht stehen lassen. Bei dem Trinkgeld handle es sich um eine Art „freiwilliges Muss“, erklärt er. Die Höhe dessen, was die vier Sargträger, der Kreuzträger und die Mitglieder des Chores bei Beerdigungen bekommen, ist nirgendwo festgeschrieben. Der Betrag erscheint auf keiner Rechnung. Man erfährt ihn als Trauernder auf Nachfrage und nachfragen würden sie alle. Je nach Aufwand der Beerdigung bekämen die Trauernden dann einen Trinkgeldwunsch um die 180 Euro genannt.

Ein Ausgleich für Überstunden

Vor drei Jahren, sagt Hofmann, habe er Pfarrer Schübel einmal auf seine Überstunden angesprochen. Er sei schließlich nicht nur für etwa 20 Beerdigungen pro Jahr in Eckersdorf zuständig, sondern auch für die Vorbereitung der Kirche auf Gottesdienste und für den Kindergarten. Er werde aber nur für 33 Stunden die Woche bezahlt. Darum habe man sich darauf geeinigt, dass er seine Überstunden nicht aufschreibe, sondern einen Teil des Trinkgelds bei Beerdigungen bekomme. Hofmann spricht von jeweils 35 Euro.

Keine Zeugen, kein Vertrag

Leider gibt es dafür keine Zeugen und auch keinen Vertrag. Hofmann sagt: „Da haben halt zwei Mannsbilder zusammengestanden und sich die Hand drauf gegeben.“ Nur will der Pfarrer davon nichts wissen. Das sei eine völlig falsch Darstellung und treffe nicht zu, sagt Schübel. Von der Praxis des Mesners „haben wir bis Juni nichts gewusst“.

Der Pfarrer, ein "ganz besonders gewissenhafter Mann"

Wir, das heißt: der Kirchenvorstand. Ulrike Parchent ist dort die Vorsitzende. Und sie hält es für ausgeschlossen, dass der Pfarrer eine solche Abmachung ohne Rücksprache mit dem Kirchenvorstand gemacht hat. Es gebe schließlich nichts, was der Pfarrer nicht mit dem Gremium bespreche. Schübel sei „ein ganz besonders gewissenhafter Mann“. Parchent sagt: „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“ Und hätte es eine solche Abmachung gegeben, dann wäre es auch des Mesners Pflicht gewesen, das dem Kirchenvorstand mitzuteilen.

"Ich habe seitdem keine Schuld mehr auf mich genommen"

Und so kam, was kommen musste. Im Juni beschwerte sich ein Trauernder, weil er gehört hatte, dass ein Teil des Trinkgelds an den Mesner gehen sollte. Hofmann wurde abgemahnt. Er sagt, er habe jene 35 Euro daraufhin zurückgegeben und beteuert: „Ich habe seitdem keine Schuld mehr auf mich genommen.“ Entlassen wurde er im Oktober trotzdem. Weswegen Hofmann einen Anwalt eingeschaltet hat. Weil er glaubt, dass jemandem im Kirchenvorstand sein Gesicht nicht gefällt und er deswegen jetzt mit 59 Jahren ohne Job dasteht. Parchent dagegen sagt: „Diese Sache ist vom Tisch.“

Betrogene sollen sich melden

Wer glaubt, in der Vergangenheit bei Beerdigungen betrogen worden zu sein, solle sich beim Kirchenvorstand melden. Man werde der Sache dann nachgehen.

Einen Kommentar zum Thema lesen Sie hier.

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