Kino: "Willkommen bei den Hartmanns"

 Foto: red

Eine turbulente Komödie mit Senta Berger, Heiner Lauterbach und Elyas M'Barek über die Aufnahme von Flüchtlingen. Unsere Kino-Jury hat sich den Film schon einmal angeschaut.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Monika Birner (29) aus Gesees:

Mann kann oft und sehr herzhaft lachen

"Simon Verhoeven hat die Flüchtlingsthematik in Deutschland ganz gut aufgegriffen. In der heutigen Zeit finde ich es gut, dass sich die Macher an so einen Film herangetraut haben. Es wird mit allen Klischees gespielt, die es dabei so gibt. Da gibt es typische "Gutmenschen", da gibt es dumme Rechte, die sich mit Fackeln vor eine Tür stellen und gegen Flüchtlinge demonstrieren und Menschen, die zwar keine Ahnung vom Leben von Flüchtlingen haben, aber überall ihren Senf abgeben müssen. Dabei bleibt Verhoeven aber auf einem sehr einfachen Level, damit es auch wirklich jeder verstehen kann. Er wollte aber sicher auch keinen ernsten Film machen, sondern sich auf lockere Art und Weise dem Thema Flucht nähern. Es werden viele Geschichten erzählt. Diallo will einfach nur friedlich hier leben, die Ehe von Angelika und Richard Hartmann ist jetzt auch nicht mehr die tollste, Sohn Philipp muss sich entscheiden, ob sein Job oder sein Sohn wichtiger für ihn ist und Tochter Sophie sucht verzweifelt ihren Platz im Leben. Manche Filme schaffen es ja nicht, so viele Handlungsstränge ordentlich in einen Film zu packen, bei ,Willkommen bei den Hartmanns' klappt das überraschend gut. Was da gezeigt wird, ist größtenteils sehr lustig - man kann oft und sehr herzhaft lachen. Und man kann irgendwie mit allen Rollen ein wenig mitfühlen. Das hat mir gut gefallen. Ein Manko hat der Film aber auch: Er ist manchmal dann doch sehr unrealistisch und zu überspitzt." yesyesyesyes

Laura Ebert (26) aus Bayreuth:

So war mir das doch etwas zu platt

"Mich konnte ,Willkommen bei den Hartmanns' nur halb überzeugen. Meiner Meinung nach hätte man das Flüchtlingsthema etwas tiefgründiger angehen können - so war mir das doch etwas zu platt. Es spricht nichts dagegen, dass man mit Witz an das Thema geht. Das fand ich auch gar nicht so schlecht. Vielleicht habe ich aber auch zu viel vom Film erwartet. Ich glaube, man wollte einfach einen Feel-Good-Movie machen, mit dem jeder zurecht kommen kann. Dabei hat der Film auch gute Momente: Beispielsweise wenn Diallo in der Schule von seinem Leben und seiner Flucht erzählt. Das wird sehr ernst gezeigt, und das hat der Film zwischen den vielen Witzen auch gebraucht. Von denen hätte ich mir mehr gewünscht. Denn mein Hauptproblem, das ich mit dem Film habe, ist, dass ich emotional überhaupt nicht abgeholt wurde. Eben weil man viel mehr Wert auf den Humor gelegt hat. Die Geschichten, die um Diallos Geschichte geformt wurden, werden allesamt sehr unterhaltsam erzählt. Die Familie, die aus ihrer eingeschränkten Denkweise und ihrer Wohlfühloase ausbricht und ihre Vorurteile abwirft, wird interessant dargestellt. Auch die Geschichten von Philipp und seiner Schwester Sophia haben was, keine Frage. Eric Kabongo als Diallo kommt sehr sympathisch rüber, den Rest kennt man ja schon aus vielen deutschen Filmen. Er ist ja gespickt mit bekannten Schauspielern. Gut besetzt auf der einen Seite, auf der anderen Seite kann man manche Schauspieler auch langsam nicht mehr sehen, weil sie in fast jeder Komödie mitspielen, hat man den Eindruck. ,Willkommen bei den Hartmanns' ist sicher ein Film für die ganze Familie, besonders für Kinder und Jugendliche ist er interessant." yesyesyes

Alexander Bauer im Auftrag der Kurier-Redaktion:

Kein Film, der nur ein Schwarz-Weiß-Bild zeichnet

"Das besorgte Bürgertum und sonstige Rassisten und Ewiggestrige müssen jetzt stark sein, denn in ,Willkommen bei den Hartmanns" geht es um Flüchtlinge, und zwar um die, die einfach nur in Frieden in Deutschland leben wollen. Wie Diallo (Eric Kabongo), der vor der Terrorgruppe Boko Haram aus Nigeria geflüchtet ist und in München ein neues Leben beginnen will. Dort wird er von den Hartmanns aufgenommen. Mutter Angelika (die großartig von Senta Berger gespielt wird) will Menschen helfen, nicht ganz uneigennützig, denn seit sie Rentnerin ist, fühlt sie sich ziemlich allein in ihrer großen Villa. Ihr Mann Richard (Heiner Lauterbach) steckt in einer verspäteten Midlife-Crisis und versucht, mit einem Facebookaccount und etwas Botox den Rest Jugendlichkeit zwischen der Spießigkeit in ihm zu retten. Er darf den Part des voreingenommenen Deutschen übernehmen, der zwar viel Meinung, aber wenig Ahnung hat und lieber jedes Vorurteil auf den Tisch klatscht, das man von Flüchtlingen haben kann. Für Sohn Philipp (Florian David Fitz) sind die "meisten" Flüchtlinge Sozialschmarotzer, für Tochter Sophie (Palina Rojinski) ist es klar, dass man den Flüchtlingen helfen muss, damit sie in Deutschland Fuß fassen können. Da ist es klar, dass in dem Quartett viel Diskussionsbedarf besteht. Regisseur Simon Verhoeven wollte mit ,Willkommen bei den Hartmanns' keinen Film machen, der wieder einmal nur ein Schwarz-Weiß-Bild von der Flüchtlingssituation zeichnet, sondern einen witzigen und unterhaltsamen Familienfilm, bei dem nicht nur mit dem Zeigefinger auf das rechte Bürgertum gezeigt wird, sondern auch vermeintliche "Gutmenschen" durch den Kakao gezogen werden. Dabei schafft er es aber auch, sehr emotional die Leidensgeschichten vieler Flüchtlinge in der Person des Diallo zu erzählen." yesyesyesyes

 

Autor