Bei jungem Flüchtlingspaar sieht Verwaltung keinen Handlungsbedarf - Jetzt entscheidet das Verfassungsgericht Kinder-Ehen: Stadt lässt Einzelfall zu

Von Frank Schmälzle
Grundsätzlich ist man in Deutschland im Alter von 18 Jahren ehemündig. Doch was tun mit minderjährigen, verheirateten Flüchtlingen? Das muss jetzt das Bundesverfassungsgericht klären. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Sind Ehen von minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland gültig? Mit diesem Problem beschäftigen sich Gerichte in Franken und inzwischen auch die Politik. Auch in Bayreuth gibt es einen solchen Fall.

 
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Der Fall, der alles ins Rollen brachte: Am 27. August 2015 kommt ein junges Ehepaar aus Syrien in Deutschland an. Sie sind über die Balkanroute geflohen. Er ist 21 Jahre alt, sie 15. Sie sind nicht nur nach syrischem Recht Mann und Frau, sie sind auch Cousin und Cousine. Das Jugendamt in Aschaffenburg greift ein, erkennt die Ehe nicht an, trennt die Jugendliche von ihrem Mann und setzt sich selbst als deren Vormund ein. Dagegen klagt der Ehemann. Und scheitert vor dem Familiengericht. Die deutschen Regelungen für Minderjährige gelten, nicht das Sharia-Recht.

Das Oberlandesgericht in Bamberg entscheidet anders, erkennt die Ehe als rechtskräftig an. Das hätten ein Auszug aus dem Zivilregister und eine Bestätigung des Sharia-Gerichtes belegt, schreibt die in Würzburg erscheinende Tageszeitung "Mainpost". Aber: Wegen der grundsätzlichen Bedeutung seiner Entscheidung lässt das Oberlandesgericht eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof zu.

Der Bayreuther Fall: Auch der tauchte im vergangenen Jahr auf. Ein Flüchtlingsehepaar kam in der Stadt an. Er nach deutschem Recht volljährig, sie minderjährig, aber älter als 16 Jahre. Die Stadtverwaltung hat die Sache geprüft, sagt Sozialreferent Carsten Hillgruber. "Die beiden jungen Leute sind nachweislich nach dem Recht ihres Herkunftslandes verheiratet und haben sehr deutlich signalisiert, dass sie auch verheiratet sein wollen." Deshalb habe die Verwaltung keinen Anlass gesehen, gegen das Ehepaar vorzugehen. Laut Hillgruber sind sie gemeinsam untergebracht und leben gemeinsam. Ob das auch in zukünftigen Fällen so gehandhabt wird? "Das kommt auf den Einzelfall an." Im Paragraf zur Ehemündigkeit in Deutschland heißt es: Eine Ehe soll nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Das Familiengericht könne eine Befreiung von dieser Vorschrift erteilen, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger Ehegatte volljährig ist.

Das Bundesverfassungsgericht muss ran: Wie auch die Stadt Bayreuth in Zukunft mit Kinderehen umgeht, wird jetzt das Bundesverfassungsgericht klären. Die Stadt Aschaffenburg hat inzwischen Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Bamberg eingelegt. Offiziell heißt es aus dem Aschaffenburger Rathaus dazu: "Die Stadt hat entschieden, eine grundsätzliche Klärung der Rechtsfrage herbeizuführen, ob Eheschließungen im Ausland, bei denen mindestens ein Ehepartner noch unter 16 Jahren alt ist, vor dem deutschen Gesetz anerkannt werden oder nicht." Was ganz im Sinne des bayerischen Justizministers Winfried Bausback (CSU) ist.  Der Mainpost sagte der Minister: "Der Minderjährigenschutz ist in unserer Rechtsordnung ein hohes Gut und Verfassungsauftrag." Er ließ auch durchblicken, welche Entscheidung seiner Position entsprechen würde. Bei der Frage, ab wann eine Person ehemündig ist, sollte künftig stets deutsches Recht gelten.

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