Da hört der Spaß auf: Wenn Anwohner über Kerwa-Lärm klagen, müssen Bürgermeister vermitteln Kerwa zwischen Spaß und Lärm

Von Heike Hampl
Kreisheimatpfleger Rüdiger Bauriedel mit einem Nachbau einer "Bierpitschn". Der Geseeser kennt sich aus mit Kerwa-Traditionen. Und er sagt: Die Zeltkerwa ist die logische Konsequenz aus dem Wirtshaussterben. Foto: Wittek Foto: red

Kerwa, das bedeutet Feiern und Trinken. Kerwa bedeutet aber auch Gemeinschaft und Tradition. Dazwischen stehen manchmal Anwohner, die sagen: Kerwa stört. Dann müssen Bürgermeister vermitteln. Nicht immer mit Erfolg.

 
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Patrick Meyer redet sich schnell in Rage, wenn es um die Pittersdorfer Kerwa geht. „Ich sage das nicht als ehemaliger Kerwa-Bursch, sondern als Bürgermeister: Kerwa ist Kerwa. Und Kerwa ist wichtig.“ Der Hummeltaler Bürgermeister versucht seit Monaten, zwischen Anwohnern und dem Pittersdorfer Burschenverein zu vermitteln. Die einen wollen ihre Ruhe, die anderen ein gelungenes Fest. Meyer steht dazwischen, er hat einen Kerwa-Dialog ins Leben gerufen. Seine Hoffnung: Wer miteinander statt übereinander spricht, der findet Kompromisse.

Sich annähern

Die sehen etwa so aus: Am Freitagabend gibt es nun leisere Musik als bisher. „Die Burschen haben sich auf die Anwohner zubewegt“, sagt Meyer. Und er macht klar, dass er das im Gegenzug auch von den Anwohnern erwartet habe. „Allerdings war nicht jeder dazu bereit.“

Stattdessen, so Meyer, wolle eine betroffene Anwohnerin nun klagen. Die will sich im Gespräch mit dem Kurier dazu nicht äußern. Die drohende Klage frustriert den Bürgermeister, der gehofft hatte, vermitteln zu können. „Ich will niemandem das Recht auf seine Nachtruhe absprechen. Aber als Bürgermeister fühle ich mich auch für das soziale Leben in meiner Gemeinde verantwortlich. Und da spielt die Kerwa gerade im Ortskern eine Rolle.“ Einen Zapfenstreich um 22 Uhr, wie gefordert, akzeptiert Meyer nicht. Er plädiert weiter für 2 Uhr.

"Anwohner müssen das aushalten"

Sybille Pichl versteht ihren Amtskollegen. Die Eckersdorfer Bürgermeisterin hat in einem ähnlichen Streit schlichten müssen, auch in Donndorf ging es um Sperrzeiten. Die Wirtshauskerwa des Gasthauses Goldener Pfau hatte Anwohner gestört. Auch Pichl musste Kerwa-Burschen und Anwohner an einen Tisch bringen. „Es war gar nicht einfach, bis alle bereit waren, überhaupt miteinander zu reden“, sagt sie. Doch auch sie kämpfte für die Kerwa-Tradition: „Kerwa ist einmal im Jahr. Das müssen Anwohner dann eben mal aushalten.“

Eckersdorf hat mehr als 5000 Einwohner in 22 Ortsteilen. Gerade in den kleineren Orten gebe es kaum Probleme, sagt Pichl. Als Beispiel nennt sie die große Kerwa in Neustädtlein. „Da ist fast jeder Bürger am Fest beteiligt“, sagt Pichl. Neustädtlein sei ein gewachsener Ort mit einem aktiven Dorfleben. Anders sei es in den Neubausiedlungen. „Viele – wenn auch nicht alle – Neubürger begreifen Eckersdorf als Schlafort und fahren zum Feiern nach Bayreuth.“ Die Akzeptanz von Lärm vor der eigenen Haustür sei in solchen Orten oftmals geringer.

Kerwa ist Dorfleben

Aber müssen Anwohner Kerwa-Lärm wirklich ertragen? Früher fanden Kerwas traditionell in Wirtshäusern statt. Die Gaststätten sterben, die Kerwas verlagern sich oft in Zelte. Für sie sei das keine traditionelle Veranstaltung, sagt die genervte Anwohnerin aus Pittersdorf. Kreisheimatpfleger Rüdiger Bauriedel widerspricht. „Die Zeltkerwa ist die logische Fortsetzung der Wirtshauskerwa. Die Menschen sind erfinderisch, das zeigt sich daran“, sagt der Geseeser. Er bedauere es, wenn es Ärger um diese Tradition gibt, die gerade im Hummelgau noch wichtig ist. „Kerwa ist Dorfleben, ist Gemeinschaft. Und bietet damit gerade Zugezogenen eine Chance auf Integration.“

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