Keine Überwachung in Bayreuth

Von Susanne Will
Die zentrae Omnibushaltestelle in Bayreuth. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Mehr Videoüberwachung, mehr Speicherung von E-Mails und WhatsApp sowie Kennzeichen-Lesesysteme: Das will die CSU nach dem Anschlag von Berlin und dem Überfall auf den Obdachlosen. Muss auch in Bayreuth aufgerüstet werden? Einige Stadt-Politiker meinen: Ja. Wobei von Aufrüstung in Bayreuth nicht zu sprechen ist, denn: Der Bayreuther wird überhaupt nicht überwacht. Weder von der Polizei noch von der Stadt noch von der Bahn.

 
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Lange Zeit die einzige Überwachungskamera war die an der Zentralen Omnibushaltestelle (ZOH). Doch nachdem die vor einiger Zeit kaputt ging, wurde sie nicht repariert. Denn: Die ZOH zählt laut Polizei nicht zu einem Schwerpunkt von Kriminalität. Und genau diese Schwerpunkte gäbe es in Bayreuth auch nicht, so die Polizei. Polizeioberrat Marco Zeilner: „Es gibt keine Angsträume in Bayreuth.“

Strenge rechtliche Bedingungen

Udo Skrzypczak, Vizepräsident: „Im Stadtgebiet gibt es derzeit keine Kriminalitätsschwerpunkte, welche Voraussetzung für den Einsatz von polizeilicher Videotechnik wären.“ Das ist ein Knackpunk: Auch die Polizei kann nicht ungehindert jede Straßenkreuzung oder Häuserecke verkabeln, die rechtlichen Bedingungen sind eng gesteckt.

Videos bei den Festspielen

Allerdings hat die Polizei die Möglichkeit, temporär die Videokamera laufen zu lassen – wie in diesem Sommer bei den Bayreuther Festspielen. Auch für diese mobilen Aufzeichnungen benötigen die Beamten Rechtssicherheit. Udo Skrzypczak: „Videoüberwachung kann nicht allein stehen, so relevant sie möglicherweise für die Polizeiarbeit sein kann. Wichtig ist weiterhin die Präsenz von Polizeikräften vor Ort.“

Über 400 Kameras in der Stadt

Im gesamten Stadtgebiet Bayreuth hängen um die 400 Überwachungskameras. In diese Zahl eingerechnet sind allein 222 im Gefängnis oder 27 in den Gerichten Bayreuths. Viele Kameras hängen an Tankstellen oder in Geschäften. Zur Aufklärung einer Straftat kann die Polizei auch diese Aufzeichnungen nutzen.

Gefährdungsanalyse

Die Stadt Bayreuth selbst hat keine Kamera installiert, sagt der städtische Datenschutzbeauftragte Gerald Scheuerer. Dass die Kamera an der ZOH nicht repariert wurde, sieht Scheuerer als „verhältnismäßig“ an. „Sollte sich dort ein Kriminalitätsschwerpunkt herauskristallisieren, muss man eine neue Gefährdungsanalyse erstellen, auf deren Basis man sich anders entscheiden könnte.“

Subjektives Sicherheitsgefühl

Braucht Bayreuth mehr Kameras? Scheuerer: „Ich persönlich würde es begrüßen, allerdings unter strengen rechtlichen Voraussetzungen.“ Scheuerer erklärt: „Ich sehe den Trend, dass die Menschen zunehmend verunsichert sind und von der Politik erwarten, dass hier gegengesteuert wird. Dann würde sich das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung verbessern.“ Eine Prävention für Terroranschläge erwartet er allerdings nicht durch die Videos: „Nein, aber bei der Aufklärung. Aber man sollte die Gefahr nicht unterschätzen, dass Attentäter gerade einen videoüberwachten Raum suchen – und ihn als Podium missbrauchen.“

Das sagen die Fraktionsvorsitzenden aus dem Bayreuther Stadtrat zum CSU-Vorstoß:

Sabine Steininger (Grüne): „Nach Anschlägen schreit die CSU reflexartig nach mehr Sicherheit und Videoüberwachung. Doch Video alleine reicht nicht aus, das zeigt der Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Amri. Die gesamte Flucht wurde in Frankreich videoüberwacht, aber lag wieder einmal am mangelnden Austausch von Informationen, dass man ihn nicht erwischt hat. Was es braucht, ist eine Aufstockung der Polizei die durch Krankheit und Überstunden am Rande ihrer Kapazität ist.“

Thomas Bauske (SPD): „ Das, was wir an Überwachung haben, genügt. Auch eine flächendeckende Überwachung wird uns nicht vor Terroristen bewahren. Natürlich leistet sie gute Dienste bei der Aufklärung, wie am Fall des Obdachlosen zu erkennen war. Aber wir wollen keinen Orwell’schen Staat.“

Stefan Specht (CSU): „Mehr Videoüberwachung wäre ein probates Mittel. Es hätte präventive Wirkung und hilft bei der Aufklärung, wenn die Speicherdauer verlängert wird. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung muss gegebenenfalls für die Erhöhung der Sicherheit zurücktreten – an Marktplätzen oder beim Christkindlesmarkt sollten temporäre Überwachungsgeräte installiert werden.“

Stephan Müller (BG): „Alles, was dem Sicherheitsbedürfnis der Menschen dient, ist eine Überlegung wert. Auch Bayreuth hat seine dunklen Ecken, die man allerdings gut meiden kann. Die Privatsphäre der Menschen ist wichtig, es wäre eine Einschränkung der Grundrechte. Und eine Frage an die CSU habe ich: Wer soll das zahlen – der Freistaat oder die Kommunen?“

Thomas Hacker (FDP): „Videoüberwachung hilft allenfalls bei der Aufklärung. Die Reflexe sind jetzt wieder dieselben: Sicherheit durch Überwachung des Einzelnen – das sehe ich kritisch. Wir brauchen mehr und besser ausgerüstete Polizei statt mehr Daten, die länger gespeichert werden. Gerade in Berlin haben wir erlebt, dass der Attentäter der Polizei bereits bekannt war.“

Iris Jahn (JB): „Ich bin mir nicht sicher, ob eine Videokamera die Sicherheit erhöht, sie verhindert keine Taten. Einziges Plus ist die verbesserte Aufklärungs-Chance. Für mich wären zu viele Fragen offen: Wer speichert das? Wer wertet es aus? Was passiert mit den Aufnahmen? Die Persönlichkeitsrechte sind mir sehr wichtig.“

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