Kein Zutritt für Rollstuhlfahrer

Von Christina Holzinger
 Foto: red

Für Ältere, Eltern kleiner Kinder und Rollstuhlfahrer wird’s komplizierter im Rotmaincenter. Sie dürfen ab sofort nicht mehr die Rolltreppe mit Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühlen benutzen. Pinkfarbene Schilder an den Rolltreppen weisen auf das Verbot hin. Obwohl kaum jemand davon weiß, ist das Verbot bereits 20 Jahre alt.

 
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Auf jeder Rolltreppe sind vier Gebots- und Verbotszeichen zu sehen: Kleinkinder müssen festgehalten, Hunde getragen, der Handlauf benutzt und Kinderwägen nicht auf der Rolltreppe gefahren werden. Diese Regeln werden nach Aussage von Thomas Oberst, Pressesprecher des TÜV Süd, vom Hersteller festgelegt. Daraus lassen sich weitere Verbote ableiten: Wenn ein Mensch die Handläufe einer Rolltreppe nicht benutzen kann, weil er auf einen Rollator angewiesen ist, dann darf er die Rolltreppe ebenfalls nicht benutzen.

Pinkfarbene Aufkleber verkünden Rollstuhlverbot

Mit pinkfarbenen Aufklebern macht das Rotmaincenter neuerdings auf die Regeln aufmerksam. Um mit einem Rollstuhl, Einkaufswagen oder Rollator Stockwerke zu wechseln, sollen die Kunden den Aufzug nutzen. Solche zusätzlichen Verbote „werden meist nach Rücksprache mit dem zuständigen Prüfamt eingeführt“, sagt Oberst. Doch warum gibt es das Rollstuhlverbot? Nach Aussage von Reinhold Richter, Vorsitzenden des Behindertenbeirats, sind für das Rollstuhlverbot eine Vielzahl von Unfällen Ursache. Genauere Zahlen darüber, wann wie viele Unfälle passiert sein sollen, hat er jedoch nicht.  

Haftungsausschuss durch Verbot

Das Rotmaincenterkann so die Haftung bei Unfällen auf der Rolltreppe ausschließen. Wer trotz des Verbots die Rolltreppe mit Rollstuhl benutzt und einen Unfall baut, ist selbst für den entstandenen Schaden verantwortlich. Ein Rollstuhlverbot auf den Treppen des Rotmaincenters ist nach Aussage von Lukas Nemela, Pressesprecher der ECE-Gruppe, zu der das Rotmaincenter gehört, nicht neu. Dies werde bereits seit  Eröffnung des Centers so gehandhabt. Lediglich die pinkfarbenen Hinweisschilder seien neu. Doch viele Betroffene wissen nichts davon. Auch die Behindertenbeauftragte der Stadt Bayreuth, Bettina Wurzel, hat noch nichts davon gehört.

Rolltreppenfahren ist wichtig

Was bedeutet das nun konkret für Rollstuhlfahrer? Rudi Buckley sitzt selbst im Rollstuhl und trainiert Kinder, die ebenfalls auf einen angewiesen sind, die „Rolleykids“. Er bringt seinen Schützlingen eine spezielle Technik bei, die es Rollstuhlfahrern erlaubt, sicher die Rolltreppe zu benutzen. Beim Aufwärtsfahren stellt er sich vorwärts auf die Rolltreppe, beim Runterfahren  stellt er sich rückwärts, also mit dem Gesicht zur Rolltreppe, darauf und hält sich mit beiden Händen an den Handläufen fest. Technisch gesehen widerspricht das also den Regeln nicht. Dennoch dürfen die Kinder nicht mehr im Rotmaincenter üben. Dabei könnte die Technik im Fall eines Brandes ihr Leben retten: Bei Feuer dürfen keine Aufzüge genutzt werden und Rollstuhlfahrer werden über die Treppen evakuiert.  

Läden nur schwer erreichbar

Auf dem ersten Blick wirkt ein Rollstuhlverbot auf Rolltreppen im Rotmaincenter wenig problematisch, immerhin gibt es Aufzüge, welche die Stockwerke miteinander verbinden. Doch was ist mit den Obergeschossen des Drogeriemarktes Müller und der Bekleidungsgeschäfte K&L und Wöhrl? Die haben immerhin jeweils ein Stockwerk, das nur durch Rolltreppen erreichbar ist. Reinhold Richter verweist auf eine Absprache mit den Betreibern des Rotmaincenters: Die Rollstuhlfahrer sollen sich an die Verkäufer wenden. Diese würden den Kunden dann mit dem Lastenaufzug in das obere Stockwerk begleiten. Ausnahmen auf der Rolltreppe gelten nur dann, wenn zwei speziell geschulte Mitarbeiter mitfahren.

Rollstuhlfahrer müssen begleitet werden

Die Regelung passt nicht unbedingt zu dem Ziel des Behindertenbeirats, der für Inklusion und Barrierefreiheit kämpft. Denn so wird eine zusätzliche Hürde aufgebaut: Rollstuhlfahrer müssen Verkäufer immer um ihre Begleitung bitten. Buckley zweifelt: Welcher Mitarbeiter habe an einem verkaufsoffenen Sonntag oder während des Weihnachtsgeschäfts Zeit, einen Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen in das obere Stockwerk zu bringen? Er selbst habe dann immer das Gefühl, etwas kaufen zu müssen.

Derzeitige Lösung nicht ideal

Dass die Lösung mit den Lastenaufzügen nicht ideal ist, versteht auch die ECE-Gruppe. Pressesprecher Lukas Nemela verspricht, dass Center-Managerin Isabel Belka in den nächsten Wochen mit dem Behindertenbeirat über das Thema sprechen will. Und auch die Ladenbetreiber sollen nochmals sensibilisiert werden, „damit der Zugang zu allen Bereichen gewährleistet ist“. Auch während verkaufsoffener Sonntage und in der Weihnachtszeit.

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