Kartoffelanbau spielt kaum noch eine Rolle

Von Gabi Fölsche
Sind zufrieden mit der Kartoffelernte: Altbauer Dieter Eschenbacher und sein Sohn Frank, der nun den Hof bewirtschaftet. Foto: Gabi Fölsche Foto: red

Annette Schleicher vom Lindauer Biolandhof ist zufrieden: „Es ist eine gute Ernte, besser wie in den letzten Jahren.“ Die Lese hat auch in Lindau bereits begonnen, ruht jetzt aber, weil die Felder zu nass sind. Das Problem: Ist die Ernte zu gut, droht ein Preisfall.

 
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Schleichers Familie hat schon in den 90er Jahren auf biologischen Anbau umgestellt. Denn obwohl die Kunden die Produkte schätzen, muss auch der Biobauer sich anpassen. „Wenn der konventionelle Preis fällt, muss sich der Biopreis mitbewegen“, weiß sie aus Erfahrung. „Der Biokunde ist grundsätzlich bereit, mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben, das liegt daran, dass dieser den Mehrwert sieht.“

Der Anbau lohnt sich nicht mehr

Im Kulmbacher Land spielt der Kartoffelanbau grundsätzlich kaum mehr eine Rolle: „Für den Landwirt lohnt sich der konventionelle Anbau nicht mehr. Die Preise sind zu niedrig“, sagt Annette Schleicher. Und kritisiert: „Leider sind wir ein Land, in dem Nahrungsmittel nicht viel kosten sollen, dass ist von der Politik so gewollt. Der Landwirt ist letztendlich dazu verdammt, billig herzustellen.“ Schleicher sagt aber auch: „Jeder muss für sich selbst entscheiden, wo er seine Prioritäten setzt.“ Dennoch gibt sie die Hoffnung nicht auf, dass ein Umdenken stattfindet und mehr Menschen die Wertigkeit von Nahrungsmitteln erkennen: „Wir sind angetreten, gute Nahrungsmittel herzustellen. Unsere Kunden schätzen und honorieren das bereits“, freut sie sich.

Hoffen auf trockenes Wetter

Die Familie Schleicher hofft nun auf trockenes Wetter: „Wir brauchen einen Trupp von Leuten für den Rest der Ernte. Die Früchte werden nämlich bereits auf dem Vollernter das erste Mal ausgelesen. Ein zweites Mal auf unseren Hof in Lindau – die Kartoffel macht schon auch Arbeit für den Landwirt.“

Biobauer Dieter Eschenbacher sieht den heurigen Ernteerfolg eher durchschnittlich, für seinen Anbau war das Frühjahr zu trocken und der Herbst zu feucht. „Eine Sorte ist mir restlos abgefault. Nämlich die, die mir das Bundessortenamt als neue Biokartoffel empfohlen und aufgedrängt hat.“ Hätte ich meine uralten Sorten Nicola und Solara nicht gehabt, sähe es schlecht aus“, so der 74-Jährige. Die Billigangebote des Grundnahrungsmittels im Discounter sieht er kritisch: „Das sind oft behandelte Früchte. Viele Menschen wissen doch gar nicht mehr, wie eine herkömmlich angebaute Kartoffel eigentlich schmeckt.“ Eschenbacher weiter: „Ich will Chemie nicht verteufeln, der Verbraucher soll selbst entscheiden, was er essen möchte“, sagt der Tennacher.

Kinder, die Kartoffeln naschen

Dass seine Biokartoffeln eine Köstlichkeit sind, beweisen ihm immer wieder Kindergartenkinder und Schulklassen. „Die Kartoffeln werden am offenen Feuer gegart. Was nicht gleich gegessen wird, nehmen sich die Kinder mit. Im Gehen naschen sie noch Kartoffeln – ohne Butter und ohne Salz“, freut er sich.

Der Obmann des Bayerischen Bauernverbands, Wilfried Löwinger, sagt, dass das Wetter heuer für die Frucht nicht schlecht war. Und bestätigt: „Der Kartoffelanbau im Kulmbacher Raum ist eher unbedeutend. Zudem lohnt er sich kaum mehr. Auch ich baue keine an, meine Böden sind zu schwer. Die maschinelle Ernte kann nur auf sandigen Böden erfolgen“, sagt er. In Oberfranken würde nur punktuell angebaut.

"Von einer Rekordernte kann man nicht sprechen"

Der Leiter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach, Guido Winter, meint: „Das Wetter hat heuer schon gepasst, doch pauschal ist zu den Ertragsergebnissen des Einzelnen schwer eine Aussage zu treffen.“ Winter bestätigt zwar bayernweit eine gute Ernte: „Aber von einer Rekordernte kann man nicht sprechen“, sagt er. Auch er bestätigt, dass im Landkreis der Kartoffelanbau kaum mehr relevant ist. „Der Anbau ist arbeitsaufwendig, die Böden nicht geeignet.“ Guido Winter weiß auch, dass in den 50er Jahren die Kartoffeln noch zentnerweise von den Familien eingelagert wurden. Das Ernährungsverhalten hat sich geändert, der Verbrauch ist zurückgegangen, obwohl die Frucht eine wertvolle ist.“ Einen Preisfall aufgrund des hohen Ertrags sieht er noch nicht: „Sollte es so kommen, glaube ich, dass das die Direktvermarkter kaum betreffen wird.“

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