Krebskranke Patientin erhält Unterstützung von der Redakation Kampf um einen geeigneten Rollstuhl

Von Luisa Degenhardt
Einen geeigneten Rollstuhl hat eine Krebspatientin aus dem nördlichen Landkreis Amberg-Sulzbach bekommen, nachdem sich die Redaktion mit der Krankenkasse in Verbindung gesetzt hat. ⋌Foto: dpa-Archiv/Jens Schierenbec Foto: red

Eine Frau leidet an einer seltenen Krebserkrankung, ihr Bein wird deshalb amputiert. Ein Aktiv-Rollstuhl würde ihren Alltag erleichtern, doch die Krankenkasse will den nicht bezahlen. Nachdem die Redaktion sich Krankenkasse erkundigt hatte, ging es bei dem Thema voran.¶

 
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 Der Alltag von Magdalena Reichel (Name geändert, die Red.) ist eine ständige Herausforderung. Allein einkaufen kann sie nicht, mit ihrem Gehbock ist sie schon mehrmals umgefallen. Am 1. Juni 2015 wurde ihr rechtes Bein amputiert, unterhalb des Beckenknochens. Magdalena Reichel leidet an Nervenscheidenkrebs, einer Erbkrankheit. Die Krankheit wurde 2012 bei der 40-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis Amberg-Sulzbach festgestellt.

Tumor wurde entfernt

Als der Krebs entdeckt wurde, ist der Tumor entfernt worden. Eineinhalb Jahre später war er wieder da, an derselben Stelle, der Ischias-Nerv wurde entfernt. Von da an war ihr Bein taub. Der Tumor saß oberhalb des Knies. „Ich habe mir gesagt: ,Wenn ich das Bein wegnehmen lasse, überlebe ich wenigstens‘“, sagt Magdalena Reichel.

Seitdem ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie hat ein Standardmodell, 22 Kilogramm schwer, eigentlich zu breit für die schmale Frau, er passt nicht durch die Badezimmertür. Ein Arzt hat ihr ein Rezept für einen angepassten Aktiv-Rollstuhl ausgestellt. Doch die Krankenkasse will die Kosten dafür in Höhe von 2240 Euro nicht übernehmen. „Wir sind es gewohnt, dass die Krankenkasse erst mal ablehnt“, sagt Magdalena Reichel. Sie bekam außerdem eine Verordnung für den Aktiv-Rollstuhl vom Klinikum Bayreuth. Auch als sie auf Reha war, hat das Team für sie einen Antrag für den Aktiv-Rollstuhl gestellt. Wieder nichts.

Enorme Erleichterung

Der Aktiv-Rollstuhl würde für die Frau eine enorme Erleichterung bedeuten. Er ist schmaler, wiegt nur etwa acht Kilogramm, hat kleinere Räder und ein schmales, klappbares Fußbrett.

Ein weiterer Vorteil wäre, dass ihre drei Kinder den leichteren Rollstuhl die Treppe im Haus hochtragen könnten. Auch die Armlehnen würden wegfallen. Die braucht sie ohnehin nicht. „Ich bin kein alter Mensch, der rauskippt“, sagt sie. Kurzum: „Ein Aktiv-Rollstuhl wäre genau auf meine Bedürfnisse angepasst.“

Umrüstung vorgeschlagen

In einem Schreiben an die Familie erklärt die Krankenkasse, dass die Neuversorgung „das Maß des Notwendigen überschreitet und das bewilligte Hilfsmittel voll funktionsfähig ist“. Die Kasse schlägt vor, einen alten Rollstuhl für ihre Zwecke umzurüsten. Das würde etwa 1340 Euro kosten. Doch für diesen gibt es laut Magdalena Reichels Mann ab August keine Ersatzteile mehr. Die Familie hat Widerspruch eingelegt, damit das Schreiben nicht in Kraft tritt.

Magdalena Reichel sagt, dass es schon mehrfach Probleme mit der Kasse gegeben habe, wenn es um die Beantragung neuer Hilfsmittel ging. Sie hat sich schon überlegt die Kasse zu wechseln. Doch ihr Gehbock, ihr Rollstuhl, ihr Badelift, all diese Hilfsmittel sind Eigentum der Krankenkasse. Sie müsste diese zurückgeben und alles neu beantragen. Auch die Pflegestufe eins, in der sie derzeit eingestuft ist, würde neu festgelegt.

Briefe und Telefonate

Die Familie leidet unter dem ständigen Briefwechsel und den Telefonaten mit der Kasse. „Magdalena Reichel fühlt sich diskriminiert  Sie meint: „Es fühlt sich an, als ob die Behinderte nicht in der Gesellschaft haben wollen.“ Ihre Mutter sorgt sich. „Wenn man so viel Aufregung hat, kommt die Krankheit wieder“, sagt sie. Nachdem sich die Redaktion an die Kasse gewandt hatten, kam Bewegung in den Fall. In einer E-Mail an die Redaktion teilt Pressesprecherin Stefani Meyer-Maricevic der Redaktion mit, dass Magdalena Reichel den Aktiv-Rollstuhl bekommt.

Dass es einen Zusammenhang zwischen der Recherche der Presse und den positiven Nachrichten für die Amberg-Sulzbacherin gibt, bestreitet sie. „Wir können nur so handeln, wie es unserem Kenntnisstand entspricht“, sagt Meyer-Maricevic am Telefon. Denn erst nach der Anfrage habe die Kasse erfahren, dass es nach Aussagen des Reha-Teams in Bayreuth ab August keine Ersatzteile mehr für den bisherigen Rollstuhl gibt.

Am 7. April war Magdalena Reichels Mutter bei der Kasse in Bayreuth. Laut der Pressesprecherin habe ihr Kollege damals der Mutter bereits gesagt, dass es eine Alternative gebe, wenn es zutreffe, dass es bald keine Ersatzteile mehr gibt. Auch dass der Rollstuhl, den Magdalena Reichel gerade nutzt, nicht durch die Badezimmertür passt, habe die Kasse nicht gewusst und erst durch die Presse erfahren. „In dem Gespräch am 7.4. wurde vereinbart, dass die Familie dazu schriftliche Angaben macht, was sie getan hat. Daher können wir den Rollstuhl nun austauschen lassen.“

Zurzeit ist der Krebs weg, doch das kann sich jederzeit ändern. „Die Garantie gibt mir keiner, dass er nicht plötzlich wiederkommt“, sagt Magdalena Reichel.

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