Das Landgericht Saarbrücken, das die Klage in zweiter Instanz zurückwies, sieht das ebenso: In Formularen - wie in der juristischen Fachsprache - werde das «generische Maskulinum» (grammatisch maskuline Substantive) verallgemeinernd geschlechtsneutral verwendet. «Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits seit 2000 Jahren schon im allgemeinen Sprachgebrauch bei Personengruppen beiderlei Geschlechts das Maskulinum als Kollektivform verwendet und es sich insoweit um nichts weiter als die historisch gewachsene Übereinkunft über die Regeln der Kommunikation handelt.»
Vor 2000 Jahren richtig
Ein skurriles Argument, findet Mechtild Düsing, Vorstandsmitglied beim Deutschen Anwaltverein. Vor dem Hintergrund des jahrhundertelangen Kampfes von Frauen für Gleichberechtigung meint sie: «Was vor 2000 Jahren richtig war, kann heute nicht mehr richtig sein.» Gerade Sparkassen als öffentlich-rechtliche Organisationen seien an die Einhaltung der Grundrechte und damit an den Gleichheitssatz gebunden.
Klägerin Marlies Krämer hat nach dem frühen Tod ihres Mannes vier Kinder großgezogen, sie hat ein Enkelkind, die Partei der Linken in Sulzbach mit aus der Taufe gehoben und im Laufe ihres Lebens immer wieder erfolgreich für eine frauliche Sprache gekämpft: So verzichtete sie in den 1990er-Jahren so lange auf einen Pass, bis sie den Antrag als Frau unterschreiben konnte. Später sammelte sie Unterschriften, bis auch Hochdruckgebiete Frauennamen bekamen - zuvor waren nur Hochs männlich und Tiefs weiblich.
Sprachliche Herausforderung
Was wäre, wenn Marlies Krämer auch im aktuellen Fall vor dem BGH Recht bekäme? Dann hätten nicht nur mehr als 1600 Kreditinstitute in Deutschland ein Problem, sondern auch viele andere Institutionen und Firmen, die der Einfachheit halber mit dem verallgemeinernden Maskulinum arbeiten.
Sprachlich ist die Sache ohnehin eine Herausforderung: «Die geschlechtsneutrale Version sollte «Kund*in» heißen, oder «Kund_in»», meint Stevie Schmiedel. Doch warum nicht «Kund/in», «KundIn», das generische Femininum «Kundin», «Kund*» oder «KundX»? Letztere würden sogar die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum «dritten Geschlecht» berücksichtigen, so der Passauer Anwalt Stefan Loebisch.
Keine Ideallösung
«Eine Ideallösung gibt es in dem Fall nicht», räumt Kathrin Kunkel-Razum ein. Die Duden-Redaktionsleiterin würde hier entweder zwei Formularvarianten oder eine doppelte Anrede («Liebe Kundin», «Lieber Kunde») empfehlen - oder die direkte gender-neutrale Ansprache «Guten Tag ... (Vorname/Nachname)». Wie schwierig es ist, es allen recht zu machen, haben die Autorinnen des neuen Duden-Ratgebers «Richtig gendern» anhand heftiger Reaktionen erfahren. Neue Formen entstehen im gesellschaftlichen Diskurs, sagt Kunkel-Razum. «Das ist eine langfristige Geschichte.»