Festspielhaus: Neuer Anlauf für Vertragsabschluss ist wegen rechtlicher Unklarheiten in Wagner-Gremien gescheitert Juristen streiten über Mietvertrag

Von Florian Zinnecker
Wer die Schlüsselgewalt über das Festspielhaus hat, ist unstrittig – nur ihre juristische Verankerung in einem Mietvertrag macht der Richard-Wagner-Stiftung zu schaffen. Foto: Harbach Foto: red

Neun Seiten lang ist das Gutachten des Fürther Rechtsanwalts Horst Ohlmann, das besagt: alles in Ordnung. Dreizehn Seiten lang ist das Gutachten des Heidelberger Akademischen Rates Chris Thomale, das besagt – das Gegenteil. Beide Schriftsätze befassen sich mit dem Entwurf eines neuen Mietvertrags für das Bayreuther Festspielhaus. Und sie sind der jüngste Ausdruck des seit Jahren schwelenden Streits, wie gewichtig das Wort der Familie Wagner in wichtigen Festspiel-Fragen sein soll.

 
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Dass die Familie mitentscheiden soll, steht in der Stiftungssatzung. Das nötige Geld aber kommt von der öffentlichen Hand. Und die, sagt Toni Schmid, Verwaltungsratsvorsitzender der Festspiele GmbH, will Planungssicherheit. Den neuen Mietvertrag für das Festspielhaus erarbeitet die Richard-Wagner-Stiftung seit dem Jahr 2008, bislang aber ohne Ergebnis. Der jüngste Versuch, den Vertrag auf den Weg zu bringen, ist in der vergangenen Woche in den Festspiel-Gremien gescheitert.

Dass die Mieterin, die Festspiele GmbH, dem Vertrag zustimmen wird, ist unstrittig – der Verwaltungsrat der GmbH und der Vorstand der Stiftung sind mit denselben Vertretern der öffentlichen Hand besetzt. Zunächst müssen sich aber die Träger der Stiftung auf einen Vertragsentwurf verständigen. Zu den Trägern gehören auch Vertreter der Familie Wagner – und die, namentlich die Nachkommen Wieland Wagners, äußern Zweifel, dass der Vertragsentwurf mit der Stiftungssatzung vereinbar ist. Im Oktober, als der Vertragsentwurf im Stiftungsvorstand zur Diskussion stand, wurde der geplante Beschluss deshalb aufgeschoben – die Geschäftsführerin der Stiftung, Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, wollte das Risiko eines juristisch zweifelhaften Geschäftsabschlusses nicht eingehen. In ihrem Auftrag untersuchte die Fürther Anwaltskanzlei die zweifelhaften Punkte. Und attestierte am 10. Mai schriftlich: Der Mietvertragsentwurf verstoße nicht nicht gegen die Stiftungssatzung.

Der strittige Punkt betrifft Paragraf 8 der Satzung: Demnach obliegt dem Stiftungsrat – gekoppelt an die Vermietung des Festspielhauses – die Wahl eines geeigneten Festspielleiters. Das Wahlverfahren ist detailliert geregelt und bezieht neben der Familie Wagner in Zweifelsfällen auch Intendanten anderer Opernhäuser mit ein. Indem die Stiftung das Haus an die Festspiele GmbH vermietet, fällt die Entscheidung aber dem Verwaltungsrat der GmbH und damit der öffentlichen Hand zu, die ihre Geschäftsführer – die tatsächlichen Festspielleiter – laut ihrer Geschäftsordnung selbstständig berufen darf. Das ist auch der aktuelle Stand der Dinge, da der bisherige Mietvertrag zwischen Stiftung und GmbH zwar 2008 endete, seither aber weiter gilt. Und dies ist nicht rechtens, argumentiert das Gutachten des Heidelberger Juristen Thomale, in Auftrag gegeben vom Stamm Wieland. Nun steht Gutachten gegen Gutachten – und weil die rechtlichen Zweifel nun doch wieder nicht ausgeräumt sind, könne der Vertrag wieder nicht beschlossen werden, heißt es aus Stiftungskreisen.

Er habe das „angebliche Gutachten" wiederum prüfen lassen, sagte Toni Schmid gestern auf Anfrage. „Und in Kenntnis dieser Prüfung sehe ich keine Veranlassung, das Gutachten ernst zu nehmen." Die Auftraggeber hätten eine von 24 Stimmen im Stiftungsrat, „das ist vernachlässigbar". Ein neuer Mietvertrag sei insbesondere im Hinblick auf die Sanierung des Festspielhauses nötig: „Wir wollen so schnell wie möglich beginnen, die Gesellschafter sind dabei, viele Millionen in das Projekt zu pumpen – die brauchen natürlich Sicherheit." Und zwar einen gültigen Mietvertrag – und nicht nur einen fortgeltenden.

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