Jobcenter: Aktenstaub ist Geschichte

Von Sonny Adam
Mit diesen Plomben – jede einzelne ist mit einem Code versehen - werden die Aktenkisten verschlossen. Einmal verschlossen, lassen sie sich nicht öffnen. ⋌Foto: Sonny Adam Foto: red

Aktenberge, die sich meterhoch auf den Schreibtischen stapeln, gehören im Jobcenter Kulmbach bald der Vergangenheit an: Denn als erstes Jobcenter in Bayern haben die Kulmbacher die elektronische Akte eingeführt.

 
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„Am 5. September war es so weit. Es war ein spannender Tag für alle Beschäftigten unseres Jobcenters in Kulmbach“, zieht der Einführungsbeauftragte Josef Kinscher nach den ersten Wochen ein Fazit. Schon im Vorfeld wurden alle 54 Mitarbeiter des Jobcenters geschult. Dann war es so weit. Der Riesenserver, der nicht in Kulmbach steht, wurde freigeschaltet, das elektronische Aktenprogramm speziell für die Jobcenter ebenfalls. „Die Einführung ging gut über die Bühne, allerdings waren umfangreiche Planungen und Umorganisationen nötig“, erklärt Kinscher und zeigt die neue elektronische Akte.

Alle Formulare per Mausklick

Unter dem Namen des jeweiligen Kunden sind alle Formulare und Unterlagen per Mausklick verfügbar. Aufwendiges Suchen nach Originaldokumenten in zentimeterdicken Aktenordnern entfällt ebenso wie die Suche in der Ablage. Für die Kunden des Jobcenters ergeben sich durch die Einführung der elektronischen Akte keine Veränderungen. Langzeitarbeitslose, Aufstocker und Bezieher von Arbeitslosengeld II füllen – wie gewohnt – per Computer oder per Hand die Formulare aus. Diese werden dann gescannt. „Es gibt das frühe Scannen und das späte Scannen. Wir haben uns in Kulmbach für das späte Scannen entschieden“, erklärt Kinscher. Das bedeutet: Die ausgefüllten Formulare werden mit dem Eingangsstempel versehen, werden bearbeitet und dann gescannt und in elektronischer Form der jeweiligen Akte zugeordnet.

Nach dem Scannen werden die Unterlagen noch acht Wochen aufbewahrt, dann datenschutzkonform vernichtet. „Bis die e-Akte allerdings erfolgreich und vollständig in den Arbeitsalltag integriert wird und die Arbeit reibungslos funktioniert, wird es trotzdem noch etwas Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Kinscher. Bei neuen Fällen wird die Akte sofort elektronisch angelegt, bei Langzeitkunden behilft sich das Jobcenter mit der sogenannten Hybridakte. Das bedeutet: Die neuen Formulare und Berechnungen werden elektronisch angelegt, doch die alten Unterlagen existieren weiterhin. Durchschnittlich umfasst jede Akte im Jobcenter rund 300 Seiten.

Aktuell lagern fünf Milliarden Blatt Papier bundesweit in den Jobcentern, teilt die Pressestelle des Jobcenters auf Anfrage mit. Und täglich kommen rund 1,8 Millionen Blatt hinzu. Die elektronische Akte soll einen Beitrag dazu leisten, die Papierflut einzudämmen. Und natürlich sollen durch die elektronische Akte auch Lagerkapazitäten gespart werden.

Post scannt die Akten

Als erstes Jobcenter in Bayern hat Kulmbach den Auftakt gemacht, inzwischen haben auch die Jobcenter Bayreuth-Stadt und Hof die elektronische Akte eingeführt. Der Scan-Vorgang wird übrigens nicht direkt bei den Jobcentern getätigt, sondern in eigens eingerichteten Scan-Centern der Deutschen Post. „Wir sortieren die Formulare und Unterlagen, die gescannt werden sollen, und geben sie in Kisten, die dann verplombt werden“, erklärt Mitarbeiterin Sandra Fischer. Die Plomben sind so konstruiert, dass sie unterwegs nicht mehr geöffnet werden können, ohne zerstört zu werden. „Wir können auch den Verlauf der Scan-Kisten lückenlos verfolgen – ähnlich wie man auch ein Paket verfolgen kann“, so Kinscher. Außerdem werden die Scan-Kisten nicht einfach abgestellt und abgeholt, sondern persönlich an den Beauftragten der Post übergeben. Und dieser muss sich jedes Mal ausweisen. „Wir wollen höchstmögliche Datensicherheit gewährleisten“, sagt Kinscher. Einblick in die Dokumente haben immer nur die Jobcenter-Beschäftigten, die den Einblick auch tatsächlich für die Erledigung ihrer Aufgaben brauchen.

In den ersten Wochen hat es keinerlei Probleme mit unleserlichen Handschriften oder Ähnlichem gegeben. „Auch wenn Flüchtlinge Formulare ausfüllen, ist das kein Problem. Sie bekommen durch die Mitarbeiter oder durch ehrenamtliche Helfer Hilfestellung“, sagt Kinscher.

Bis Mitte 2018 sollen alle 303 Jobcenter, die von der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit den Kommunen betrieben werden, die elektronische Akte eingeführt haben.

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