Bauarbeiten auf der Bundesstraße bescheren Unterschwarzach einen nie gesehenen Durchgangsverkehr Jede Menge Verkehr in Unterschwarzach

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Der Umleitungsverkehr von der Bundesstraße 22 quält sich durch Unterschwarzach. Foto: Ronald Wittek Foto: red

In den vergangenen Jahrzehnten war die Beschaulichkeit in Unterschwarzach zu Hause. Jetzt lernt das Dorf, was Verkehr bedeutet. Die Anwohner sehen den Schwerverkehr und die massenhaften Autos mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

 
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„Schon vor 6 Uhr geht das los“, sagt Werner Keller. Er wohnt direkt an der schmalen Staatsstraße, die durch Unterschwarzach führt. Seit Montag zwängen sich Lastzüge und Autos durch den kleinen Ort zwischen Speichersdorf und Creußen. In langen Kolonnen, meistens fährt ein Lastwagen vorneweg. Gibt es Gegenverkehr, wird es eng. Dann kommt es auf jeden Zentimeter an. „Es vergehen keine zehn Sekunden, in denen hier kein Fahrzeug vorbeikommt“, sagt Keller. Er ist einer von den etwa 50 Einwohnern. Er ist in Unterschwarzach aufgewachsen.

Der Moloch kommt zum Stehen

So etwas wie in den vergangenen Tagen hat er noch nicht erlebt. „Sicher hatten wir früher schon Umleitungsverkehr – nach Unfällen auf der B 22. Dann aber nur vier bis fünf Stunden höchstens“, erinnert er sich. Zuweilen kommt der Moloch sogar zum Stehen. Dann stauen sich die Fahrzeuge von Unterschwarzach bis nach Birk bei Emtmannsberg zurück. „Es ist merkwürdig. Aber wenn kein Auto kommt, dann wartet man und denkt, oben an der Abbiegung gibt es Probleme.“

9000 Autos rollen sonst über die B 22

Der Umleitungsverkehr, der sich in diesen Tagen durch Unterschwarzach quält, fließt sonst über die B 22. Nach einer Zählung des Bauamts fahren an Speichersdorf täglich rund 9000 Fahrzeuge vorbei. Doch jetzt ist die Bundesstraße gesperrt. Bis Lehen wird die Fahrbahn erneuert – eine Strecke von mehr als neun Kilometern.

Gestern früh machten sich zwei Asphaltfräsen an die Arbeit und begannen damit, die etwa zehn Zentimeter dicke Fahrbahn abzutragen. „Eine Fläche von rund 86 000 Quadratmetern“, wie Bauleiter Reinhold Schiener sagt. Zehn bis zwölf Meter schafft so eine Fräse pro Minute. Eine Flotte von 25 Lastwagen ist noch bis einschließlich morgen damit beschäftigt, das Fräsgut wegzuschaffen.

Absperrböcke leiten Fahrzeuge ab

Bei Lehen steht ein mehr als zwei Meter breiter Absperrbock, der den Verkehr auf die Umleitungsstrecke Richtung Unterschwarzach führt. Die gleiche Absperrung riegelt die Baustelle östlich von Speichersdorf ab. Große Hinweisschilder weisen auf die Baustelle und die Umleitung hin. Dennoch gibt es immer wieder Autos in der Baustelle, die dort nicht hingehören. „Was glauben Sie, welche Ausreden wir hören“, schmunzelt Schiener. Der Bauleiter bleibt gelassen und freundlich – auch wenn das Einfahren in die Baustelle gefährlich ist und im Fall der Fälle Probleme mit der Versicherung aufwerfen kann.

Noch länger als drei Wochen

Gesperrt ist gesperrt. Und so dröhnt der Verkehr durch das kleine Unterschwarzach. Noch etwas länger als drei Wochen. Der Landwirt Thomas Meyer muss sich umstellen, denn die nun viel befahrene Staatsstraße trennt ihn von seinen Tieren. Will er nun zu seinen Milchkühen und Kälbern hinüber, muss er warten, bis es eine Lücke zwischen den Fahrzeugen gibt. „Fünf- bis achtmal ist das täglich so“, sagt er. Weil Meyer wusste, dass es Probleme geben könnte, hat er seine Fahrten mit dem großen Güllefass bereits erledigt. Jetzt muss er noch schauen, dass er unversehrt über die Staatsstraße zu seinen Kühen kommt. „Wir werden das überleben“, sagt der junge Landwirt und fragt sogleich, ob es eine Alternative zur Sanierung der B 22 und der Umleitung gebe.

Vollsperrung aus Sicherheitsgründen

Dazu sagt Kurt Schnabel, der Leiter des Staatlichen Bauamts in Bayreuth, der Zeitraum für die Bauarbeiten und die Umleitung sei Ergebnis eines umfassenden Koordinierungsprozesses, an dem das Landratsamt, die Polizei und die Gemeinden beteiligt waren. Aus Gründen der Sicherheit für die Straßenbauer könne auf die Vollsperrung der B 22 gar nicht verzichtet werden. Das verlange halt der Arbeitsschutz.

Mit Warnweste und Taschenlampe zum Zeitungholen

Doch schützen müssen sich jetzt auch die Bewohner von Unterschwarzach. Im Dorf mit dem überwältigenden Durchgangsverkehr gibt es noch immer keinen Gehsteig. Wer auf der Straße läuft, muss schauen, wo er bleibt, wenn der nächste Schwerlaster heranbrummt. Die Nachbarin von Werner Keller macht sich morgens immer in einer Warnweste auf den Weg zur Kurier-Verteilerbox. Seit Montag hat die Frau sogar eine leuchtende Taschenlampe in der Hand, um Autofahrer auf sich aufmerksam zu machen.

Staatsstraße mit Rissen und Schlaglöchern

Dass die ferne Bundesstraße 22 saniert werden muss, nehmen Meyer, Kellner und ihre Nachbarin so hin. Sie fragen sich aber auch, wann ihre Straße in Ordnung gebracht wird. Sie wissen um den Zustand ihres Sträßleins, wie sie sagen. Schließlich ist es mit Rissen übersät und hat große Schlaglöcher, die niemand übersehen kann.

Hinter dem Ortsausgangsschild verstärken seit kurzem schmale Asphaltstreifen das Bankett links und rechts der maroden Trasse. Begegnen sich dort zwei Lastwagen, ist es bis zum Straßengraben nicht mehr weit. Nicht auszudenken, was geschieht, wenn dort ein Gefahrgutfahrzeug verunglückt. Dann müssen die Feuerwehren aus Creußen und Speichersdorf ran.

Straße in schlechtem Zustand

An der Eignung der Umleitungsstrecke hat Manfred Porsch, Bürgermeister von Speichersdorf, seine Bedenken. „Die Straße ist in schlechtem Zustand“, so seine Ansicht. Tatsächlich hat die Fahrbahn in den vergangenen Wochen viel aushalten müssen. Da wurde nämlich massenweise Schotter für die Erschließung von sechs Windkraftanlagen herangekarrt. Und in den nächsten Wochen rollen auch noch die Betonfahrzeuge drüber.

Die Bewohner von Unterschwarzach sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn macht der Schwerlastverkehr ihrem Sträßlein den Garaus, käme endlich eine neue her. Und damit endlich auch ein Bürgersteig, auf den Keller, Meyer und ihre Nachbarn schon so lange warten.

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