Jäger brauchen keinen Depperltest

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"Wir stehen uns manchmal selbst im Weg", sagte Prof. Jürgen Vocke, seit 1992 Präsident des Bayerischen Landesjagdverbands (BJV) in Kulmbach. Und forderte die Jäger auf, sich den Herausforderungen der Gesellschaft zu stellen. Wildunfälle, Waffen und Wildbret: Wir stellen einen Teil der aktuellen Diskussion vor.

 
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Wildunfälle: Ein Wildschwein fliegt auf die Motorhaube und bleibt tödlich verletzt im Straßengraben liegen. Es hat die Geschwindigkeit der herannahenden Autofahrers auf der Landstraße unterschätzt. Der legte eine Vollbremsung hin und kommt mit einem Schrecken davon. Die Polizei in Bayern nimmt über 60 000 Wildunfälle im Jahr auf. Das sind ein Viertel mehr als noch vor zehn Jahren. Der durchschnittliche Sachschaden pro Unfall liegt bei 2500 Euro, geht im ganzen jedoch in die Millionenhöhe.

Die bayerischen Jäger wollen in Zukunft noch stärker mit der Polizei zusammenarbeiten, um Wildunfälle zu verhindern. "Wir wollen den Tieren unnötiges Leiden ersparen", sagte Anton Peter, Hauptkommissar und Jagdberater der Polizei. Ein Rehbock der mit auf ein 60 Stundenkilometer fahrendes Auto aufprallt, erreiche ein Gewicht von 800 Kilo, ein Wildschwein sogar 3,5 Tonnen. Er appelliert jedoch an die Jäger, nur die Unfälle zu melden, die sie bestätigen können. Denn viele Schäden würden nur als Wildunfälle getarnt, warnt Peter, weshalb der Augenschein umso wichtiger sei.

Die Erfahrung habe gezeigt, dass bei schlechtem Wetter weniger Wildunfälle passierten. Die üblichen Warnhinweise werden von vielen Autofahrern mittlerweile übersehen. Jäger und Polizei setzen daher auf Wildwarnreflektoren, die in Leitpfosten in unterschiedlichen Farben integriert werden können. Mit reflektierenden Plakten, auf denen etwa Rehwild zu sehen ist, sollen die Autofahrer zu langsamerem und vorsichtigerem Fahren angehalten werden.

Dabei geht es vor allem darum, dass Bewusstsein der Bürger für Wildwechsel zu schärfen. Biotope am Straßenrand seien dagegen wenig förderlich. "Wir müssen noch mehr unterstützend tätig sein", forderte Andreas Ruepp, Vorsitzender des BJV-Ausschusses für Revier- und Wildschutz. "Ohne den Sachverstand der Jäger kommt die Kripo bei der Spurensicherung nicht aus." Übrigens: Seit Samstag können Jäger die App Wuidi nutzen. Sie wurde bei einem Businessplan-Wettbewerb entwickelt und soll Wildunfälle vermeiden und die Abwicklung erleichtern. Das Kernstück bildet ein digitales Wildwechselradar, das auf Polizeidaten basiert und anzeigt, wo die Gefahrenlage besonders hoch ist.

Waffen: Weder die Jäger noch die Schützen halten etwas von den vorgesehenen Änderungen des EU-Waffenrechts. Das bekräftigte Landesschützenmeister Wolfgang Kink als Gastredner bei der Jagdversammlung in der Dr.-Stammbergerhalle. "Wir haben zusammen einiges erreicht." In Bezug auf die EU-Pläne zur Verschärfung des Waffenrechts sei ebenfalls ein Schulterschluss erforderlich. "Der legale Waffenbesitz soll beschränkt werden, um den illegalen einzudämmen, was für eine wahnwitzige Idee!" Weder Kink noch Vocke halten etwas von einer befristeten waffenrechtlichen Erlaubnis, die an regelmäßige ärztliche Untersuchungen gekoppelt wird. "Wir brauchen keinen Depperltest für legale Waffenbesitzer", schimpfte Vocke. Terroristen würden sich andere Wege suchen, um an Waffen zu gelangen.

Auch das Bundesgerichtshofurteil über den Umgang Halbautomaten gefällt den Jägern nicht. "Wechselmagazine müssen weiter erlaubt sein", verlangte Vocke. Für die Jagd würden drei Schuss ausreichen: "Für etwas anderes bin ich aus Tierschutzgesichtspunkten nicht zu haben."

Was den Entwurf des neuen Bundesjagdgesetzes betrifft, weiß Vocke den bayerischen Landwirtschaftsminister Helmut Brunner auf seiner Seite. Brunner bekräftigte, dass aus seiner Sicht keine Notwendigkeit zu einer Gesetzesänderung bestehe. Das bayerische Jagdgesetz sei ausreichend, eine Vermengung von Jagdrecht und Naturschutz dürfe es nicht geben. Die Hege müsse weiterhin die Jagdzeiten bestimmen.

Junge Jäger: "Vom Nachwuchs her können wir uns nicht beschweren", sagte Susanne Schmid, Ansprechpartner für Junge Jäger Bayern im BJV-Präsidium. Die 26-Jährige ist über ihre Eltern und Großeltern zur Jagd gekommen. "Es kommen aber immer mehr Mädchen und junge Frauen ohne Jäger-Anschluss in der Familie zu uns." Bei den einen sei es der Jagdhund, der das Interesse für die Jagd wecke. Bei den anderen sei es das Essen, also das Wildbret. "Viele junge Menschen bevorzugen regionales und biologisches Essen. Unseres ist aber noch besser, da sich das Wild selbst aussucht, was es frisst." Zu den Jungen Jägern zählen 16- bis 40-Jährige. Wer den Jugendjagdschein macht und noch unter 18 Jahre alt ist, darf Waffen nur eingeschränkt benutzen. "Das ist so ähnlich wie beim begleiteten Fahren." Der Frauenanteil im BJV beträgt mittlerweile rund zehn Prozent, bei den Jungjäger liegt er mittlerweile bei 20-bis 25 Prozent.

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