Fahrgastpotenzial reicht nicht, damit der Freistaat Bahnverkehr bezahlt Ist der Zug endgültig abgefahren?

Von Andreas Gewinner
Als das Rathaus noch Bahnhof war: Warmensteinach im Jahr 1988. Dass hier jemals wieder ein Zug fährt ist unwahrscheinlicher denn je. Foto: Archiv/Peter Gisder Foto: red

Die Zahl möglicher Fahrgäste reicht nicht, damit der Freistaat Geld bezahlt für Bahnverkehr auf der Strecke Weidenberg-Warmensteinach. Das ist das Ergebnis einer weiteren Fahrgastpotenzialanalyse. Ihr Ergebnis: 780 Beförderungen am Tag sind realistisch, nötig wären 1000. Theoretisch ist dies das endgültige Aus für zukünftigen Bahnverkehr. Der Streckeneigentümer aber will noch nicht aufgeben.

 
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Die aktuelle Analyse „ist in ihrer Aussage sehr, sehr deutlich“ bedauert Detlev Schmidt, im Landratsamt zuständig für öffentlichen Personnahverkehr. „Wir gehen jetzt noch mal in Beratungen mit den Kommunen“, versprach Schmidt, der VGN wolle seine Zahlen transparent darstellen. Die Analyse sei nach einem standardisierten Verfahren gemacht worden, auch touristische Nutzer inklusive Inhaber der Gästekarte, die die Bahn hätten kostenlos nutzen können, seien in das Potenzial eingeflossen.

Hintergrund ist, dass der Freistaat via Bayerische Eisenbahngesellschaft Zugverkehr nur dann bestellt und bezahlt, wenn es mindestens 1000 Beförderungen täglich gibt. Schon vor fünf Jahren hatte das bayerische Verkehrsministerium abgewunken. Das Büro Geoplan war in seinem damaligen Gutachten zwar auf 1020 mögliche Fahrgäste gekommen, allerdings für die Strecke Bayreuth-Warmensteinach. Das Ministerium rechnete konservativ nach und kam auf 850. Eine zehnjährige Bestellung wäre aber Voraussetzung, dass der Eigentümer der Strecke, die Deutsche Regionaleisenbahn, die Strecke saniert. Auf der Bahnlinie fuhr vor mehr als 20 Jahren zuletzt ein Zug, seit einigen Jahren sind die Gleise abgebaut. Die DRE hatte mit gut vier Millionen Euro Sanierungskosten kalkuliert, die man ohne öffentliche Zuschüsse stemmen wollte, wenn mindestens zehn Jahre Bahnverkehr auf der Strecke finanziert wird.

Die Gemeinde: Mehr als 15 Jahre lang hing Warmensteinach in der Luft bei der Frage, wie man sein Rathausumfeld plant: mit oder ohne Bahn. Der Gemeinderat hatte ein Votum für die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs abgegeben. Bürgermeister Axel Herrmann und zweiter Bürgermeister Peter Fülle weilen im Ausland, dritte Bürgermeisterin Hildegard Heser war gestern nicht zu erreichen.

Der Eigentümer: DRE-Geschäftsführer Gerhard J. Curth gibt sich gelassen und will den Kampf noch nicht aufgeben. „Die Zahlen halten wir für seriös, wir bedauern aber, dass nur der Abschnitt ab Weidenberg betrachtet wurde.“ Tatsächlich hätten bei allen Streckenneueröffnungen die tatsächlichen zahlen immer über den Prognosen gelegen. Vor allem der Tourismus sei eine „Dunkelziffer, die sorgt immer für Überraschungen.“ Er räumt ein: „Es hilft nichts, um sich zu schlagen. Sachlich ist nichts zu machen, es wird eine politische Sache werden müssen.“ Denkbar wären auch noch andere Modelle bis hin zu einem Verein oder einer Genossenschaft. Die Strecke liege halt nicht in Oberbayern, sagt Curth mit Blick auf die Waginger Bahn, wo auch keine 1000 Beförderungen am Tag stattfänden. Deswegen gibt es für Curth auch noch keinen Anlass, über eine alternative Nutzung der brachliegenden Bahnstrecke nachzudenken.

Tourismus: Andreas Munder, Tourismusmanager am Ochsenkopf, sagt: „Ich bin maßlos enttäuscht. Eine vertane Chance: Erfüllte die unabhängige Geoplan-Potenzialanalyse aus dem Jahr von 2010 die geforderte Personenanzahl von 1000, zeigt die jetzige VGN-Potenzialanalyse deutlich weniger.“ Der Zeitpunkt für die Analyse – die geplante Therme Fichtelberg konnte ebenso wie das neue BLSV-Sportcamp nicht einfließen – sei ungünstig gewählt: „Das Hohe Fichtelgebirge verbleibt in der Rolle eines Zaungastes beim schienengebundenen Verkehr ein. Warmensteinach erscheint auf keinem Bahnfahrplan, Vermarktungsplattform wie der Deutsche Bahn, Bahnreiseveranstalter oder Bahnland Bayern (BEG) bleiben unbedient.“ Doch es geht nicht nur um Marketing: 7,5 Prozent der Deutschen fahren laut Munder mit der Bahn in den Urlaub. Eine Gästegruppe, die man nicht bedienen könne.

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