Sie wollen ihre Religion frei leben: Zwei Iranerinnen bei den Methodisten im Kirchenasyl Iranerinnen leben im Kirchenasyl

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Die beiden Iranerinnen Armita (links) und Tina (rechts) leben zurzeit bei der methodistischen Gemeinde und Pastor Stefan Schörk (Mitte) im Kirchenasyl. Aus Sicherheitsgründen wollen sie nicht erkannt werden. ⋌Foto: Klaus Trenz Foto: red

„Ich möchte als Frau und meine Religion frei leben“, sagt Armita (30). Sie und Tina (23) leben zur Zeit im Kirchenasyl in der Pegnitzer evangelisch-methodistischen Gemeinde. Sie haben Angst davor, dass ihre wirkliche Identität über soziale Netzwerke in ihre Heimat, den Iran, gelangt und ihre Familien dort Schwierigkeiten bekommen. Darum wollen sie nicht erkannt werden, nennen nicht ihren richtigen Namen.

 
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Die beiden jungen Frauen leben seit acht Wochen im Kirchenasyl. „In besonderen Härtefällen haben wir das schon mehrere Male ermöglicht“, sagt Pastor Stefan Schörk. Das Kirchenasyl ist quasi eine Überbrückungszeit von sechs Monaten, in denen Flüchtlinge nach dem Dublin-III-Abkommen in das Land abgeschoben werden können, das sie bei ihrer Ankunft in Europa zuerst betreten haben. Es komme immer darauf an, welches Land das war, sagt Schörk. „Aber nach Bulgarien oder Ungarn können wir aus humanitären Gründen niemand zurück schicken“, sagt er. Hier droht oft das Gefängnis. „Aber es gibt auch ganz persönliche Gründe, wie etwa der gesundheitliche Zustand von Flüchtlingen, die zum Kirchenasyl führen“, so Schörk.

Es gibt keineSozialleistungen

Nach den sechs Monaten läuft das reguläre Anerkennungsverfahren dann an. Während der Zeit des Asyls dürfen die Flüchtlinge das Kirchengebäude nicht verlassen, erhalten keine Sozialleistungen. Es gibt aber Absprachen zwischen dem Innenministerium und der Kirche, sagt Schörk. Und deshalb sind die Leute beim Einwohnermeldeamt, beim Bundesamt für Migration und der Polizei gemeldet. Versorgt werden Armita und Tina in Pegnitz von der Gemeinde und dem Unterstützerkreis. „Sie sind nicht krankenversichert“, sagt der Pastor. Wenn also ein Arztbesuch notwendig ist, schultert das die Gemeinde. In erster Linie lernen die beiden Frauen Deutsch – einmal separat, einmal kommen Frauen aus anderen Ländern mit ihren Kindern aus der Flüchtlingsunterkunft im Kleinen Johannes und lernen gemeinsam im Gemeindezentrum.

Druck gegen Pfarrer

„Der Schutz von Menschen vor Gefahr gehört schon seit über 2000 Jahren zum kirchlichen Kernauftrag“ , sagt Schörk. „Das ist ein unausgesprochener Schutzraum, in den normalerweise keine politische Gewalt eindringt.“ Er wurde von außerhalb, das heißt, nicht von Flüchtlingshelfern aus der methodistischen Gemeinde, angesprochen, ob er sich am Gewähren von Asyl beteiligen will. Das war keine Frage für Schörk, auch wenn es mit Schwierigkeiten verbunden ist. Zurzeit laufen drei Verfahren wegen „Beihilfe zum illegalen Aufenthalt“ gegen ihn. Schörk glaubt, dass der Staat damit Druck gegen die Pfarrer ausüben will. „Wenn es tatsächlich zu einer Verhandlung und Verurteilung kommt, wäre ich vorbestraft. Dann kann ich hier einpacken“, sagt er. Ein Verfahren wurde mittlerweile eingestellt. Hat er Angst vor Konsequenzen? „Nein“, sagt Schörk, „manchmal ist das Ganze zwar präsent, aber ich habe so viel anderes zu tun, da gerät das in den Hintergrund.“

Andere Religionen haben es schwer

Warum sind Tina und Armita aus dem Iran geflohen? „Aus religiösen Gründen“, sagen beide. Sie erzählen in einem Mischmasch aus Deutsch und Englisch. „Der Islam ist im Iran die Grundreligion“, sagt Armita, „andere Religionen haben es schwer.“ Die beiden Frauen sind trotzdem zum Christentum gewechselt, wollten ihre Religion leben. Doch das geht im Iran nur unter erheblichen Gefahren. Die iranische Geheimpolizei hat sie aufgespürt, also haben sie ihr Land verlassen. „Mit dem Flugzeug“, sagt Armita nur. Genaueres will sie aus Sicherheitsgründen nicht sagen. Auch, wo sie gelebt hat, bevor sie ins Asyl nach Pegnitz kam, nicht. Im Iran hat sie als Elektroingenieurin gearbeitet. Das möchte sie in Deutschland, wenn sie anerkannt ist, auch. Dafür lernt sie Deutsch. Aber es gibt auch anderes, das sie in Pegnitz macht. Musik, Kochen, Feste feiern mit anderen Flüchtlingsfamilien und sie hilft Schörk bei einfachen Arbeiten, faltet Infoblätter zum Beispiel. Kontakt zu ihren Eltern und Brüdern im Iran hat sie nur manchmal per Skype. „Als sie hier ankam, war Armita sehr verängstigt, unsicher, hat viel geweint“, erinnert sich Schörk. Sie hat versucht zu verdrängen, um die Situation auszuhalten. Das hat sich in den paar Wochen jetzt geändert. Hier fühlt sie sich sicher, lebt ohne Angst. Heimweh hat sie schon, aber in den Iran zurück kann sie nicht. Mit ihrer Familie könnte sie sich nur in Nachbarländern treffen, alles andere wäre viel zu gefährlich.

In Bulgarien ins Gefängnis

Die 23-jährige Tina ist gelernte Schneiderin. In Deutschland möchte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester machen, sagt sie. Sie erzählt etwas mehr von ihrer Flucht. „Ich bin vom Iran in die Türkei geflogen und von dort in drei Monaten zu Fuß bis nach Deutschland“, sagt sie. Als sie über die Grenze nach Bulgarien kam, wurde sie wie fast alle Flüchtlinge sofort von der Polizei festgenommen und kam für zwei Monate ins Gefängnis. „Die Polizei in Bulgarien ist böse“, sagt Tina leise. Im Gefängnis waren hauptsächlich Männer, die von der Polizei auch oft geschlagen wurden. „Den Frauen wurde nichts angetan“, sagt sie. „Tina hatte große Angst, dass sie nach Bulgarien zurück muss“, erinnert sich der Pastor an die Ankunft der Frau. In Pegnitz ist sie jetzt zur Ruhe gekommen, aber sie hat Angst, wie es danach weitergeht. „Ich will in Deutschland bleiben“, sagt Tina. Ihr Glaube hilft den beiden, die gegenwärtige Lage auszuhalten, er gibt ihnen die nötige Kraft dafür.

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