Interview mit Esel: Ich will Vater werden

Von Katharina Wojczenko

Er ist nicht nur die geschätzte Nummer 251 einer bedrohten Haustierrasse, er ist längst unser Richard. Im Bauch seiner Mutter Franzi kam er als Geschenk des Burgenlands nach Bayreuth. Donnerstag vor einem Jahr kam der kleine weiße Eselhengst im Röhrenseepark zur Welt - und will längst mehr als süß sein. Im Kurier spricht er über Karriere, Einsamkeit und sein wildes Liebesleben.

 
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Herr Esel, Richard, alles Gute zum Geburtstag!

Richard: Danke, schöne Frau! Darf ich an Ihnen schnuppern?

Ähm, ja. Sie sehen gut aus!

Richard: Zweimal im Jahr bekomme ich eine Entwurmungskur, meine Hufe sind supergepflegt, ich bin 1,15 Meter  groß, topfit. Ich fühle mich zum Halbwüstendurchqueren.

Sie stecken mit einem Jahr mitten in der Pubertät. Junge Menschen erleben in dieser Zeit oft dunkle Stunden. Ergeht es Ihnen ähnlich?

Richard: Ich gebe zu: Manchmal würde ich am liebsten aussterben. Wenn Dauerregen auf mich fällt und kein Staub zum Wälzen da ist. Es wäre so leicht. Wenn mir die Besucher nur ein bisschen Futter über den Zaun werfen würden. Mein Kollege im Tierpark in Sachsen-Anhalt ist gerade gestorben, weil ihn die Besucher mit Brot gefüttert haben.

Sie haben einen berühmten Namenspatron. Der tierliebe Richard Wagner hat in seinen Opern aber gar keinen Esel untergebracht. Im Ring kommt mit Grane ein Pferd vor. Sind Sie neidisch?

Richard: Ich sage dazu nur: Pferde sind Fluchttiere. Ich bleibe stehen, wenn es brenzlig wird. Brünnhilde hatte echt Glück, dass er sie nicht abwarf. Andererseits: Am Ende reitet sie mit ihm ins Feuer. Da hätte ich nicht mitgemacht.

Beruflich sind Sie vor kurzem in eine tiefe Krise geraten. Die beiden Eselinnen, Ihre Mutter Franzi und ihre Freundin Cosima, repräsentieren auf der Landesgartenschau wie geplant das Burgenland. Sie wurden ausgemustert, weil Sie für den Job völlig ungeeignet waren.

Richard: Was heißt hier ungeeignet. Die Burgenländer wollen, dass ein Esel sie repräsentiert. Aber wenn ein Esel wie ein Esel handelt, hat er ein Problem in Bayreuth.

Sie haben angefangen, sich Ihrer Mutter und deren Freundin amourös zu nähern...

Richard: Na und? Was glauben Sie, wie aus einer praktisch ausgestorbenen Haustierrasse wieder etwa 250 weiße Esel wurden? Der Klapperstorch hat uns sicher nicht gebracht. Wir sind alle irgendwie miteinander verwandt. Das ist bei Haustieren nichts Besonderes.

Robert Pfeifer, der Leiter des Stadtgartenamts, stimmt Ihnen zu. Aber er sagt auch: Den Anblick kann man Kindern nicht zumuten. Was haben Sie angestellt?

Richard: Ich weiß es nicht. In letzter Zeit fühle ich mich so komisch. Ich will wie immer spielen, andere im Nacken knabbern, sie rempeln, mit ihnen toben. Manchmal wird mir ganz anders. Ich will eine eigene Familie. Ich will kleine Esel machen. Ich muss. Dann will ich zubeißen, dann werde ich ruppig. Das mögen Eselinnen. Aber dann kann Blut fließen. Und dann steht ein blutiger Esel auf der Landesgartenschau.

Können Sie nachvollziehen, dass die Veranstalter diesen Anblick vermeiden wollten und Sie von den Damen trennten?

Richard: Für Menschen sieht das brutal aus. Menschen sind doof. Aber ich will kein Kinderschreck sein. Ich will einfach nur geliebt werden. Und ich muss sagen: Seitdem die Frauen weg sind, bin ich viel ausgeglichener.

Fühlen Sie sich einsam?

Richard: Die ersten Tage nach der Trennung waren hart. Ich habe geschrien, meine Mutter vermisst. Cosima, Mama und ich standen so oft beinander. Ich bin ein Esel, ich brauche Körperkontakt. (Pause) Die Pfleger haben mich extra oft gestriegelt. Das ist für mich das Höchste, da stehe ich immer ganz still. Aber eine Bürste ist kein Esel. Bis zuletzt habe ich Mamas Milch getrunken... Ich habe sie gerochen. Seit einer Woche rieche ich etwas Anderes, Wolliges.

Sie meinen sicher die elf Rotkopfschafe im Gehege nebenan. 

Richard: Ich verstehe sie nicht. Sie haben gar keinen roten Kopf. Sie laufen immer hintereinander her. Wahrscheinlich, um anzugeben. Von ihnen gibt es noch weniger als uns weiße Esel. Ein Zehntel des Bestands steht jetzt in Bayreuth. Die Leute schauen trotzdem lieber mich an. Ich bin halt ein fescher Burgenländer. Aber die Schafe sind ganz lässig. Wir haben uns schon ein bisschen beschnuppert.

Wenn Sie sich vertragen, dürfen Sie einander bald unter Aufsicht besuchen. Schließlich hat der Nürnberger Tiergarten sie extra deshalb ausgeliehen, während ihr Gehege renoviert wird. Freuen Sie sich?

Richard: Iaaa! Manchmal rülpsen sie. Aber ich bringe ihnen schon noch Manieren bei. Und vielleicht wollen sie mit mir kuscheln.

Wie kann man Ihnen zum Geburtstag eine Freude machen?

Richard: Ich habe mir von meinen Pflegern Möhren und Äpfel gewünscht. Solch Zuckerzeug bekomme ich sonst nie und ehrlich gesagt reichen mir Gras und Heu völlig. Aber heute will ich es krachen lassen. Und vielleicht krault mich jemand hinter den Ohren (iaaaht wohlig).

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