Schutzschirmverfahren soll unter anderem Frühförderung Zeit zur Sanierung bringen GmbH der Diakonie: Insolvenzantrag

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Er soll es richten: Diakonie-Vorstand Franz Sedlak. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Insolvent: Das Unternehmen der Diakonie, von dem die Schieflage ausging, hat einen Insolvenzantrag gestellt. Für die gemeinnützige GmbH "Hilfe für das behinderte Kind" hat das Amtsgericht Bayreuth ein sogenanntes Schutzschirmverfahren genehmigt. Jetzt hat es drei Monate Zeit, einen Sanierungsplan vorzulegen. Aber es ist noch Geld da.

 
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Die drei Millionen Euro Schulden der angeschlagenen Diakonie in Bayreuth zeigen die ersten harten Folgen: Anfang der Woche hat ein Tochterunternehmen der Diakonie, die gemeinnützige GmbH Hilfe für das behinderte Kind, einen Insolvenzantrag gestellt. Allein dort klafft ein Finanzloch von etwa 2,4 Millionen Euro. Unter dem Dach der GmbH sind das Heilpädagogische Zentrum, die Wohngruppen für behinderte Menschen und die Frühforderung untergebracht. Das jahrelange Defizit der Frühförderung hat die gesamte Diakonie an den Rand des Abgrundes gebracht.

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Das Amtsgericht hat jetzt für die GmbH ein Schutzschirmverfahren genehmigt. Das geht nur, wenn ein Unternehmen zwar überschuldet, aber – noch – nicht zahlungsunfähig ist. Es muss theoretisch in der Lage sein, zumindest die nächsten drei Monate seine Rechnungen zu bezahlen. Aber ab sofort hat die Geschäftsführung der gemeinnützigen GmbH einen Sanierungsspezialisten an ihrer Seite: den Bayreuther Rechtsanwalt Nils Freudenberg.

Er überprüft, was die Geschäftsführung unternimmt, in deren Aufgaben selbst greift er nicht ein, er ist nur beratend tätig. Er könnte aber die Reißleine ziehen, wenn er sieht, dass die Nummer mit der Sanierung aus dem Ruder läuft. Das ist seine Pflicht. Das Amtsgericht würde dann entscheiden, ob der Schutzschirm weiter gespannt bleibt oder beendet wird oder ein normales Insolvenzverfahren beginnt.

Ziel des Verfahrens soll es sein, „eine Vielzahl von Arbeitsplätzen dauerhaft“ zu erhalten, wie es in einer Pressemitteilung des Sanierungsspezialisten heißt. Bei der betroffenen GmbH sind aktuell 212 Mitarbeiter beschäftigt. Franz Sedlak (52), Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Bayreuth, darf zum laufenden Verfahren nichts sagen. „Ich habe Schweigepflicht.“ Er betont aber, im Fokus der Anstrengungen seien „alle Mitarbeiter und alle behinderten Menschen“, die bei der GmbH seien.

Ein weiteres Ziel des Insolvenzverfahrens sei es, „die für die Daseinsvorsorge notwendigen Teilbereiche neu zu strukturieren“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Die Diakonie selbst, die auch in einer Schieflage ist, ist von dem Insolvenzverfahren ihrer Tochter nicht betroffen.
Mit dem Insolvenz-Antrag aber hat das Sozialunternehmen die Reißleine gezogen. Hintergrund dürfte ein interner Streit um Geld sein – und um Zuständigkeiten. Mit dem Insolvenzverfahren dürfte sich der Druck auf die Verhandlungspartner erhöhen. Ein am Verfahren Beteiligter spricht davon, dass jetzt „eine Verhandlungsbasis aufgebaut“ werde.

Im Fokus der Verhandlungen steht – auch das wird nicht öffentlich bestätigt – ein Verein mit dem gleichen Namen wie die gemeinnützige GmbH: Hilfe für das behinderte Kind. Dieser Verein ist Träger des Heilpädagogischen Zentrums mit Schule, Wohnheim, Tagesstätte und der Schulvorbereitenden Einrichtung. Und er ist einer der zwei Gesellschafter der GmbH und unterstützt unter anderem Bauprojekte, die behinderten Menschen zugute kommen. Und dafür hat er Grundstücke.

Und er hat Geld gespart. Nach Informationen des Kuriers soll es sich um fast eine halbe Million Euro handeln. Darauf sind natürlich die Sanierer scharf, denn um Löhne und andere Rechnungen zu bezahlen, brauchen sie vor allem eins: dringend Geld.

Der Vorsitzende des Vereins, der Bayreuther Notar Markus Eberl (48), bestätigt die Summe nicht. Sie sei vertraulich. Ob der Verein der maroden GmbH eine Geldspritze geben würde? Eberl verweist auf rechtliche Probleme: Der Verein sei gemeinnützig, dürfe nicht einfach jemandem Geld geben. Auch nicht der eigenen GmbH? Nur, „wenn er verpflichtet ist“, sagt Markus Eberl.

Und er verweist darauf, dass der Verein selbst noch Schulden habe für ein Wohnhaus für behinderte Menschen. Und es sei wichtig, so schnell wie möglich weitere Wohnmöglichkeiten für diese zu schaffen. Es fehle in Bayreuth etwa an einem Heim für Schwerstbehinderte und an einem Seniorenheim für behinderte Menschen. „Eines der Hauptprobleme ist, so schnell wie möglich zu handeln um weiter zu bauen“, sagt Eberl. Dafür wollten die Mitglieder des Vereins das Geld verwendet sehen. Allerdings hat der Verein im Moment keine Bauprojekte.

Als erste Umstrukturierungsmaßnahmen könnte es zwei Betriebsübergänge geben: Der Wohnbereich für behinderte Erwachsene könnte unter dem Dach der Werkstätten für behinderte Menschen finden, der Verein also müsste ein Stück seines Verantwortungsbereiches verschieben. Auch ein anderer Bereich der Diakonie, das Begleitete Wohnen, soll unter dem Dach der Werkstätten untergebracht werden.

Schutzschirm - Der Schutz vor den Gläubigern

Normalerweise hat ein Unternehmen während der Schirm gespannt ist, drei Monate Zeit, einen Sanierungsplan vorzulegen. In dieser Zeit ist es vor den Ansprüchen der Gläubiger geschützt, daher der Name. Damit ein solches Verfahren genehmigt wird, müssen die Zahlen stimmen. Das Gericht hätte sonst nicht das Schutzschirmverfahren genehmigt. Sedlak spricht von einem „hohen Maß an Erfolgschancen“. Im Fall der Hilfe für das behinderte Kind hat ein Sanierungsspezialist, Rechtsanwalt Stefan Ettelt aus Dresden, im Vorfeld die Bücher durchforstet. Hätte kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegen, das Bayreuther Amtsgericht hätte auch kein Schutzschirmverfahren genehmigt. Sedlak hatte immer betont, „bis Weihnachten“ mit dem Hauptteil der Sanierungsarbeiten in der Diakonie fertig sein zu wollen. Diesen Zeitplan will er weiterhin einhalten.
Das Schutzschirm-Verfahren ist im Insolvenzrecht erst seit knapp zwei Jahren im Einsatz. Es soll einem angeschlagenen Unternehmen ermöglichen, sich innerhalb der bestehenden Strukturen zu sanieren und entschulden. Ein Bayreuther Insolvenzverwalter sagt: „Es bleibt dabei, die Gekniffenen sind die Gläubiger.

 

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