Kommentar "Gustl Mollath": Im Zweifel für den Angeklagten

Von Joachim Braun
 Foto: red

Gustl Mollath ist ein freier Mann. Das ist die Nachricht des gestrigen Tages. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg hat alle Beteiligten zufriedengestellt.

 
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Mollath natürlich an erster Stelle, der sich nach sieben Jahren in der Psychiatrie nun eine neue Existenz aufbauen kann, dessen Anwalt Gerhard Strate, der den Rechtsstaat Bayern wieder hergestellt sieht, die Tausende Unterstützer Mollaths, die auf allen Ebenen für dessen Freilassung kämpften, das Bezirkskrankenhaus Bayreuth, das hoffen kann, wieder aus den Negativ-Schlagzeilen zu verschwinden und auch die Justiz, die bewiesen hat, dass sie in der Lage ist, in dubio pro reo, also im Zweifel für den Angeklagten, zu entscheiden.

Und nicht zu vergessen die bayerische Politik: Die Opposition, weil sie sich massiv für Mollaths Freilassung eingesetzt hatte, und die CSU, deren Justizministerin erst eine ziemlich unentschlossene Rolle gespielt hatte und dann mit der Einleitung des Wiederaufnahmeverfahrens zumindest den Weg frei gemacht hatte für die gestrige OLG-Entscheidung.

Der von Gustl Mollath geforderte Freispruch ist dieser Beschluss nicht. Aber nun ist sichergestellt, dass das Urteil von 2006 rechtsstaatlich (und unter den Augen der Öffentlichkeit) überprüft wird. Selbst wenn das Landgericht Regensburg zu dem Schluss kommen sollte, dass der Nürnberger Richter Brixner bei allen Fehlern und Fahrlässigkeiten Mollath 2006 zu Recht für schuldunfähig erklärt hatte, wird dieser in Freiheit bleiben. Denn sieben Jahre weggesperrt gewesen zu sein, wiegt jedes weitere Urteil auf.

Diese Frage der Verhältnismäßigkeit neu zu regeln, ist nun die Aufgabe für die Politik, zu der die Causa Mollath sie zwingt. Dass es notwendig ist, den Paragrafen 63 des Strafgesetzbuches zu ändern und damit die Unterbringung von psychisch Kranken neu zu regeln, gerade in Zweifelsfällen wie dem von Gustl Mollath, hat vor zwei Wochen Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger im Interview mit unserer Zeitung deutlich gemacht. Das allerdings darf nicht noch mal Jahre dauern. Der nächste Fall Mollath käme sonst bestimmt.

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