Fotovortrag am Sonntag Idomeni: Schöne Bilder an absurdem Ort

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Auch kleine Momente der Hoffnung hat der Freiburger Fotograf David Lohmüller im Lager Idomeni eingefangen. Foto: David Lohmüller Foto: red

Er zeigt nicht nur das Elend, sondern auch schöne Momente. Der Freiburger David Lohmüller war als freiwilliger Helfer und Fotograf im inzwischen aufgelösten griechischen Flüchtlingslager Idomeni. An diesem Sonntag, dem internationalen Tag der Menschenrechte, hält Lohmüller an der Uni Bayreuth, Gebäude RW 1, um 19 Uhr einen Fotovortrag über Menschen auf der Flucht.

 
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Herr Lohmüller, mit welchen Gefühlen denken Sie an die Zeit im Lager Idomeni?

David Lohmüller: Das war für mich eine Zäsur in meinem Leben. Danach war nichts mehr, wie es vorher war. In dem Lager herrschten unglaubliche Zustände, und das quasi Mitten in Europa. Ich musste vieles erleben, was man nicht so gerne erleben möchte. Ich habe aber auch viele Schöne Dinge gesehen. Es sind Freundschaften mit Flüchtlingen oder anderen freiwilligen Helfern entstanden. Es war ein unglaublich energiegeladener Ort. Helfer und Geflüchtete saßen dort in einem Boot.

Würden Sie von menschenunwürdigen Zuständen sprechen?

Lohmüller: Definitiv. Das war ein Ort, wo die europäischen Werte und die Menschenwürde nicht viel Raum hatten. Dort mussten Menschen, die auf der Flucht vor Krieg sind, monatelang bei Sturm und Wolkenbruch in Zelten und bei Eiseskälte mit null Infrastruktur ausharren. Die Politik wollte ja nicht in der Lage sein, dieses größte Flüchtlingscamp, das es in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg gab, anders versorgen zu können. Dort herrschten menschenunwürdige Zustände. Ich bin nach wie vor in Kontakt mit einigen Familien. Bei einigen kommt jetzt erst nach Monaten raus, dass eines dieser Kinder seit Idomeni nachts nicht mehr schlafen kann, ohne dass Licht an ist. Das ist nicht seit dem Krieg in Syrien so gewesen, sondern seit Idomeni.

Das Lager Idomeni wurde ja aufgelöst. Wo sind die Menschen hin?

Lohmüller: Man weiß es nicht genau. Die Menschen sind danach auf offizielle Regierungslager umverlagert worden. Das waren zum Teil fast noch schlimmere Orte als Idomeni. Wir nannten die immer die „Lager der leeren Versprechungen“. Da wurden den Leuten Dinge versprochen, die am Ende nicht gehalten wurden. Darüber werde ich auch in dem Vortrag berichten. Erst langsam verbessern sich dort die Zustände.

Steht bei Ihren Fotos eher der dokumentarische oder der künstlerische Aspekt im Vordergrund?

Lohmüller: In erster Linie war ich als freiwilliger Helfer vor Ort. Aber ich bin auch Fotograf und hatte natürlich meine Kamera dabei. Jeden Morgen habe ich stundenlang Essen verteilt, und wenn ich danach Zeit hatte, bin ich durchs Camp gegangen und habe versucht zu dokumentieren, wie ich empfinde, was da los ist. Ich bin ja mit der Einstellung dorfhingegangen, dass dort nur allein reisende Männer wären. Aber das Camp war eigentlich ein Familienlager. Dort gab es allein 6000 Kinder. Die Fotos sind eine Mischung: Es gibt Situationen, die sind rein dokumentarisch, aber es gab auch Situationen in dem Camp, das ja ironischerweise in einer schönen Landschaft gelegen war, in denen ich an diesem absurden Ort auch schöne Einstellungen finden konnte. So habe ich auch schöne Bilder mitgebracht

Wie haben die Geflüchteten auf Sie als Fotografen reagiert.

Lohmüller: Damals waren ja viele Medienvertreter da. Insofern war ich nur einer von vielen. Ich habe mich zunächst eher zurückgehalten. Aber ich war dann als Helfer bekannt. Die Leute kannten mich. So ist eine Vertrauensbasis entstanden und ich bin an ganz andere Bilder gekommen, die ganz von alleine entstanden sind. Ich glaube schon, dass ich da ein paar intimere Bilder mitgebracht habe.

Es gibt ja auch Bilder, auf denen Kinder zu sehen sind, die Lachen und ganz zufrieden wirken...

Lohmüller: Das ist mir auch ganz wichtig: Ich habe dort sehr viele Facetten erlebt. Ich habe großes Leid gesehen, aber auch große Hoffnung. Ich habe Menschen gesehen, die eben das Beste aus ihrer Situation machen. Viele nehmen ihr Schicksal einfach in die Hand und gehen nach vorne. Da sind auch wunderschöne Projekte zusammen mit freiwilligen Helfern entstanden. Wenn dann die Kinder nach vielen Jahren zum ersten Mal in die Schule gehen, gibt natürlich fröhliche Gesichter. Die Leute freuen sich auch, wenn ihre Kinder mal ein bisschen Normalität haben. Ich bringe nicht nur Bilder mit langen Gesichtern von Kindern, die an Zäunen kleben mit, ich bringe auch sehr viele schöne Momente mit. Ich habe immer versucht, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Das ist ja auch ein Hauptanliegen in meinem Vortrag: die Flüchtenden nicht als abstrakte Masse wahrzunehmen, sondern als individuelle Menschen.

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