Ein Freitagabend wie jeder andere. Wenn Designstudent Ralf Holleis nicht in seine Heimat Bischofsgrün fährt, lädt er meist ein paar Freunde in seine kleine Studentenbude ein, um den Abend in geselliger Runde zu verbringen. Doch jedes Mal dasselbe Problem: Zu wenig Platz in der schmalen Küche! Stühle sind auch keine mehr da, also muss der Bierkasten als unbequeme Sitzoption herhalten. Womit sich andere trotz schmerzender Pomuskulatur abfinden, bleibt für den kreativen Kopf Ralf Holleis ein Problem, das gelöst werden muss. Schon als Kind montierte und bastelte er an seinen Spielzeugen, wollte sie verbessern, ihnen neue Funktion geben. Daniel Düsentrieb war sein Vorbild. „Leider klappte das nie", lacht der heute 25-Jährige. Doch nun hat Holleis, der sein Studium mittlerweile abgeschlossen hat und in Bayreuth arbeitet, mit „Türmli" aus alltäglichen Dingen etwas Geniales kreiert: Stühle, die bei Nichtgebrauch mit einfachen Handgriffen zu einem Regal gestapelt werden können. Damit nicht jedes Mal die Gegenstände mühsam herausgeräumt werden müssen, gibt es passend zum weißen Regal, Holzschubladen zum Herausziehen. Alles im modernen Design. Für diese Idee bekam Holleis den mit 2000 Euro dotierten „International Design Award". Und kann sich nun neben Gewinnern aus Russland, Südkorea und Belgien rühmen. Eine besondere Ehre! Nicht nur für ihn, sondern für die gesamte Coburger Hochschule, an deren Designfakultät Holleis den aufwendigen Prozess von der Skizze, über das Entwerfen verschiedener Modelle, deren Datenübertragung auf den PC bis hin zum Herstellen des Prototypen gelernt hat.Design gehört in Coburg längst zur Stadt wie Prinz Albert auf den Marktplatz. Jährlich errichtet die Hochschule zusammen mit Partnern aus der Wirtschaft sowie der Industrie- und Handelskammer zu Coburg ein Mekka für alle Design-Interessierten. Dieses Jahr bereits zum 25. Mal! Vor allem für Designunerfahrene ein echter Hingucker, wenn die Innenstadt mit kreativen Ideen, Visionen, Lichtern, Trends und erfolgversprechenden Geschäftsmodellen geschmückt ist. Neben zahlreichen Ausstellungen und Vorträgen im Gebäude der Städtischen Überlandwerke gibt es in der Alten Angerturnhalle die Ergebnisse des Bayerischen Staatspreises für Nachwuchsdesigner von 2012 zu bewundern. Es treten Bands auf und am Säumarkt gibt es 100 Sorten Bier zum Probieren. Ein besonderes Highlight ist das Videomapping von Christoph Drews, das während der fünftägigen Veranstaltung täglich um 22.30 Uhr abgespielt wird. Auf einem Gebäude (Ketschengasse 46) werden Bewegtbilder projiziert, die einen mit ihren Lichteffekten und Projektionsfacetten in eine andere Welt entschwinden lassen.Für die Stadt Coburg gelten die Designtage als Herausforderung und Chance zugleich. Als „Glücksfall für die Region" bezeichnet sie Siegmar Schnabel, IHK-Hauptgeschäftsführer. Jahr für wurde die Beachtung größer. 2012 lockte das Spektakel 11 000 Besucher in die historische Innenstadt.Das „Türmli" von Ralf Holleis ist übrigens auf den Designtagen nicht zu sehen. Es steht in seiner Wohnung, um dort die „Freitagabend-Problematik" zu beseitigen. Ein Serienproduzent wird noch gesucht. Holleis präsentiert auf den Designtagen stattdessen ein anderes Schmuckstück seiner ausgefallenen Projekte. Ein Fahrrad, das zum Teil in einem 3D-Drucker hergestellt wurde. Es ist exakt an die Kundenbedürfnisse angepasst. So werden Arm-, Beinlänge und Körpergröße erfasst und geben den perfekten Fahrradrahmen vor. Die Verbindungsmuffen werden durch 3D-Druck hergestellt – für Designer das Verfahren der Zukunft.