Hohe Hürden in der Fahrprüfung

Von Peter Rauscher
So wird's richtig gemacht: Fahrlehrer Ingo Jeray mit seinem Schüler Robin Mann. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Immer öfter fallen Fahrschüler durch die Führerscheinprüfung. Vor allem an der Theorie hapert es. Werden die Schüler dümmer oder die Prüfungen schwerer? Ein Bayreuther Fahrlehrer hat eine Erklärung.

 
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Auf welchen Straßen gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h? Wenn Sie jetzt meinen: „Klar, die Antwort auf diese Prüfungsfrage weiß ich: nur auf Autobahnen -  hätten Sie schon die ersten Fehlerpunkte kassiert. Richtig sind nämlich auch die Antworten: „Auf Kraftfahrstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften mit baulich getrennten Fahrbahnen für jede Richtung“ und „Auf Kraftfahrstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften mit mindestens zwei markierten Fahrstreifen für jede Richtung“.

Nach 18 Jahren nochmal zur Fahrprüfung

Die Prüfungsfrage mit der Richtgeschwindigkeit ist nur eine von denen, die in der Theorieprüfung besonders oft falsch beantwortet werden, sagt Ingo Jeray. Der Bayreuther Fahrlehrer ist Kreis- und Regionsvorsitzender sowie einer der stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer.

 Dass immer mehr Fahrschüler an der Fahrprüfung scheitern, hatte kürzlich das Kraftfahrtbundesamt mitgeteilt. Demnach fiel im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel aller Anwärter bei der theoretischen Prüfung durch, sieben Prozent mehr als 2016.  Auch in der Praxis hapert es immer mehr: Knapp ein Drittel der Prüflinge fiel 2017 durch, immerhin ein  Plus von drei Prozent.  Die Werte für Bayern: 35,9 Prozent Durchfallquote in der Theorie, 25,4 Prozent in der Praxis. Durchfallquoten für Stadt und Landkreis Bayreuth konnten weder TÜV noch Kraftfahrtbundesamt auf Anfrage nennen.

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Aus seiner persönlichen Fahrlehrerpraxis kann Jeray steigende Durchfallerzahlen speziell für Bayreuth nicht bestätigen. Zu den landesweit steigenden Quoten sagt er: „Die Theorieprüfung ist anspruchsvoller geworden.“ Und sie ist anders als früher, weil die Digitalisierung auch in die Fahrschulen Einzug gehalten hat. So werden heute den Prüflingen nicht nur Schaubilder auf Papier, sondern Fahrsituationen auf Tablet-Videos gezeigt, die er sich bis zu fünf Mal anschauen kann, ehe  die Fragen dazu beantwortet werden.

Der Grund für die steigenden Durchfallerzahlen ist aber nach Ansicht Jerays nicht, dass Prüfungen schwerer würden. Die Hauptursache sieht er in Sprachproblemen. Die Zahl nichtdeutscher Prüflinge habe zugenommen. Zwar liegen Prüfungsbögen in zwölf Sprachen vor. „Aber allein im Arabischen gibt es neben Hocharabisch viele Dialekte.“ Wenn die Prüfungsfrage aber nicht ganz genau verstanden werde, sei das Fehlerrisiko hoch. Und ein kleines Wort wie „nicht“ oder eine Vorsilbe „un-“ sei schnell überlesen.

Migranten müssen oft eine deutsche Fahrprüfung ablegen

Sprachprobleme wirkten sich auch in der praktischen Ausbildung aus. „Wenn ich einem Schüler im Fahrzeug die Gründe für seine Fehler nicht erklären kann, wird es schwierig“, sagt Jeray. Deshalb sei  auch schon mal ein Bekannter eines Fahrschülers als Übersetzer auf dem Rücksitz mitgefahren. Der Bundesvorsitzende des Fahrlehrerverbandes, Gerhard von Bressendorf, wies zudem darauf hin, dass  nicht deutschsprachige Bewerber in einer anderen Verkehrskultur aufgewachsen seien und oft drei bis fünf Anläufe bräuchten, um eine Praxisprüfung zu bestehen. Durch zunehmenden Verkehr gebe es außerdem mehr Fehlerquellen für Prüflinge.

Dass immer mehr Migranten den Führerschein machen, habe auch einen rechtlichen Hintergrund: Ein Syrer zum Beispiel dürfe mit seinem syrischen Führerschein ein halbes Jahr in Deutschland Auto fahren, dann müsse er die deutsche Führerscheinprüfung ablegen.

Jeray glaubt nicht, dass Fahrschüler die Prüfung heute auf die leichte Schulter nehmen. Rund 2000 Euro  Kosten im Schnitt für die Fahrerlaubnis seien Motivation genug, um sich in der Prüfung anzustrengen. Wer mehrfach scheitert, ohne dass sich die Ergebnisse verbessern, riskiert, von der Führerscheinstelle zur medizinisch-psychologischen Untersuchung geschickt zu werden. Andererseits sagt Jeray auch: „In Großstädten hat der Führerschein nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher.“


Tückische Theoriefragen

Diese Prüfungsfragen werden nach Erfahrung von Ingo Jeray besonders oft falsch beantwortet:

1. Wann dürfen Sie Nebelschlussleuchten einschalten?

  • a: Wenn durch Nebel die Sichtweite weniger als 50 m beträgt
  • b: Wenn durch Nebel die Sichtweite 100 m beträgt
  • c: Wenn durch starken Regen die Sicht behindert wird

 

2. In Ihrem Pkw flattert das Lenkrad während der Fahrt. Woran kann das liegen?

 

  • a: Räder haben Unwucht
  • b: Stoßdämpfer sind defekt
  • c: Federung ist schadhaft

 

3. Vor welchen Zeichen müssen Sie mindestens 10 m Abstand halten, wenn diese sonst durch Ihr Fahrzeug verdeckt würden?

 

  • a: Andreaskreuz
  • b: Halt, Vorfahrt gewähren
  • c: Haltverbot

 

Richtige Antworten: 1a; 2a, b, c; 3a, b.


Wer sein Theoriewissen testen will, findet auf der Internetseite des ADAC eine kostenlose Demoversion zur theoretischen Fahrprüfung.

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