Prozess um 1,5 Kilo Crystal: Warum zwei von drei Angeklagten günstig davon kommen Hohe Freiheitsstrafe für Kulmbacher Drogendealer

Von Manfred Scherer
Das Bayreuther Landgericht hat am 28. August 2015 drei Männer aus dem Raum Kulmbach verurteilt. Ein Drogenschmuggler bekameine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten. Sein Hauptabnehmer sieben Jahre und ein dritter Angeklagter zwei Jahre und zehn Monate. Foto: Archiv Foto: red

Es ist einer der größten Rauschgiftfälle seit langem: Insgesamt 1,5 Kilo Crystal Speed schmuggelte ein Mann innerhalb von zwei Jahren aus Tschechien ein. Im Vergleich mit seinem Hauptabnehmer kommt er vor Gericht besser davon. Einen dritten Angeklagten sieht das Landgericht nicht mehr als Mittäter an.

 
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Sieben Jahre Haft lautet das Urteil gegen einen 32-jährigen Kulmbacher. Dieser Mann war im April 2014 die Zielperson von Beamten der Kriminalpolizei mit Zentralaufgaben, kurz KPI/Z. Diese Kripo, früher hieß sie OK-Dienststelle, hatte den Auftrag, den 32-Jährigen aus dem Verkehr zu ziehen. Tips aus der Szene besagten: Der 32-Jährige sei ein großer Fisch, Kulmbach "sein Land". 

150 Gramm Rauschgift im Gepäck

Die Spezialisten ermittelten bei dem Projekt "Road Runner" tatsächlich, dass der 32-Jährige ein großer Dealer war. Und sie fassten seinen Lieferanten. Einen 26-jährigen Kulmbacher, der zwischen Januar 2013 und Januar 2015 zwölf Fahrten nach Asch unternommen hatte und dort auf dem Vietnamesenmarkt gleich hinter der Grenze Crystal Speed günstig eingekauft hatte. Am 10. Januar 2015 wurde der Rauschgiftschmuggler mit 150 Gramm Rauschgift im Gepäck festgenommen. 

"Nur mit Kronzeugen kommen wir in die Drogenszene hinein"

Vor Gericht bekam der Schmuggler fünf Jahre und zwei Monate Haft. Warum der eklatante Unterschied zu den sieben Jahren des 32-Jährigen? Der Vorsitzende der Strafkammer am Bayreuther Landgericht, Michael Eckstein: "Ein Kronzeuge darf nicht die Schaufel drauf gehauen bekommen. Nur mit Kronzeugen kommen wir in die Drogenszene hinein."

Tatsächlich hatte der 26-Jährige bald nach seiner Festnahme ein Geständnis abgelegt, das weit über die Erkenntnisse der Polizei hinausging: Von neun der zwölf Schmuggelfahrten erfuhren die Ermittler erst vom Kronzeugen.

Geständnis des einen setzt den anderen unter Zugzwang

Und sie bekamen, was sie eigentlich wollten: Ein Geständnis, das auch ihre Hauptzielperson belastete. Dem 32-jährigen Dealer blieb nichts anderes übrig, als seinerseits zu gestehen. Demnach hat er elf der zwölf Fahrten zum großen Teil vorfinanziert, von den 1,5 Kilo bekam er 600 Gramm. 300 Gramm davon verkaufte er weiter. Die Drogen lagen in bestimmten Depots bereit, die Käufer warfen das Geld dafür in den Briefkasten am Haus der Eltern des Dealers. Dass darin "ausgeprägte kriminelle Energie" zu erkennen war - diese Ansicht von Staatsanwältin Katharina Roggenbrod teilte das Gericht im Urteil.

Und dann wird der Kronzeuge plötzlich unglaubwürdig

Äußerst ungewöhnlich ist der Fall des dritten Angeklagten. Den 38-Jährigen hatte der Kronzeuge ebenfalls schwer belastet - das Gericht wollte aber eine Verurteilung wegen Schmuggel und Handels gegen den 38-Jährigen nicht auf die Kronzeugenaussage stützen. "Nicht belastbar", sagte Richter Eckstein. Der 38-Jährige wurde "nur" wegen Besitzes von 90 Gramm Crystal bestraft und bekam zwei Jahre und zehn Monate Haft.

Höchste Forderung der Staatsanwältin: Neun Jahre

Die Staatsanwältin hatte für den 26-Jährigen siebeneinhalb Jahre gefordert, sein Verteidiger Franz Xaver Wittl dagegen fünf Jahre und fünf Monate. Gegen den 32-Jährigen hatte die Anklägerin neun Jahre gefordert, sein Verteidiger Hilmar Lampert fünf Jahre und neun Monate. Und für den 38-Jährigen beantragte Katharina Roggenbrod vier Jahre, sein Verteidiger Alexander Schmidtgall forderte zwei Jahre und acht Monate.

Die Zahlen stehen nur auf dem Papier

Doch diese Zahlen stehen nur auf dem Papier: Alle drei Angeklagten werden wegen ihrer Drogensucht einen Großteil des Freiheitsentzugs in der Zwangstherapie verbringen. Und Zwangstherapie heißt: Entlassung nach der Hälfte der Zeit.

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