Mitglieder von „Bunt statt braun“ sind an ihren Grenzen angekommen Bayreuth: Hilferuf der Flüchtlingshelfer

Von Frank Schmälzle
Die neue Kleiderkammer für Flüchtlinge ist gefüllt. Was jetzt gebraucht wird: Spielkarten, Schach und Würfelspiele, Männerschuhe, ungebrauchte Unterwäsche und warme Jacken. Foto: Wittek Foto: red

Für die Helfer in der Flüchtlingsunterkunft an der Wilhelm-Busch-Straße spitzt sich die Lage zu. Mit einem Hilferuf hat sich der Bayreuther Flüchtlingsbetreuungsverein „Bunt statt braun“ am Donnerstag an die Öffentlichkeit gewandt. Und auch die Asyl-Sozialberatung der Caritas braucht mehr Unterstützung. Jetzt. Bevor die Stimmung an der Wilhelm-Busch-Straße kippt.

 
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Das sagt Bunt statt braun: „Wir stoßen an unsere Grenzen“, sagt Christel Stein, die seit über 20 Jahren für Bunt statt braun an der Wilhelm-Busch-Straße und an anderen Unterkünften Flüchtlinge betreut. „Wir sind zwar ein großes Team“, sagt Stein. Ein Team, das in dieser Woche noch größer geworden ist. Seit Mittwoch sorgen 15 Studenten dafür, dass sich Flüchtlinge, die aus der heillos überfüllten Bayernkaserne in München nach Bayreuth verlegt wurden und oft ohne geeignete Bekleidung unterwegs sind, einkleiden können. Aber die Aufgaben sind zu viele: „Wir sind zehn Stunden und länger am Tag im Einsatz“, sagt Stein. „Wir schaffen das nicht mehr lange alleine.“ Vor allem bei der Essensausgabe, bei der allgemeinen Betreuung und bei Fahrdiensten braucht Bunt statt braun dringend Unterstützung von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen.

Das sagt die Caritas: Der Hilferuf darf nicht verhallen, die ehrenamtlichen Helfer dürfen nicht überfordert werden, sagt Dolores Longaris-Bäumler. „Denn ohne sie hätten wir ein riesiges Problem.“ Wer soll sich um die Flüchtlinge kümmern, wenn die Ehrenamtlichen nicht mehr können? Wer soll sie zur medizinischen Untersuchung bringen? Für sie dolmetschen? Bei der Essensausgabe helfen oder einfach mal für ein Gespräch zur Verfügung stehen? Dolores Longaris-Bäumler und ihre drei Kolleginnen von der Asylberatung der Caritas stünden auf verlorenem Posten. Für die Erstaufnahme von Flüchtlingen sind sie eigentlich gar nicht zuständig. Sie sollen jene Asylbewerber beraten und betreuen, die schon länger, zum Teil seit Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft an der Wilhelm-Busch-Straße untergebracht sind und auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten. Doch darauf ziehen sich die Sozialberaterinnen nicht zurück. „Die neu angekommenen Flüchtlinge sind nervös. Sie haben viele Fragen, mit denen sie zu uns kommen. Und auch die ehrenamtlichen Helfer brauchen Informationen, die sie sich bei uns holen“, sagt Longaris-Bäumler. So hat sie das erwartet, als klar wurde, dass die Erstaufnahmeeinrichtungen aus allen Nähten platzen würden und Flüchtlinge auf die bayerischen Regierungsbezirke weiterverteilt werden würden. Und genauso ist es eingetreten. Derzeit sei die Lage an der Wilhelm-Busch-Straße noch ruhig, die Stimmung sei gut. „Weil das Team aus Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen funktioniert.“ Aber das kann kippen.

Was es braucht? Noch mehr ehrenamtliche Unterstützung sagt Christel Stein. Und noch mehr Unterstützung von der Regierung von Oberfranken, sagt Dolores Longaris-Bäumler. Der will die Beraterin der Caritas keineswegs den Schwarzen Peter zuschieben. Im Gegenteil: Am Montag saßen Vertreter der Regierung mit ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfern drei Stunden lang zu einer kurzfristig anberaumten Manöverkritik zusammen. Mit konkreten Ergebnissen: Mehr Mitarbeiter eines von der Regierung beauftragten Sicherheitsdienstes sind jetzt vor Ort. Sie übernehmen jetzt auch mehr Aufgaben. Und: Die Regierung schafft Platz für Sach- und Kleiderspenden. Was die Regierung darüber hinaus tun könnte: „Wir brauchen einen Manager, der die Unterstützung koordiniert und der als Ansprechpartner für Flüchtlinge und Helfer da ist“, sagt Longaris-Bäumler.

Das sagt die Regierung von Oberfranken: Bei der Regierung allerdings ist man selbst am Rande der Belastungsgrenze angekommen. „Auch wir arbeiten an den Wochenenden durch“, sagt Regierungssprecher Oliver Hempfling. Damit die Flüchtlinge nicht länger als unbedingt notwendig in den Notunterkünften bleiben müssen, erfassen Mitarbeiter der Regierung auch an den Wochenenden ihre Daten in EDV-Systemen des Landes und des Bundes. Das ist Voraussetzung dafür, dass die Flüchtlinge in das für ihr Herkunftsland zuständige Bundesland weitervermittelt und dort endlich zur Ruhe kommen können. Die Regierung hat zusätzliche Datenerfassungsplätze eingerichtet und ihre Mitarbeiter dazu aufgefordert, sich freiwillig für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen. Mit Erfolg: Fünf bis sieben Tage sollen Flüchtlinge maximal in der Wilhelm-Busch-Straße bleiben. Hempfling: „Das ist uns in vielen Fällen gelungen.“

Auch dem Regierungssprecher ist klar: Ohne die Ehrenamtlichen kollabiert die Flüchtlingsaufnahme in Bayreuth. „Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung und überlegen gerade, wie wir diese Dankbarkeit zum Ausdruck bringen können.“ Das Problem: Niemand weiß, wie lange die Situation noch so angespannt bleiben wird. Niemand weiß, wie lange noch Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen auch nach Bayreuth gebracht werden. „Man hört, dass die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen leicht rückläufig ist“, sagt Hempfling. Aber belastbar sei diese Aussage nicht. „Wir sind alle im Ungewissen.“

Lesen Sie auch Frank Schmälzles Kommentar: Helft endlich den Helfern!

INFO: Wer die ehrenamtliche Betreuungsarbeit von Bunt statt braun unterstützen möchte, kann sich am Montag, 3. November, von 10 bis 12 Uhr an der Wilhelm-Busch-Straße, Firma Bechert in eine Liste eintragen oder sich bei Christel Stein unter der Telefonnummer 0176/ 91 11 37 56 melden.

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