Hilfe, wenn der Darm nicht gesund wird

Von Peter Rauscher
Sie leiten die Bayreuther Selbsthilfegruppe gegen Entzündliche Darmkrankheiten (von links): Dr. Michael Geppert, Gabriele Grünthaner und Tino Dittrich. Foto: Peter Rauscher Foto: red

Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland leidet an einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit (CED). Die Krankheit ist nicht heilbar, Hilfe gibt es dennoch. Bei Fachärzten und Selbsthilfegruppen wie der, die sich in Bayreuth einmal im Monat trifft.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Man hat Durchfall, Blut, Schleim und schlimme Bauchschmerzen – und das ganz oft am Tag.“ So beschreibt Gabriele Grünthaner, was passierte, wenn sie einen Schub hatte. Die 58-jährige Bayreutherin gehört zu den sechs Patienten, die im Februar 1994 die Selbsthilfegruppe CED Bayreuth-Kulmbach gegründet haben. Mittlerweile gehören der Gruppe mehr als 100 Mitglieder an, von Grafenwöhr und dem Nürnberger Land bis Hof.

Ursachen unbekannt

Sie alle leiden an Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa. Das sind chronische Entzündungen des Darmes, im Fall der Colitis ulcerosa des Dickdarmes, deren genaue Ursachen immer noch unbekannt sind, sagt Gastroenterologe Dr. Michael Geppert, neben seinem Kollegen Dr. Kai Rösler ärztlicher Leiter der Selbsthilfegruppe. Viele Patienten erkrankten zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr, auch um die 60 trete die Krankheit öfter auf.

Krankheit in Schüben

Die Folgen könnten sehr schwerwiegend sein: „Wenn wir es nicht schaffen, den Darm zu stabilisieren, kann die Entwicklung Jugendlicher schwer gestört und die Pubertät gestoppt werden.“ Die Krankheit verlaufe in Schüben, die mehrere Wochen dauerten, und könne immer wieder kommen. „Mit 20 und mehr Stuhlgängen am Tag und wehenartigen Bauchschmerzen“, sagt Geppert.

Angst, in die In die Hose zu machen

Ein normales Leben sei in diesem Zustand nicht möglich. An wiederholten Durchfällen zu leiden und nicht jederzeit rasch eine Toilette aufsuchen zu können, sei für Menschen in verschiedenen Berufen nachvollziehbar sehr belastend, sagt Geppert. Als Beispiele nennt er Bus- und Taxifahrer, Lehrer oder Polizeibeamte, die mit der Angst leben, in die Hose zu machen. Man sei  völlig ausgelaugt und fertig, berichten Mitglieder der Selbsthilfegruppe.

An Arbeit nicht zu denken

An Arbeit, auch in der Familie, sei in diesem Zustand kaum zu denken. Man könne nicht einmal Besorgungen machen, einkaufen oder ohne Fahrer zum Arzt gelangen. Hinzu komme eine enorme psychische Belastung durch die Ungewissheit über die Herkunft der Krankheit. Und immer die bange Frage, wann der nächste Schub droht. Oft auch Existenzängste, wenn man seinen Job nicht ausüben könne. Von einer Erwerbsminderungsrente schon in jungen Jahren könne niemand leben.

Nicht heilbar

„Wir können die Krankheit nicht heilen, aber wir können die Symptome lindern“, sagt Michael Geppert. Durch Tipps für die Lebensweise und durch Medikamente, die individuell auf jeden abgestimmt sind. Das funktioniere bei den einen besser, bei den anderen leider nicht so gut.

Mit der Krankheit gut leben

Bei Gabriele Grünthaler hat es gut funktioniert. Seit 19 Jahren sei sie ohne Schub, berichtet sie. Dennoch oder gerade deshalb sei ihr die Selbsthilfegruppe wichtig. „Oft rufen mich Ratsuchende auch zuhause an und brauchen Beratung“, sagt sie. „Ich war 19 und mit der Diagnose völlig überfordert. Hier habe ich erst gesehen, dass man auch mit der Krankheit gut leben kann – meistens jedenfalls“, sagt eine Teilnehmerin.

Tipps für den Alltag

Die Gruppe sei wichtig, „weil man hier feststellt, dass man nicht allein mit seinem Problem ist“, sagt Tino Dittrich. Der 42-jährige Bayreuther, bei dem die Krankheit vor elf Jahren festgestellt wurde, ist ebenso wie Grünthaler Ansprechpartner der Gruppe.  Hier gibt es neben viel Verständnis auch praktische Tipps für den Alltag: Wie schlägt diese oder jene Therapie oder Arznei an, wie kommt man an den Schwerbehindertenausweis, bei welchem Arzt ist man gut aufgehoben? Alle Gruppenteilnehmer schätzen sehr, dass die Gruppe auch zwei ärztliche – ehrenamtliche -  Ansprechpartner hat, die sich bei den monatlichen Treffen mehr Zeit nehmen als in der Sprechstunde. Und auch Geppert sagt, er profitiert von der Selbsthilfegruppe. Man könne in aller Ruhe reden und lerne alle Facetten der Krankheit kennen, auch das berufliche und private Umfeld. Dafür sei in einer normalen Sprechstunde keine Zeit.

Aktionstag in Bayreuth

Anlässlich des Welt-CED-Tages am 19. Mai lädt die Selbsthilfegruppe Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Bayreuth-Kulmbach für Mittwoch, 16. Mai, von 19 Uhr bis 21.30 Uhr Betroffene, Angehörige, Ärzte und alle Interessierten zu einem Aktionstag ins Arvena-Kongresshotel in Bayreuth (Eduard-Bayerlein-Straße 5a) ein. Auf dem Programm stehen die Vorstellung der Selbsthilfegruppe sowie Vorträge von Dr. Michael Geppert, Dr. Steffen Mühldorfer (Chefarzt Medizinische Klinik Bayreuth) und Prof Thomas Kallert,  Ärztlicher Direktor der Bezirkskliniken Oberfranken. Der Eintritt ist frei. Gabriele Grünthaner ist zu erreichen unter gg@shg-mc-cu-bayreuth.de.

Bilder