Heute ist der Kuss ein Muss

Von Christina Holzinger

Wenn Sie das lesen, legen Sie Ihre Zeitung weg, schauen Ihrem Gegenüber tief in die Augen und geben Sie ihm: einen Kuss. Denn heute ist Welt-Kusstag – die perfekte Gelegenheit, Partner, Kinder, Eltern oder das Haustier ausgiebig zu busseln. Und nun, wenn Sie die Lektüre des Artikels fortsetzen, erfahren Sie die Geheimnisse hinter dem Schmatzer.

 
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Egal ob busseln, züngeln oder knutschen – wir küssen durchschnittlich 3,2 Mal pro Tag. Warum sich Menschen küssen, ist unter Forschern umstritten. Einige Wissenschaftler behaupten, dass das Küssen aus der Brutpflege stammt: Während der Fütterung geben Elterntiere ihrem Nachwuchs vorgekaute Nahrung, woraus das Küssen entstanden sei. Für andere Wissenschaftler ist die Wurzel des Kusses sexueller Natur: Aus der Geste der Vierbeiner, das Hinterteil des Artgenossen zu beschnüffeln und zu belecken, sei mit dem Aufrichten des Menschen der Kuss entstanden. Doch das Küssen ist „nur teilweise erforscht“, sagt Stefan Zimmermann, Oberarzt der Kardiologie am Klinikum Bayreuth.

Küssen macht glücklich

Deshalb werden auch Kussforscher – Philematologen genannt – den wahren Ursprung des Kusses wohl nie vollständig klären können. Herausgefunden haben sie aber, dass zwei Drittel der Menschen den Kopf beim Küssen nach rechts neigen. Und dass ein Mensch in 70 Lebensjahren im Schnitt mehr als 76 Tage mit Küssen verbringt. Sicher ist: Küssen macht glücklich. „Beim Küssen schüttet der Körper Adrenalin und Oxitocin aus, was für ein Hochgefühl sorgt“, sagt Zimmermann.

Kein Kuss bei der Eheschließung

Kein Grund zum Knutschen ist aus Sicht der evangelischen Kirche die Eheschließung. Denn „Sie dürfen die Braut jetzt küssen“ ist nicht in der Trauagende (das heißt wirklich so) festgelegt, wie Hannes Schott, Pfarrer in Meyernberg, sagt. Seiner Meinung nach brauche es keine Kuss-Aufforderungen: „Wegen mir kann der Bräutigam seine Braut so oft küssen, wie er will“, sagt er. Seines Wissens nach kommt das Küssen während der Trauzeremonie aus dem amerikanischen Trauzeremoniell: „Die Menschen fordern immer mehr, was sie in den Medien oder im Kino sehen.“

Kuss in der Bibel

Auch in der Bibel spielen Küsse eine wichtige Rolle: Es drückt – meist metaphorisch - Versöhnung oder Nähe aus. Oder aber Verrat: Mit dem Todeskuss – auch Judaskuss genannt – verrät der Apostel Judas von Iskariot Jesus an den Hohenpriester. Der Kuss war vorab mit dem Hohenpriester als Erkennungszeichen vereinbart worden.

Auch Tiere küssen

Nicht nur Menschen, sondern auch manche Tierarten küssen. Besonders verbreitet soll das Knutschen unter der Schimpansenart Bonobo sein. Wirklich knutschen, denn die Bonobos verwenden dabei ihre Zungen. „Küssen ist aber etwas sehr Menschenspezifisches“, sagt Gerrit Begemann, Entwicklungsbiologe an der Uni Bayreuth. Dennoch könne er sich vorstellen, dass einige Tierarten – vor allem unter den Menschenaffen – küssen.

Kino-Küsse

Nicht nur im wahren Leben und der Tierwelt, sondern auch auf der Leinwand wird geküsst, was das Zeug hält. Der Weißenstädter Schauspieler und Regisseur Michael von Hohenberg weiß, dass ein guter Filmkuss „heute nichts anderes als ein echter Kuss“ ist: „Früher haben die Schauspieler nur die Lippen gespitzt und aneinander gedrückt – heute wird sich richtig geküsst.“

Küssen macht süchtig

Bühnen-Küsse können auch süchtig machen, wie der stellvertretende Intendant der Studiobühne, Marcus Leclaire, verrät: Vor einigen Jahren probte ein Paar eine Liebesszene – zierte sich jedoch, als es darum ging, sich zu küssen. Die Regisseurin forderte die beiden mehrmals auf, doch das Paar reagierte immer mit betretenem Schweigen. „Los, hopp, küsst euch endlich“, soll die Regisseurin gesagt haben. Wiederwillig küssen sich die beiden – und hören nicht wieder auf. Nach über einer Minute soll die Regisseurin dazwischen gegangen sein.

Frischer Atem

Für Schauspieler und Laien hat von Hohenberg einen Tipp für den perfekten Kuss: „Man muss einen frischen Atem haben.“ Jedoch wird seiner Einschätzung nach in einer Beziehung noch eher darüber hinweggesehen „wenn man nach Zwiebeln oder Knoblauch riecht“. Wenn man mit dem Gegenüber redet und auf seine Wünsche eingeht, sollte nach Erfahrung von Hohenbergs „ein ganz toller Kuss dabei rauskommen“.

Star-Wars-Küsse

Sein Lieblings-Filmkuss ist der zwischen Prinzessin Leia und Han Solo im Star Wars-Klassiker „Das Imperium schlägt zurück“. Für Hohenberg, der selbst ein großer Star Wars-Fan ist, ist diese Kuss-Szene eine der großen Erinnerungen an die Prinzessin Leia-Schauspielerin Carrie Fisher, die im vergangenen Dezember verstarb.

Küssen macht schlank und gesund

Wer immer noch nicht vom Küssen überzeugt ist, hört vielleicht auf die Wissenschaft: Pro Minute verbrennen wir während eines Kusses bis zu 20 Kilokalorien – im Einsatz sind dabei einige Dutzend Gesichtsmuskeln. Zudem ist Küssen auch gut für Zähne, Lunge und Immunsystem: Während des Küssens atmen wir rund 60 Mal pro Minute – dreimal so schnell wie sonst. Außerdem wird die Speichelbildung angeregt, was wegen dem im Speichel enthaltenen Kalzium und dem Spurenelement Phosphor den Zähnen zugute kommt. US-Forschern zufolge soll das Küssen das Immunsystem stärken, da dadurch chemische Substanzen – sogenannte Neuropeptide – gebildet werden, die Bakterien und Viren vernichten. Und außerdem hilft es Stress abzubauen, da das Gehirn vermehrt Neurotransmitter bildet und die Entstehung schädlicher Stresshormone bremst.

 

Mit Material von dpa

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