Heufer-Umlauf: Politik statt Halligalli

Von Andreas Heimann,
Entertainer Klaas Heufer-Umlauf sitzt im Redaktionsraum der ProSieben-Politsendung «Ein Mann, eine Wahl». Foto: Claudius Pflug/ProSiebenSat.1/dpa Foto: red

Er fährt mit FDP-Chef Christian Lindner in einem schwarz-gelben Chevrolet Camaro in die Waschstraße. Er unterbricht ein Interview mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, um kurz mal aufs Klo zu verschwinden und fragt AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel, was sie für Patriotismus hält. Und das alles in zwei Folgen seiner neuen Sendung «Ein Mann, eine Wahl». Manchmal erhält er erstaunliche Antworten.

 
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Klaas Heufer-Umlauf kann man mit vollem Recht als A-Promi bezeichnen. Bekannt ist der 33-jährige Berliner allerdings vor allem als die eine Hälfte des Duos Joko und Klaas und wird in den Medien oft nur als Spaßvogel des Privatfernsehens mit Friseurausbildung wahrgenommen. Das hat noch nie gestimmt. Der Grimme-Preisträger war auch schon in etlichen Spiel- und Fernsehfilmen zu sehen. Und mit «Circus Halligalli», seiner Vorzeige-Show auf ProSieben an der Seite von Joko Winterscheidt, ist seit Juni Schluss. Was nicht heißt, dass er dem Entertainment nun den Rücken kehrt. Aber Heufer-Umlauf kann auch Politik. Das zeigt er jetzt in seinem neuen Format «Ein Mann, eine Wahl».

Heufer-Umlauf in drei verschiedenen Rollen

Die erste Folge ist am Montag (11. September) um 22.05 Uhr zu sehen, die zweite eine Woche darauf. Er selbst erklärt das Konzept so: «Ne Politiksendung, die trotzdem auch ein bisschen lustig ist». Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Sie soll Interesse für die Bundestagswahl wecken. «Ich will dazu beitragen, dass die Wahlbeteiligung steigt», sagte Heufer-Umlauf bei der Vorstellung von «Ein Mann, eine Wahl» in Berlin.

Zwischen zwei von fünf Folgen seiner Dauer-Sitcom «The Big Bang Theory» hatte ProSieben noch etwas Platz. Und da läuft nun an zwei Montagen das neue Format. «Eine Politsendung in einem Umfeld, in dem man es nicht erwartet», wie Heufer-Umlauf es formuliert. Er hat sich dafür einiges einfallen lassen. Außerdem ist Heufer-Umlauf nicht nur einmal, sondern oft sogar dreimal zu sehen - also dreimal gleichzeitig. Zur Sicherheit mit Pullover in unterschiedlichen Farben. Einmal ist er links, einmal liberal, einmal konservativ. Und Klaas 1, 2 und 3 unterhalten sich auch mal angeregt, während der eine raucht, der andere die Füße hochlegt und der dritte die Augen verdreht.

Hat die SPD das mit Hartz IV "verkackt"?

Je nachdem, welcher Klaas gerade das Sagen hat, begegnet also ein linker, konservativer oder etwas unentschiedener Fragesteller seinen Gesprächspartnern. Das ist schon mal gar keine schlechte Idee. Im Interview mit Martin Schulz - Klaas Heufer-Umlauf hat im wirklichen Leben erklärte Sympathien für die SPD - geht er zwischendurch mal raus und kommt in einer neuen Rolle wieder.

Der Zuschauer sieht, wie sich Klaas 1,2 und 3 auf dem Klo treffen - Martin Schulz ahnt von all dem nichts, muss mit dem veränderten Fragestil klarkommen und plötzlich beantworten, ob die SPD es mit Hartz IV, Deregulierung und Rente ab 67 «verkackt hat».

Mit Lindner im PS-Monster

Das Gespräch mit Christian Lindner findet ausschließlich im Auto statt, einem PS-Monster mit Heufer-Umlauf am Steuer. «Wenn die FDP ein Auto wäre, was für eins?», fragt er den Parteichef, der auf dem Beifahrersitz etwas unsicher rüberkommt. Ob die FDP-Philosophie eher «ich als wir» laute, will Heufer-Umlauf wissen. «Eher du als wir», sagt Lindner.

Als er wieder aussteigen darf, nachdem die beiden sich über die Kraft des freien Marktes oder über das bedingungslose Grundeinkommen ausgetauscht haben, scheint er froh zu sein, es hinter sich zu haben.

90 Minuten Politik auf Pro Sieben

Heufer-Umlauf interviewt Grünen-Chef Cem Özdemir genau wie den CDU-Staatssekretär Jens Spahn, Julian Reichelt, den Vorsitzenden der «Bild»-Chefredaktion, oder Justizminister Heiko Maas (SPD). Es sind nicht immer Krachergespräche, aber es ist immer etwas dabei, das anders ist als man es schon 1000 Mal gehört hat. Jens Spahn fragt er: «Was wäre die CDU ohne Angela Merkel?». Und Alice Weidel, wie sie das Wort «völkisch» finde.

Die Antworten sind im Idealfall überraschend. Mehr kann ein Interviewer nicht verlangen - und die Zuschauer auch nicht. Zum Schluss will er immer wieder wissen: «Wie sieht Deutschland in zehn Jahren aus?» Beide Folgen sind 45 Minuten lang - 90 Minuten Politik insgesamt, das ist schon eine ganze Menge, gerade bei ProSieben. Aber keine Minute zu viel - langweilig wird es jedenfalls nicht.

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