Hessen: Schlag gegen islamistischen Terror

Razzien in mehreren hessischen Städten hat es frühen Mittwochmorgen gegeben. Archivfoto: Foto: Christian Gossmann/dpa Foto: red

Monatelang haben die Sicherheitsbehörden in Hessen eine Razzia gegen ein Islamisten-Netzwerk vorbereitet, nun haben sie zugeschlagen. Der Hauptverdächtige soll einen Anschlag geplant haben und an Terroraktionen in Tunesien beteiligt gewesen sein.

 
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Bei einer groß angelegten Razzia gegen islamistischen Terror in Hessen hat die Polizei einen mutmaßlichen Dschihadisten festgenommen. Der 36 Jahre alte Tunesier soll für die Terrormiliz IS einen Anschlag in Deutschland geplant haben und an Anschlägen in Tunesien beteiligt gewesen sein, unter anderen auf das Bardo-Museum in Tunis. Deshalb wurde er gesucht und saß zwischenzeitlich schon in Deutschland in Haft. Eine Auslieferung kam aber nicht zustande.

Vier Monate unter Observation

Der tunesische Hauptverdächtige war seit September letzten Jahres unter ständiger Beobachtung der Behörden, dafür waren rund 150 Polizisten im Einsatz, hieß es beim Landeskriminalamt Hessen.

1100 Polizisten im Einsatz

Insgesamt durchsuchten rund 1100 Polizisten am frühen Mittwochmorgen in Hessen 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen. Schwerpunkt war das Rhein-Main-Gebiet, vor allem Frankfurt. Dort allein seien 33 Wohnungen, Geschäftsräume sowie die Bilal-Moschee, in der schon der belgische Hassprediger Tarik Ibn Ali gesprochen hat, durchsucht worden, schreibt das "Darmstädter Echo". "Hinzu kamen sechs Objekte, darunter eine Moschee, in Offenbach, drei in Darmstadt und je eins in Wiesbaden und Limburg. In Wiesbaden-Dotzheim wurden Privaträume durchsucht. Zudem durchsuchten Polizisten ein Objekt im Kreis Offenbach, fünf im Kreis Groß-Gerau, zwei im Kreis Marburg-Biedenkopf sowie zwei im Main-Taunus-Kreis." Die Ermittlungen richten sich gegen insgesamt 16 Beschuldigte im Alter zwischen 16 und 46 Jahren. In 13 Fällen geht es um den Vorwurf, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Die Verdächtigen haben unterschiedliche Nationalitäten, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden am Mittag. Bei den Nicht-Deutschen bemühe man sich um eine "Rückführung", bei den Deutschen sei zu klären, welche Maßnahmen man jetzt einleiten könne.

Ein konkretes Ziel in Deutschland gab es laut Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt noch nicht, auch soll der Anschlag nicht unmittelbar bevorgestanden haben. Der 36-Jährige soll zudem Anwerber und Schleuser für den IS gewesen sein und ein Netzwerk von Unterstützern aufgebaut haben.

Signalwirkung

Innenminister Beuth sagte zur Razzia, die Polizei habe frühzeitig eingegriffen. "Es war ein nachhaltiger Präventivschlag. Wir können ja nicht erst warten, bis etwas passiert. Wir dulden in Hessen keine Räume für Islamisten. Mit den Maßnahmen senden wir eine deutliche Botschaft an die radikalen Islamisten in Hessen: Wir haben die Szene fest im Blick."

Die Planung eines Anschlags in Deutschland war nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft noch in einer frühen Phase. In seinem Heimatland soll der 36-Jährige an einem Anschlag auf das berühmte Bardo-Museum in der Hauptstadt Tunis mit mehr als 20 Toten im März 2015 beteiligt gewesen sein. Auch bei einem Angriff von Dschihadisten auf die tunesische Grenzstadt Ben Gardane im März 2016 soll er dabei gewesen sein. Damals hatte es Dutzende Tote sowie Straßenkämpfe zwischen Extremisten und Sicherheitskräften gegeben.

Hauptverdächtiger kam als Asylbewerber

Nach Deutschland eingereist ist der Tunesier den Angaben der Behörden zufolge im August 2015 als Asylbewerber. Davor habe er schon zwischen 2003 und April 2013 in der Bundesrepublik gelebt. Wegen eines Festnahmeersuchens der tunesischen Behörden saß der 36-Jährige ab September 2016 in Auslieferungshaft. Weil bis zum Ende der Frist die tunesischen Behörden nicht die vollständigen Auslieferungsunterlagen vorgelegt hätten, sei der Mann am 4. November 2016 aus der Haft entlassen worden.

Nicht als "islamistischer Gefährder" eingestuft

Der Hauptverdächtige war laut Angaben von Beuth nicht als "islamistischer Gefährder" eingestuft. In Hessen gäbe es zwischen 30 und 40 sogenannte "islamistische Gefährder".

 

dpa/kfe

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