Herzogmühle: Das Ende einer Siedlung

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Früher lebten bis zu 400 Menschen in den Notunterkünften in der Herzogmühle. Die letzten zwei verbliebenen Häuser werden bei guter Witterung noch in diesem Jahr abgerissen. Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Die Tage der Siedlung Herzogmühle sind gezählt: Wenn es die Witterung zulässt, werden noch in diesem Jahr die Bagger anrücken und die letzten beiden Gebäude abreißen. Bis zum 15. Dezember haben die verbliebenen Bewohner der Häuser mit den Nummern 13 und 14 noch Galgenfrist. Bis zu diesem Datum müssen sie ausgezogen sein. Unbewohnt bleibt die Herzogmühle jedoch nicht. In den nächsten Jahren entsteht dort ein neues Wohngebiet. Allerdings ändert sich der Name in Untere Rotmainaue. Die Herzogmühle lebt dann nur noch in der städtischen Geschichte.

 
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Der Leiter des Sozialamtes Werner Köstner ist guten Mutes, dass die letzten Bewohner bis Ende November die Herzogmühle verlassen haben. Der letzte "Ureinwohner", so Köstner, habe seinen Auszug schon fest zugesagt. Ein in der eigentlichen Obdachlosenunterkunft wohnender "Durchreisender" wolle nahe Hamburg sesshaft werden. Für die anderen drei Bewohner biete die Gewog, die Wohnungsbau- und Wohnungsfürsorgegesellschaft der Stadt Bayreuth, Wohnraum an. Das Kapitel Herzogmühle könnte somit bis Ende des Jahres Teil der Geschichte der Stadt Bayreuth sein. Die einst als Wohnraum für Flüchtlinge und Vertriebene errichtete Siedlung, in deren Verfügungswohnungen in Hochzeiten bis zu 400 Menschen lebten, wird nur noch als Namen in der Erinnerung weiterleben. Denn das neue Wohngebiet, das auf dem Gelände der Herzogmühle entsteht, trägt den Namen Untere Rotmainaue. Den Auftakt der Bautätigkeit hat im vergangenen Jahr die Gewog gemacht mit der Grundsteinlegung für das erste von insgesamt fünf Mehrfamilienhäusern. Das erste Gebäude, in dem zwölf Wohnungen untergebracht sind, soll noch dieses Jahr bezugsfertig sein.

Gemeinsame Hilfe

Ein Obdachlosenproblem, wie es besonders in Großstädten besteht, hat Bayreuth nicht, betonen Manuela Brozat, die Sozialreferentin der Stadt Bayreuth, und Köstner. Schon gar nicht betroffen seien Familien mit Kindern. Sollte es zu Problemen kommen, zu Zahlungsschwierigkeiten, Mietrückständen und drohender Räumung, würden die untereinander vernetzten Behörden wie Gericht, Jobcenter und Sozialamt versuchen zu helfen, zu vermitteln und eventuell auch mit finanzieller Hilfe das Unheil Räumung abzuwenden. Damit fahre man bisher gut, betonte Brozat. "In den letzten Jahren mussten keine Familien notfallmäßig aufgenommen werden", so Köstner. Von Obdachlosigkeit betroffen seien in erster Linie Einzelpersonen.

Platz für 14 Menschen

Diese Tatsache habe man auch bei der Planung der Sanierungs- und Umbauarbeiten des Gebäudes Cosima-Wagner-Straße 7, der zukünftigen Obdachloseneinrichtung, berücksichtigt. Im Erdgeschoss ist in drei Zimmern mit je zwei Betten die Unterbringung von maximal sechs Frauen möglich. Zusätzlich kann ein weiteres Zimmer abgetrennt werden, so dass ein Familienbereich entsteht. Im Obergeschoss entstand durch die Umbauarbeiten Platz für acht Männer in vier Doppelzimmer. Wie auch im Erdgeschoss gibt es eine Bewohnerküche, ein Bad und eine Toilette. Bei größerem Bedarf können in einem weiteren Zimmer Notbetten aufgestellt werden. Das Dachgeschoss ist den Mitarbeitern - zwei Sozialarbeiter und eine Hauswirtschafterin - vorbehalten. Dort befinden sich Büro, eine Teeküche, ein Lagerraum und eine Toilette. Rund 250.000 Euro habe der Eigentümer des Gebäudes, die Gewog, in die Umbau- und Sanierungsmaßnahme investiert, sagt Köstner. Die Kosten für die Möblierung in Höhe von rund 25.000 Euro muss die Stadt tragen.

Schlafzimmer werden verschlossen

Im Unterschied zur Herzogmühle, wo man nur verwaltet statt gestaltet habe, so Köstner, dürfen die Bewohner der Obdachlosenunterkunft Cosima-Wagner-Straße die Übernachtungszimmer nur zum Schlafen nutzen. Tagsüber sind die Räume versperrt. Wer das Gebäude nicht verlassen will oder kann, darf sich in der Wärmestube aufhalten. Diese sei jedoch, wie Brozat und Köstner betonen, nur den Bewohnern vorbehalten. "Wir wollen Strukturen hineinbringen und die Leute bewegen", betont die Sozialreferentin. Soll heißen, die Bewohner sollen mit Unterstützung der Sozialarbeiter, die die Diakonie stellt, angehalten werden, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und möglichst rasch wieder in die Gesellschaft integriert werden. Unbeaufsichtigt bleiben die Bewohner, die für die Unterbringung pro Monat 150 Euro aufbringen müssen, nicht. In der Nacht und am Wochenende sorge ein Sicherheitsdienst dafür, dass niemand sich unberechtigterweise im Hause aufhalte. Brozat: "Die Sicherheit und Ordnung ist uns ebenso wichtig wie die Betreuung."

Große Nachfrage nach Sozialwohnungen

Einfach wird es für die kommenden Bewohner nicht, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden. Der Wohnungsmarkt sei auch in Bayreuth angespannt, sagt Köstner. Sanierungsprojekte der großen Wohnungsanbieter Gewog, Bauverein und GBW belasten den Wohnungsmarkt ebenso wie Asylbewerber und Flüchtlinge, die dringend Wohnungen suchen. Verschärft wird die Situation nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sich auch in Bayreuth die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in den vergangenen Jahren verringert hat. Von 2787 im Jahre 2013 auf 2644 in diesem Jahr. Dem gegenüber hat das Wohnungsamt derzeit 100 Vormerkungen nach Sozialwohnungen gelistet. Entsprechend lange, meistens Jahre, müssen sich die Antragsteller gedulden.

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