Hermos gibt Bechert-Beteiligung zurück

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Handschlag auf die Übernahme aller Bechert-Anteile an die Familie Goldammer (von links): Lisa Goldammer, Hermos-Chef Jörg Herrmannsdörfer, Erich Goldammer und Anja Goldammer. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Zehn Jahre ist es her, dass das Elektro-, Heizungs- und Sanitärunternehmen Bechert GmbH & Co. KG Insolvenz anmelden musste. Wenige Wochen später wurde die Bechert Technik & Service GmbH gegründet. Jetzt gehen alle Anteile an diesem Nachfolgeunternehmen an dessen Gründerfamilie Goldammer über.

 
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Es geht um einen Handschlag und um ein Wort, zu dem man steht. So erzählt es Jörg Herrmannsdörfer, der Chef der Hermos-Gruppe mit Sitz in Mistelgau, die noch Gesellschafter bei Bechert ist. Sein mittlerweile verstorbener Vater Dieter habe damals Erich Goldammer versprochen, er könne die Anteile nach zehn Jahren zurückkaufen, wenn alles passt.

Damals, 2008, schwere Zeiten waren das - nicht nur für Goldammer: Unter anderem wegen ausbleibender Zahlungen aus einem Großauftrag musste er mit der Bechert GmbH & Co. KG Insolvenz anmelden, mehr als 300 Mitarbeiter waren betroffen.

Viele fanden schnell wieder einen Job, 55 in der neu gegründeten Bechert Technik & Service GmbH.

Doch ohne einen starken Partner ging das nicht, und so stieg nach einigen Wochen Hermos ein und hält seither 60 Prozent der Anteile.

Vertrauen und Bürgschaften

Doch die gehen nun zurück an die Familie Goldammer - neben Erich sind noch seine Frau Anja und seine Tochter Lisa im Unternehmen. "Ohne Hermos wären wir definitiv nicht so weit gekommen", sagt Erich Goldammer: "Allein schon, um am Anfang wieder das Vertrauen der Kunden zu gewinnen." Da sei es neben gemeinsamen Projekten unter anderem auch um Bürgschaften gegangen, ergänzt Jörg Herrmannsdörfer.

Wieder mehr als 100 Mitarbeiter

Hilfen, die Bechert heute nicht mehr braucht. "Wir stehen gut da, sind breit aufgestellt", sagt Goldammer. Die Zahl der Mitarbeiter ist wieder auf 105 gestiegen, davon 18 Auszubildende: "Wir bilden für den eigenen Bedarf aus. Wer die Prüfung besteht und das will, wird übernommen."

Stolz ist Goldammer aber auch darauf, dass von den anfänglichen 55 Mitarbeitern noch fast alle im Betrieb sind, die nicht in Rente gegangen sind.

Lehre aus der Insolvenz

Die Auftragslage? Ist gut, sagt Goldammer. 50 Prozent macht das klassische Geschäft mit Elektro, Heizung, Sanitär aus - also Montage, Wartung, Service bei Privatkunden. Auch ins Projektgeschäft mit Wohn- und Verwaltungsbauten hat er sich wieder gewagt, nur die Größenordnungen sind andere als damals - die Lehre aus der Insolvenz.

"Wir machen keine Großprojekte mehr, die risikobehaftet sind, sondern arbeiten nur noch mit Partnern aus der Region zusammen, denen wir vertrauen", sagt der Geschäftsführer. Einzelne Gewerke könnten dabei bis zu 500.000 Euro umfassen. "Bis dahin ist das Risiko beherrschbar."

Beim Neubauprojekt Untere Herzoghöhe der Bayreuther Wohnungsbaugenossenschaft seien es drei solcher Gewerke, der Auftrag umfasse also insgesamt 1,5 Millionen Euro.

Zwischen neun und zehn Millionen Euro Umsatz

Der Umsatz schwankt seit Jahren zwischen knapp neun und knapp zehn Millionen Euro. 2017 waren es 9,6 Millionen. "Es läuft gut", sagt Goldammer. Die jetzige Größe des Unternehmens sei genau richtig. Und auch eine Delle in der momentan bombig laufenden Konjunktur könne man aus jetziger Sicht gut überstehen.

Hermos konzentriert sich aufs Kerngeschäft

Und warum zieht man sich aus einem wieder so gut laufenden Unternehmen zurück? Weil das Wort seines verstorbenen Vaters auch für ihn gelte, sagt Jörg Herrmannsdörfer. Zudem wolle sich Hermos auf das eigene Kerngeschäft - Automatisierungs- und IT-Lösungen für größere Projekte sowie den Schaltanlagenbau - konzentrieren und hier weiter wachsen.

Die Zusammenarbeit bleibe von der Entscheidung unberührt. Allerdings hätten sich die Synergien mit dem zunehmenden eigenen Erfolg von Bechert zuletzt auch in Grenzen gehalten.

Zum Kaufpreis sagen die Beteiligten nur: "Wir haben eine für alle Seiten gute Lösung gefunden."

Tochter steht bereit

Für Goldammer hat die Übernahme aller Anteile durch die Familie eine wirtschaftliche und eine emotionale Komponente. Wirtschaftlich unter anderem deshalb, weil er sich jetzt mit einem 100-Mann-Unternehmen auch mal um eine Förderung bemühen könne, die es als Tochter von Hermos mit mehr als 500 Mitarbeitern nicht gebe.

Es geht ihm aber auch darum, die Firma innerhalb der Familie weitergeben zu können. Tochter Lisa (23), die gerade eine Lehre im Unternehmen abschließt, steht jedenfalls bereit.

"Aber erst mal arbeiten wir noch ein paar Jahre zusammen", sagt Vater Erich lachend: "Ich werde ja jetzt erst 53."

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